Kein Platz zum Tanzen?

01.02.2018
Freizeit
Gastbeitrag von Leonie Batke & Isabel Knippel

Dass Studierende gerne feiern gehen, ist kein Geheimnis. Mainz bietet als Uni-Stadt dafür ein vielfältiges Angebot. Doch in letzter Zeit haben immer mehr Clubs und Bars dicht gemacht. Wie steht es um das Mainzer Nachtleben?

Vor allem die Freunde der elektronischen Tanzmusik traf die Schließung der Planke Nord 2017. Diese war ein sogenanntes "Zwischennutzungsprojekt", das zum Zuhause der alternativen Szene in Mainz wurde und die Stadt in den vergangenen Jahren in vielerlei Hinsicht kulturell bereicherte. Nun ist die Planke zu, aber sie ist kein Einzelfall: Das Gebäude 27 schloss bereits im Frühjahr 2017, im Sommer folgten das Filmriss am Schillerplatz und die Panama Bar in der Altstadt. Der Mietvertrag des selbstverwalteten Haus Mainusch auf dem JGU-Campus lief im November aus. Im Frühjahr 2018 steht es zwar noch, wie es aber langfristig weitergehen soll, ist nicht bekannt.

Das große Clubsterben

Das Haus Mainusch ist nicht das einzige Kulturzentrum, das auf der Suche nach bezahlbaren, nutzbaren Gebäuden ist: So wandert zum Beispiel das Peng, ein Veranstaltungsort für Kleinkonzerte, Filmvorführungen und Ausstellungen, von Leerstand zu Leerstand.

Auch die Zukunft des Clubs 50Grad ist seit längerem ungewiss. Der Grund: Der Eltzer Hof, das Gebäude, in dem sich die Diskothek befindet, wurde an einen Projektentwickler aus Montabaur verkauft. Wohnungen und Büros sind geplant. Ob diese mit dem Club vereinbar sind, in dem schon seit 16 Jahren gefeiert wird, steht noch nicht fest.

Großer Feind des Nachtlebens: die Vergnügungsteuer

Dass Mainzer Bar- und Clubbetreiber so zu kämpfen haben, hat verschiedene Ursachen: Die Mieten steigen und es gilt, Auflagen der Stadt zu beachten und GEMA-Gebühr zu bezahlen. Vielleicht könnten auch die nunmehr hart arbeitenden Studierenden eine indirekte Mitschuld daran tragen, die wegen des verschulten Bologna-Systems mehr Zeit zum Büffeln brauchen und weniger Zeit zum Feiern haben als früher.

Tatsache ist jedoch, dass es die Veranstalter des Mainzer Nachtlebens im Vergleich zu vielen anderen Städten besonders schwer haben. Denn hier wird für Veranstaltungen kultureller Art eine Vergnügungssteuer erhoben. Wer ein Festival, eine Party oder ein Konzert organisiert, muss demnach 20 Prozent des verlangten Eintritts abgeben. Bei freiem Eintritt wird die Höhe der Steuer anhand der Raumgröße festgelegt. Pro Quadratmeter müssen drinnen drei Euro gezahlt werden, draußen zwei. Das macht den Clubbetrieb in Mainz weniger rentabel, weshalb die Stimmen, die die Abschaffung der Vergnügungssteuer verlangen, in den letzten Jahren immer lauter geworden sind.

Aus diesem Grund fand Mitte September 2017 eine Demonstration für mehr Kulturfreiräume statt, die von dem Künstlerkollektiv "Zirkustechno" organisiert wurde. Die Aktivisten haben allerdings wenig Hoffnung, mit der bunten Demonstration, einem Pulk aus Menschen, der quer durch die Mainzer Innenstadt bis nach Wiesbaden lief, die Mainzer Lokalpolitiker erreicht zu haben. Sie fühlen sich von der Kulturszene der Stadt Mainz im Stich gelassen. Das Kulturdezernat spricht sich jedoch dafür aus, alternative Projekte weiterhin zu fördern, so Marianne Grosse, Dezernentin der Stadt Mainz, in einem Interview mit der AZ: "Es geht darum, dass die unterschiedlichsten Kulturszenen miteinander kommunizieren und sich organisieren, um mit der Stadt ihre Ziele zu verfolgen."

Wo sollen wir tanzen?

Aber so schlimm, wie es manchmal scheint, steht es gar nicht um die Mainzer Feierszene. Viele Bars werden am Wochenende zu Orten, an denen man tanzen kann, wie beispielsweise das Lomo am Ballplatz oder das Schick und Schön in der Neustadt. Das Gutleut an der Fastnachtsstraße verknüpft Restaurant, Bar und Café mit Kunstausstellungen im ersten Stock – ein neues Konzept, das gut ankommt. Auch die Dorett-Bar bietet fast jeden Tag Programm, selbst unter der Woche kann man hier bis zum Morgengrauen tanzen. Die Clubs Bellini, Schon Schön, Caveau oder das RedCat bedienen die verschiedensten Musikgeschmäcker und mit dem Thekenkind feierte Ende 2017 ein weiterer Club seine Eröffnung: Die im Retro-Stil eingerichtete Bar in Bahnhofsnähe öffnet am Wochenende ihre Tanzfläche.

Zudem strebt das KUZ, das sich seit 2015 im Umbau befindet, im Laufe des Jahres 2018 seine Wiedereröffnung an. Platz für 1.000 Leute und ein vielfältiges Programm sind in dem Gebäude in der Nähe des Römischen Theaters geplant. Ein weiteres Zentrum für Kultur, Kunst und Musik soll die Kulturbäckerei werden, die das Areal der ehemaligen Kommissbrotbäckerei in der nördlichen Neustadt für sich nutzen will. Das Konzept der Kulturbäckereien gibt es bereits in anderen Städten: Hier finden unter anderem Theater, Ausstellungen und Konzerte statt.

Außerdem kann man sich im Sommer trotz fehlender Planke Nord auf verschiedene Musik- und Kulturevents freuen. Das AStA-Sommerfest, das nach seinem Ausfall im vergangenen Jahr dieses Mal zurück kommt, und das Open-Ohr-Festival sind nur einige Beispiele für die vielen Veranstaltungen in den kommenden Monaten.

Dennoch lässt sich das Ausdünnen der Mainzer Club- und Partyszene nicht beschönigen. Es lohnt sich, weiterhin die Abschaffung der Vergnügungssteuer zu fordern, um die Stadt für Veranstalter attraktiver zu machen. Die Räume für Musik und Kultur, die mit uns Studierenden in die Stadt kamen, müssen erhalten bleiben.



Dieser Artikel wurde in ähnlicher Form im Publizissimus, der studentischen Fachschaftszeitung der Publizisten, im Wintersemester 2016/17 veröffentlicht. Die Bearbeitung für die Redaktion von campus-mainz.net übernahmen Daniel Böcher und Elisabeth Brachmann. Dem Publizissimus kann man auf Facebook und Instagram folgen.

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