Full House beim Mainzer Science Slam

01.04.2024
Campus-News, Freizeit
mma

Am 27. Januar hat der Mainzer Science Slam stattgefunden. Sechs Slammer aus den Bereichen Literatur, Chemie, Informatik, Elektrotechnik, Physik und Medizin haben ihre Forschungsergebnisse vorgetragen.

Full House im Kulturzentrum Mainz (KUZ): gut 400 Zuschauer:innen lockte der erste Science Slam in diesem Jahr an. Moderiert wurde von Poetry Slammer und Autor Rainer Holl, der dem Publikum noch vor dem eigentlichen Slam die ersten Lacher entlockte. Laut Moderator Holl ist das Ziel des Science Slams, den Gehirnen der Zuschauer:innen "Gutes zu tun".

Anstatt der regulären fünf Slammer:innen gab es diesmal sechs und es war "alles erlaubt, was nicht gegen die Brandschutzverordnung verstößt", so Holl. In zehn Minuten tragen die Slammer:innen aus den Gebieten der Literatur, Chemie, Informatik, Elektrotechnik, Physik und Medizin ihre Forschungsergebnisse vor. Dabei dürfen sie die gesamte Bühne nutzen, Präsentationen halten, sich verkleiden und sogar Requisiten einsetzen. Es hatten sich jedoch alle dafür entschieden, Präsentationen zu halten. Den oder die Gewinner:in dürfen am Ende die Zuschauer:innen durch ihren Applaus bestimmen. Es gewinnt, wer am lautesten beklatscht wird.

"Einbildung ist auch eine Bildung"

Erster Slammer des Abends war Gerrit Lungershausen, der an der TU Hamburg-Harburg unterrichtet. Sein Fachgebiet ist die Literaturwissenschaft. "Meine Eltern haben sich gewünscht, ich würde was Vernünftiges studieren, wahrscheinlich Informatik oder Juristerei", begann Lungershausen seinen Vortrag und baut dabei eine schöne Anspielung auf einen der Lieblingsromane der Germanisten ein. Schon damit konnte er dem Publikum einige Lacher entlocken und die Sympathien aller Literaturwissenschaftler:innen wecken.

Sein Vortrag mit dem Titel "Einbildung ist auch eine Bildung. Die Zamonien-Romane von Walter Moers" beschäftigte sich mit Erwartung und Enttäuschung. Seine Erwartung: für seine Doktorarbeit zu Nazi-Romanen, viel Literatur zu finden. Die Realität sah leider anders aus, wie er mit zwei Kuchendiagrammen darstellte. Das eine Kuchendiagramm stellte die Menge der zwischen 1914 und 1939 veröffentlichten Weltkriegsliteratur dar, das zweite stellte die Forschung zu der bestehenden Weltkriegsliteratur dar. Sie belief sich auf nur ca. 13.000 Seiten. Und so blieb Lungershausen am Ende seiner Doktorarbeit nur noch die Frage: "Und was soll ich mit dem ganzen Zeug nun machen?" Losgeworden ist er die Romane dann leider auch nicht; selbst auf eBay wollte die Romane mit "100% Hauptsatzgarantie" keiner haben. So blieb ihm nur noch eine Lösung: Einen "Nazigami-Kranich" aus den Seiten eines Romans zu basteln. Dieser wurde dann an ein Geburtstagskind aus dem Publikum verschenkt.

Nach dem Vortrag kam Moderator Holl noch einmal kurz auf die Bühne mit den Worten, dass es immer gut sei "mit einem leichten Thema anzufangen. Bisschen Nazis."

Heizen mit Kühlschränken

Der zweite Slammer war Christopher Synatschke aus dem Bereich Chemie. Sein Vortrag befasste sich mit der Frage, ob man mit Chemie Nerven heilen könne. Mit Chemie verbindet er: mit Legobausteinen spielen. Während er von seiner Forschung erzählte, ließ er viele Fachbegriffe fallen, deren Erklärung er aber gut in seinen Vortrag integrierte. Er und seine Kolleg:innen lassen Nervenzellen auf Superabsorbent Polymers (SAPs) wachsen und seine Aufgabe dabei sei es herauszufinden, wie sie gut wachsen. Die Forschung läuft noch, aber sie macht Fortschritte: so hätten sie einer Maus einen Nerv durchtrennt und diesen dann mit den künstlichen Nervenzellen ersetzt. Bei der Maus habe man dann schon nach kurzer Zeit eine Verbesserung bemerkt. Schön gerahmt hat Synatschke seinen Vortrag mit Grafiken und Bildern aus dem Mikroskop.

Aus der Informatik stammte der dritte Slammer, Jonas Deichelmann. Seinen Vortrag begann er mit einer Frage ans Publikum: er wollte wissen, wer am errechneten Geburtsdatum zur Welt kam. 96% der Menschen – so auch die Zuschauer:innen – offenbar nicht. Mit seinen Kolleg:innen hat Deichelmann die Neo-Diary App entwickelt. Während einer Schwangerschaft Tagebuch schreiben, sei nämlich nicht nur gut für die Eltern, sondern auch für das Kind. Doch analoge Tagebücher würden kaum genutzt werden. Deswegen hatten er und seine Kollegen vor der Entwicklung der App mit Eltern gesprochen, um herauszufinden, was sie sich von der Neo-Diary App wünschen würden. Einen Kritikpunkt hatten Eltern dann allerdings an der App, erzählte er: das Design war in hellblau gehalten. Das wurde verbessert und jetzt gibt es das Layout der App in blau oder rosa.

