Ein Probenabend mit der Musical Inc.: Zwischen Broadway und Uni-Theater

26.05.2023
Freizeit
vm und ksh

Die Musical Inc. ist wieder am Start und bringt im Juni Broadway-Feeling zurück ins P1. Ein Einblick in die diesjährige Inszenierung von „The Prom“, sowie in die interne Uni-Theatergruppen Politik.

Ein vielstimmiger Chor hallt durch den Probenraum. Es fühlt sich beinahe sakral aufgeladen an, vielleicht liegt das aber auch daran, dass die Musical Inc. heute in der evangelischen Gemeinde „EnChristo“ probt und daher ein großes Christuskreuz im Raum prangt.

„Normalerweise proben wir im P1, aber den Raum kriegen wir nicht immer, daher können wir noch an diesen Ort ausweichen“, erklärt Vidhya Pfeifer - eine der beiden Regisseure:innen der diesjährigen Inszenierung „The Prom“.

Beim Anblick der ersten Choreografie wird schnell klar, dass das neue Stück aufwendig wird und der Linie der Musical Inc. somit treu bleibt: Inszenierungen auf einem bereits sehr professionellen Niveau im Rahmen des Uni-Theaters anbieten.

Es sitzt vielleicht noch nicht jeder Schritt, aber das Talent und die Energie der Darsteller:innen ist spürbar. Es wird gesprungen, sich gedreht und gesungen, während die Choreographin Clara Eckert die Gruppe anleitet. Bereits in dieser anfänglichen Probenphase (wir von campus-mainz.net haben eine Probe Ende Januar besucht), kann man erahnen, dass die Musical Inc. auch diesmal wieder ihrem Ruf gerecht werden wird, Musical-Produktionen auf hohem Niveau zu produzieren.

Doch hier scheint auch ein gewisses Konfliktpotential zu liegen: Denn trotz dieser zunehmenden Professionalisierung wird auf der heimischen Hörsaalbühne im Vorlesungssaal P1 aufgeführt. Und die Hörsaalbühne im P1 würden auch noch andere Theatergruppen nutzen wollen. Kommt man sich da in die Quere?

Der Uni-Theatergruppen-Kosmos

Das P1 sei oft der Knackpunkt und spiele besonders bei den Proben eine wichtige Rolle: „Wir versuchen möglichst an der Uni zu proben“, erzählt Regisseur Max Teschner. „Jede Probe, die wir im P1 machen, sparen wir uns eine neue Probe“. Grund hierfür sind die Laufwege, die neben dem Schauspielern, Singen und Tanzen natürlich dazu gehören. Wer steht wo? Wer geht wo ab oder kommt von wo auf die Bühne? Wenn man all dies bereits auf der Bühne, auf der man am Ende auch auftritt, einstudieren kann, spare man sich viel Aufwand und Zeit.

Doch da es sehr viele Theatergruppen an der Uni gibt — ein Umstand, der diejenigen, die bisher wenig mit dieser Welt zu tun hatten, vielleicht überraschen wird — stehen auch sehr viele andere Theatergruppen vor demselben Problem: Probentermine im begehrten Vorlesungsraum seien rar und auch mit den Aufführungsterminen könne man sich schnell in die Quere kommen, erklärt uns Max Teschner.

Im Gespräch mit den beiden Regisseur:innen wird zudem deutlich, dass die zunehmende Professionalisierung der Inc. im Mikrokosmos der Uni-Theatergruppen nicht immer nur von Vorteil zu sein scheint: Um die hohen Kosten zu decken, die eine solch aufwendige Produktion mit sich ziehe, müssten viele Aufführungstermine angeboten werden, um die Ausgaben wieder auffangen zu können. Daher sei die Gruppe auf mehrere Aufführungen angewiesen und müsse so einige Abende im Hörsaal blocken, dies könne auch mal zu Ärger unter den Theatergruppen führen und erfordere daher viel Kompromissbereitschaft und gegenseitiges Verständnis untereinander.

Und nicht nur das — eine lange Liste an Organisation hänge an der Produktion: Orchester, Bühnenbild, Kostüme etc. Außerdem gilt: Ohne Einnahmen gibt es kein Geld, um die Produktion für nächstes Jahr finanzieren zu können. Doch: „Wir sind eigentlich immer ausverkauft“, kann Regisseur Max Teschner augenzwinkernd verraten.

