Studierende oft unkritisch bei Online-Recherche

10.05.2020
Studium
lki

Insbesondere bei Studierenden wird ein kritischer Umgang mit Informationen aus dem Internet vorausgesetzt. Dass dies oftmals nicht der Fall ist, zeigt nun eine Studie der Rhein-Main-Universitäten.

Studierende seien oft unkritisch, wenn es darum geht, Informationen aus dem Internet einzuholen, und vertrauen häufig auf unseriöse Quellen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und Goethe-Universität Frankfurt, welche im Rahmen einer Kooperation mit den Rhein-Main-Universitäten (RMU) erfolgte.

Im Zentrum der Studie steht ein Online-Test, das sogenannte Critical Online Reasoning Assessment, an dem Studierende verschiedener Fachrichtungen teilnahmen. Prof. Dr. Olga Zlatkin-Troitschanskaia von der JGU kommt zu dem Ergebnis, "dass ein großer Teil der Studierenden sich von nicht relevanten und unzuverlässigen Informationen aus dem Internet verleiten lässt, wenn es darum geht, eine bestimmte Aufgabe zu beantworten."

Kompetenz zu kritischer Recherche müsse gestärkt werden

Im heutigen digitalen Zeitalter gehören vor allem das Internet und die sozialen Medien zu den meistgenutzten Recherche- und Informationsquellen. Der Digitalisierung könne zwar viel Positives abgewonnen werden, allerdings gingen damit mindestens genauso viele Risiken einher. Ähnlich wie "Fake News" werden im Netz vermehrt wissenschaftlich inkorrekte Informationen, sogenannte "Fake Science", verbreitet, die unter keinen Umständen Anklang bei Studierenden finden sollten, so die Pressemitteilung der JGU vom 8. April 2020.

Laut Zlatkin-Troitschanskaia reiche eine kritische Grundhaltung allein allerdings nicht aus: "Vielmehr sind Kompetenzen gefragt, die es Internetnutzern ermöglichen, verlässliche von fehlerhaften und manipulativen Informationen zu unterscheiden." Das eigene Fachwissen könne nur aufgebaut werden, indem man insbesondere Online-Informationen hinterfrage und vor einem kritischen Hintergrund reflektiere.

Komplexes Auswertungsverfahren der Studie

Der Online-Test, der sich am Civic Online Reasoning Assessment (COR) der Stanford University in den USA orientiert und der Studie zugrunde liegt, ist eine Entwicklung des Teams um Prof. Dr. Olga Zlatkin-Troitschanskaia. Er besteht aus Testfragen, die sich auf die Recherche im Internet konzentrieren und innerhalb von zehn Minuten zu bearbeiten sind.

Zuerst wird den Teilnehmer:innen eine Testfrage gegeben, zu deren Beantwortung sie innerhalb der relativ kurzen Bearbeitungsdauer von zehn Minuten das Internet zur Recherche hinzuziehen sollen. Dabei wird vor allem überprüft, wie sehr die Studierenden sich auf relevante Informationen aus dem Internet verlassen und inwiefern sie ihre Argumentation darauf stützen.

Um Stärken und Schwächen bei der Internetrecherche der Probanden zu berücksichtigen, wird neben den gegebenen Antworten auch der Rechercheverlauf hinzugezogen. Daher gestalte sich die Auswertung des Tests laut Zlatkin-Troitschanskaia als sehr aufwendig und erfordere komplexe Analysen.

Die Untersuchungen mit dem CORA-Test der JGU und Goethe-Universität fanden bereits in zwei verschiedenen Bundesländern mit insgesamt 160 Studierenden verschiedener Fachrichtungen statt, wobei die meisten Proband:innen Studierende der Medizin oder der Wirtschaftswissenschaften in den ersten beiden Semestern waren.

Proband:innen schneiden unterdurchschnittlich ab

Den Ergebnissen zufolge hatten fast alle Teilnehmer:innen Schwierigkeiten mit den Aufgaben. Im Durchschnitt wurden von den 2 Punkten pro Testaufgabe nur 0,75 Punkte erreicht, die Spannbreite betrug dabei 0,50 bis 1,38 Punkte. Zlatkin-Troitschanskaia merkt zwar an, dass kein Fachwissen im Vorhinein für die Proband:innen vorausgesetzt wurde, dennoch sei das Ergebnis ernüchternd und unterdurchschnittlich, da ein großer Teil der Studierenden "überhaupt keine wissenschaftlichen Quellen zurate" zog, so die JGU-Professorin.

Darüber hinaus sei es den wenigsten Studierenden gelungen, in der ihnen vorgegebenen Zeit von zehn Minuten Angebote aus dem Internet richtig einzuschätzen und Informationen von zuverlässigen Quellen abzuwägen, um die Testfragen argumentativ zu beantworten.

Förderung seitens der Universität erwünscht

Mit der steigenden Semesterzahl ließe sich auch zeigen, dass Studierende höherer Semester, im Gegensatz zu Studienanfänger:innen, deutlich besser dazu imstande seien, Quellen nach ihrer Seriosität einzuordnen und somit für das eigene Forschungsvorhaben nutzen oder verwerfen zu können.

Zlatkin-Troitschanskaia betont ebenfalls, dass anderen Studien zufolge "Studierende die Zuverlässigkeit bekannter Medienportale und Internetangebote sehr wohl angemessen einschätzen." Darauf müsse man aufbauen und auch künftig die Kompetenzen von Studierenden schulen und fördern, "auch neue Quellen und Informationen kritisch einzuordnen und das Internet reflektiert zum Wissensaufbau zu nutzen".

Auch in den USA "konnte mit gezielten Übungen ein deutlicher Kompetenzzuwachs bereits nach einigen Wochen festgestellt werden", so die Pressemitteilung. Deshalb berge die Auswertung der Bearbeitungsdaten der Studie "ein besonders hohes Potenzial, um Studierenden künftig gezielte Förderung anzubieten."

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