Johannes Brunder, der vierte Slammer, kommt aus dem Bereich der Energietechnik. Die Frage, die er in seinem Vortrag zu beantworten versuchte, war, ob Eiswürfel machen und aus dem Fenster werfen ein tragfähiges Heizkonzept sei. Mit vielen anschaulichen Grafiken und Memes erklärte er, wie Kühlschrank und Wärmepumpe funktionieren – und machte das besser als so manche Physiklehrer:innen. Das Beispielgetränk seiner Wahl: Bier, das liebste Getränk der Student:innen. Um die Wohnung mit einem Kühlschrank zu heizen, erklärte er, müsse man das Bier allerdings sofort aus dem Fenster werfen damit die Wohnung warm bleibe und nicht wieder durch das Erwärmen des Biers abkühle. Dasselbe Konzept wäre es mit Eiswürfeln. Schlussendlich bräuchte man 19.500 Eiswürfel und damit 15 Kühlschränke, um damit die Wohnung zu heizen, rechnete er dem Publikum vor.

Das Publikum fand seinen Vortrag sehr anregend, er erhielt viel Gelächter und es wurde eine interessante Frage gestellt: Ob man denn auch mit einem Swimming Pool heizen könne? Theoretisch ja, lautete Johannes etwas zögerliche Antwort, doch bevor er zu einer – offenbar recht komplizierten – Antwort ansetzen konnte, unterbrach ihn der Moderator: "Sag einfach Nein."

"No unicorns were harmed"

Aus dem Bereich der Physik stammte die einzige Frau, die an diesem Abend auf der Bühne stand: Mathilde Himmelreich. Sie forscht auf dem Gebiet der Teilchenphysik und der Titel ihres Vortrags lautete: "Sherlock Holmes – oder wie man ein Einhorn fängt." Mithilfe von Gemüseanalogien, in denen Erbsen Elektronen darstellten, erklärte sie den Aufbau von Materie und Anti-Materie. Dann kam sie zu ihren Einhörnern: Teilchen, die sich nicht so verhalten wie sie sollten. Leider würde ihr Einhorn zu kurz leben, um es einzufangen, weswegen sie es lediglich beobachten könne, um herauszufinden, was es tut und, wie es sich verhält. Sie schloss ihren Vortrag damit, dass ihnen zwar vor Kurzem ein Durchbruch gelungen sei – es wurde herausgefunden, dass das Einhorn kein gluebo sei – doch was genau das Einhorn nun ist, konnte sie trotzdem nicht herausfinden.

Auch Himmelreich benutzte viele Fachbegriffe in ihrem Vortrag, die sie erklärte oder mit Einhörnern oder Gemüse umschrieb. Die Umschreibungen waren manchmal etwas verwirrend; Zuhörer:innen konnten sich nicht immer merken, was mit dem Einhorn und was mit dem Gemüse gemeint war. Wie ihre Vorgänger:innen benutzte auch sie viele schöne Grafiken, hatte auch ein Bild eines Teilchenbeschleunigers mitgebracht und ihre Folien mit vielen selbstgemalten Einhörnern verziert. Schlussendlich versicherte sie noch: "No unicorns were harmed."

Spritzen gegen Familiäre Hypercholesterinanämie

Der sechste und letzte Slammer des Abends war Tim Hollstein, der, passend zu seinem Nachnamen, aus Schleswig-Holstein stammt. Sein Bereich ist die Medizin. Zuerst zeigte er ein Bild der Mona Lisa und machte auf einen kleinen Fleck an ihrem Auge aufmerksam. Dieser, erklärte er, sei vermutlich Cholesterin. Mithilfe vieler schöner Grafiken erklärte er, was Cholesterin ist und wofür es der Körper braucht. Damit leitete er zu der Krankheit Familiäre Hypercholesterinämie (FH) über.

FH ist die am häufigsten auftretende genetische Krankheit. Hollstein und seine Kolleg:innen haben dagegen eine Spritze entwickelt. Mit dieser Spritze sollen Menschen mit FH mehr Rezeptoren entwickeln. Momentan befindet sich die Spritzenevolution bei der zweiten Spritze, die nur noch alle sechs Monate verabreicht werden müsse. Die Testung an Affen sei schon beendet und die an Menschen solle hoffentlich bald beginnen.

Generation Health

Und damit ging es zur Preisverleihung: alle Slammer:innen bekamen eine Flasche Wein, doch nur der oder die Gewinner:in, durfte die goldenen Boxhandschuhe mit nach Hause nehmen. Das entschied das Publikum mit der Stärke des Applauses. Ein Rad hatte an diesem Abend zum Bedauern des Moderators leider niemand geschlagen, dafür gab es jede Menge Pfiffe und Standing Ovations. Das Publikum konnte sich allerdings nicht zwischen Mathilde Himmelreich und Johannes Brunder entscheiden und so bekamen beide, einem Vorschlag aus dem Publikum nachgehend, jeweils einen Boxhandschuh.

Der nächste Mainzer Science Slam findet am 27. Juni statt und steht unter dem Motto: Generation Health! Davor findet am 11. April noch der Klima-Slam in der Mewa-Arena statt.

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