Das Repertoire der Musical Inc.

Jedes Jahr entscheidet der Verein, welches Theaterstück auf die Bühne gebracht wird. Dabei werden verschiedene Stücke ausgesucht und Mitglieder können Ideen einreichen. Die Stücke würden nach verschiedenen Kriterien gefiltert, erklärt Vidhya Pfeifer: So seien z.B. einige Stücke eher für ein kleineres Ensemble gedacht oder es gäbe keine deutschsprachigen Rechte für Laien.

Im letzten Sommer hatte das Publikum das West-End-Musical "Made in Dagenham" auf der P1 Bühne erleben  dürfen. In diesem Musical ging es um den Arbeiterinnenaufstand in einem britischen Ford-Werk in den späten 60ern. Zum Anlass dieser Aufführung hat campus-mainz.net auch damals ein Interview mit Musical Inc. geführt, in dem es unter anderem um den Alltag der Theatergruppe in der Pandemie ging. Doch dieses Jahr kann die Corona-Pandemie den Plänen der Musical Inc. nicht mehr in die Quere kommen: An vierzehn Aufführungsterminen, vom 09. bis 30. Juni, wird der Vorhang für „The Prom“ geöffnet.

Wer sich bereits einstimmen will: Es gibt auch eine Verfilmung auf Netflix dazu. 

Worum geht es in „The Prom“?

In „The Prom“ werden zwei Stories miteinander verflochten: Im Kern des Stückes geht es um Emma, ein lesbisches 17-jähriges Mädchen aus einer kleinen Stadt in Indiana, die mit ihrer Freundin zum Abschlussball gehen will. Der Haken an der Sache? Besagte Stadt ist sehr konservativ oder im Klartext: hinterwäldlerisch in ihren Ansichten und sagt lieber den Ball ab, bevor ein homosexuelles Paar die Bühne betritt. Davon erfährt eine Truppe nicht ganz so erfolgreicher Broadway Darsteller:innen, die nach Möglichkeiten sucht, ihr angeknackstes Image aufzubessern. So beschließen sie kurzerhand nach Indiana zu fahren, um die Stadtbewohner:innen aus ihrer konservativen Blase zu holen.

Stimmen von Musical Inc. zu „The Prom“

Max Teschner formuliert es so: „Im Prinzip, ein Musical, wo es darum geht, dass sehr verschiedene Perspektiven aufeinandertreffen und wie diese Leute damit umgehen und was sie daraus lernen.“ Also eine Art Aufklärungsstück? Ganz so belehrend wird es nicht sein, wenn man Darsteller Benedict Lind (in der Rolle von Broadway Star Barry Glickman) dazu befragt: „Es spielt total mit Klischees und sehr überspitzt, aber ich glaube das ist auch der Witz daran und das macht das Ganze auch irgendwie komisch, auf besondere Art und Weise. Wann man auch denkt, kann man das jetzt so sagen? Aber in dem Moment ist es einfach voll okay und man merkt die Ironie an dem Ganzen.“

Fazit des Probenabends

Als wir die Musical Inc. nach diesem Probenabend verlassen, haben wir das Gefühl nicht nur einen Einblick in „The Prom“- sondern auch ein Gefühl für die Gruppendynamik bekommen zu haben. Denn obwohl viele Mitglieder der Musical Inc. gar keine Student:innen mehr sind, sondern aus den unterschiedlichsten Lebensphasen zu kommen scheinen, sind sie alle mit viel Engagement dabei. So auch Darstellerin Leonie Creuzberger in der Rolle von Dee Dee Allen, die es so zusammenfasst: „Wir sind alle mit so einem großen Herzblut dabei, dass wir was Großes auf der Bühne bringen wollen, und ich glaube das verbindet einfach total.“ 

Dieses Jahr wird es 14 Shows geben. Der Online-Kartenvorverkauf hat Ende März begonnen und Musical Inc. teilt mit, dass über 80% der Karten bereits ausverkauft sind. Die Karten können auf der Website der Musical Inc erworben werden. Die Aufführungstermine und weitere Informationen über „The Prom“ findet man ebenfalls auf der Website.

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