Mitten im Semester – mit FORTHEM nach Palermo!

21.07.2023
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Varvara

Im Juni 2023 war unsere Redakteurin Varvara im Rahmen des FORTHEM-Programms mit dem Schwerpunkt "Food writing" für eine Woche in Palermo. Jetzt ist sie froh, in diesem Artikel ihre Erlebnisse in Palermo zu teilen.

Mein FORTHEM-Aufenthalt in Palermo fand Anfang Juni 2023 statt. FORTHEM ist ein europäisches Hochschulnetzwerk von Partneruniversitäten in Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Lettland, Norwegen, Polen, Rumänien und Spanien. Ziel ist es, eine länderübergreifende Kooperation, Mobilität sowie die Vernetzung einer neuen Generation von kreativen Köpfen zu fördern. Vor einiger Zeit hat campus-mainz.net einen Artikel über die Allianz veröffentlicht, in dem du mehr darüber erfahren kannst.

Ich persönlich habe an einer „collective short-term mobility“ der Universität Palermo teilgenommen; FORTHEM bietet jedoch noch weitere Programme an verschiedenen Universitäten an. Eine Teilnahme ist für Studierende kostenlos und wird mit einem Stipendium unterstützt. Mein Programm stand unter dem Thema "Food writing": Eine Woche lang haben wir Essenskulturen erforscht. Vor allem ging es darum, wie man über hierüber schreibt und kommuniziert. Der Schwerpunkt des Kurses waren Narrationen über Essen.

 

Mein FORTHEM-Aufenthalt in Palermo

Letzte Stunde vor dem Abflug – die Wettervorhersage gecheckt, das Gepäck mit vielen Sommerkleidern ist gepackt und eine gründliche Internetrecherche über Palermo und die Universität gemacht. Vor meinem inneren Auge sehe ich die Bilder der Stadt, die ich bisher nur virtuell bewundern durfte: Majestätische Kathedralen, insbesondere das Wahrzeichen der Stadt – die Kathedrale Maria Santissima Assunta, gebaut im normannisch-arabischen Stil mit einer grandiosen Kuppel, sonnige Straßen voller Geschichte, die Hauptstadt Siziliens mit ihrer besonderen Atmosphäre. Ich frage mich: Wie wird es sich in der Realität anfühlen? 

Schon bei der Landung am Flughafen von Palermo, als ich aus dem Flugzeugfenster schaue, fällt mir eine unübliche Umgebung auf – statt der gewöhnlichen urbanen Landschaften und der Leere eines Startfeldes werden Neuankömmlinge von großen grünen Hügeln rund um den Flughafen begrüßt. Ich bin auf Sizilien! Im Bus, der mich vom Flughafen in die Stadt bringt, schaue ich mit großen Augen aus dem Fenster und nehme begierig neue schöne Aussichten auf. Das Wetter ist sonnig und Palermo umgibt mich sofort mit seinem Lokalkolorit, als ich vom Bahnhof zu meinem B&B laufe. Die erste große Challenge besteht darin, verkehrsreiche Straßen, wie es hier geläufig ist, ganz ohne Ampeln zu überqueren. Die kurze Anpassung daran ist erfolgreich geschafft und schon am ersten Ankunftstag lerne ich andere Studierende des Programms kennen, die ebenfalls früher angekommen sind.

 

Erkundung von Palermos Herz

Gemeinsam erkunden wir Palermo, bewundern die exquisite Architektur der Stadt: den berühmten Platz Quattro Canti (auf Deutsch: Vier Ecken), der an der Kreuzung zweier zentraler Straßen liegt und mit detaillierten barocken Gebäudefassaden beeindruckt. Es ist also überhaupt nicht überraschend, dass, als Netflix in diesem Juni eine Verfilmung von The Leopard (Il Gattopardo) in Palermo gedreht hat, wir mehrmals die Entstehung verschiedener Szenen an diesem Ort beobachtet haben, der so unglaublich schön ist.

Zudem beginnen wir sofort mit einer „Erforschung“ lokaler Gerichte, wie z. B. das berühmte Dessert Cannolo (eine knusprige Teigrolle gefüllt mit zärtlichem, süßem Ricotta), das mein Herz unwiderruflich gestohlen hat. Oder italienische Pasta und ihre besondere traditionelle sizilianische Version: Pasta alla Norma mit frittierten Auberginen, deren Name laut einer Version vom Ausdruck una vera Norma (eine echte Norma) kommt: Dieser geht auf die Opera Norma des Komponisten Vincenzo Bellini zurück, von der die Zuschauer:innen so beeindruckt waren, dass sich una vera Norma etabliert hat, um auszudrücken, wenn man etwas wirklich gut findet.

 

Das eigentliche FORTHEM-Programm 

Am Montag hat unser Kurs begonnen. Jeden Tag hatten wir vielfältige Vorträge von Professor:innen der Universität Palermo rund um das Thema Essen. Veranstaltungen haben um 9 Uhr angefangen und waren ungefähr um 18 Uhr zu Ende. Mittags hatten wir eine lange, mehr als zweistündige Mittagspause, während der wir oft z. B. in die Stadt spazieren gegangen sind, um etwas Interessantes zum Lunch zu holen und die besondere Atmosphäre von Palermo zu genießen. Einer unserer Favoriten war Arancina, ein frittiertes und mit verschiedensten Zutaten gefülltes Reisbällchen – auch ein traditionelles Gericht auf Sizilien. Das war sehr lecker, sättigend und im Café, wo Arancini frisch frittiert wurden, konnte man zwischen 20 Sorten wählen.

Aber kehren wir vom praktischen zum theoretischen Teil zurück. Das Programm unseres „Food writing“-Kurses war sehr spannend gestaltet und wir haben viele interessante Einblicke bekommen, was auch andere Studierende in Gesprächen bestätigt haben. So haben wir natürlich viel über sizilianische Küche erfahren (über Pasta, Couscous, Caponata, Süßigkeiten etc.). Außerdem haben wir mehr über Rezepte gelernt und wie sie geschrieben werden. Beim Schreiben eines Rezeptes trifft man immer die Entscheidung, was man auf welche Weise dem/der Leser:in kommuniziert und welches Wissen vorausgesetzt wird. Dies variiert enorm, z. B. abhängig von der Zeit oder von der Kultur. Es war auch sehr interessant, ein von ChatGPT geschriebenes Pizzarezept zu analysieren und zu sehen, wie es sich mit seinen ganz genauen Schritt-für-Schritt-Anleitungen von Rezepten unterscheidet, die Menschen verfassen. Ebenfalls gab es Vorträge über Essen und dessen Narrationen in Filmen, über eine kulturelle Perspektive auf Ernährung und über Restaurants und wie Räume kommunizieren: Will ein Ort gesehen werden oder nicht, welches Konzept wird visuell vermittelt?

 

Die letzten beiden Tage in Palermo

Am Donnerstag, am vorletzten Tag unseres Kurses, haben unsere zwei Organisator:innen, ebenfalls Professor:innen der Universität, die mit uns die ganze Woche dabei waren, einen Ausflug nach Marsala veranstaltet.

Marsala ist eine Hafenstadt, ungefähr in einer Zwei-Stunden-Fahrt von Palermo erreichbar, die für ihren Dessertwein (ebenfalls Marsala genannt) bekannt ist. Dort haben wir gelernt, wie man Couscous nach lokaler Art richtig zubereitet. Danach haben wir das Cantine Florio besucht, eines der ältesten Weingüter Siziliens, das sich auf Marsalawein spezialisiert hat. Historisch wurde dieses Unternehmen von der auf Sizilien sehr berühmten und reichen Familie Florio im Jahr 1833 gegründet. Diese Familie ist bekannt für ihre Geschichte über den Aufstieg aus der Armut. Ihrem faszinierenden Lebensweg über Generationen hinweg ist das Buch I Leoni di Sicilia (Die Löwen von Sizilien) gewidmet. In Florio Cantine hatten wir eine Exkursion, während der wir die historische Atmosphäre des Ortes hautnah fühlen konnten. Anschließend gab es eine Weinprobe, bei der wir den besonderen Geschmack von Marsala testen konnten.  

 

Fazit

Was ich sehr geschätzt habe, ist die Community, die im Rahmen eines FORTHEM-Programmes entsteht. Grundsätzlich hat man Menschen verschiedener europäischer Universitäten um sich, die voller Neugier gekommen sind und ähnlich ticken. Man verbringt eine ganze Woche zusammen, lernt zusammen, erkundet eine neue Stadt und Kultur, geht essen, führt spannende Gespräche und erfährt viel Neues – auch über die Kulturen der anderen. Ich habe viele tolle Menschen während meiner Zeit in Palermo getroffen, die ich ganz bestimmt vermissen werde.

Palermo ist eine lebhafte, bunte und erstaunliche Stadt und die Zeit, die ich dort verbracht habe, wird mir als ein eindrucksvolles Erlebnis in Erinnerung bleiben. An meinem ersten Tag habe ich mir die majestätische Kuppel der Kathedrale von Palermo vorgestellt – und so verabschiede ich mich jetzt von der Stadt (fast klischeehaft wie in Filmen), indem ich noch einmal die Kathedrale im Abendlicht bewundere, die für mich persönlich zum Symbol für Palermo geworden ist, und hoffe sehr, dass ich eines Tages wiederkommen werde. Diese Reise bedeutet für mich auch all die wundervollen Menschen, die ich getroffen habe, und unvergessliche, unschätzbare Erfahrungen. Alles in allem bin ich sehr froh, dass die FORTHEM-Allianz dies alles ermöglicht hat und kann solche Erfahrungen nur herzlich weiterempfehlen.

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