#Ausland | Kultur studieren in Portugal

13.02.2019
Studium, Internationales
Lukas

Achtung! Obligatorische Erasmus-Phrase incoming: Die Zeit vergeht rasend schnell und so habe ich schon über die Hälfte meiner Zeit in Lissabon hinter mich gebracht. Gefühlt bin ich doch erst gestern angekommen.

Nur dunkle Wolken, keine wärmenden Sonnenstrahlen. Ein verregneter Tag nach dem anderen. Schlecht gelaunte Menschen mit Regenschirmen und dicken Jacken. Die Dunkelheit begrüßt und verabschiedet einen an der Haustür. So trist und monoton muss der Winter wohl in Deutschland begonnen haben, als ich in Lissabon regelmäßig unter Palmen Sonne tanken konnte. Der unerwartete Vitamin D-Überschuss hatte direkt Einfluss auf meine Motivation nach der Uni die Stadt und Kultur besser kennen zu lernen. Ein Ethnologie Student forscht nach …

Museumsmarathon 

In der Hauptstadt Portugals verstecken sich unheimlich viele sehenswerte Museen. Eine Ausstellung widmet sich beispielsweise dem Fado, dem traditionellen portugiesischen Musikgenre. Die Lieder handeln oft von Verlust, seelischem Schmerz und von der Saudade. Diesen Begriff kann man nur schwer übersetzen, aber manche definieren es als die spezifisch portugiesische Form des Weltschmerzes. Spätestens wenn man Aufnahmen von Amália Rodrigues, der Königin des Fado, hört, braucht man sich nicht mehr um eine korrekte Übersetzung kümmern. Dann spürt man die Melancholie fast auf der Haut.

Typisch für das Land sind auch die Azulejos, denen ebenfalls ein Museum gewidmet ist. Besucher können dort die Entwicklung der Kunst um die bunten Keramikfliesen nachempfinden. Ursprünglich wurden sie von den Mauren auf die Iberische Halbinsel gebracht, heute gehören sie fest zum Lissabonner Stadtbild. Ähnlich wie den Fado findet man die Keramikfliesen aber nicht nur im Museum, sondern auch draußen auf der Straße.

Für mich als Ethnologie Student war natürlich das Museu Nacional de Etnologia besonders interessant. Etwas außerhalb im Stadtteil Belém gelegen, findet man dort als Besucher teils sehr interessante Sammlungen, wie ein balinesisches Schattentheater oder angolanische Tiermasken. Trotzdem hatte ich mir mehr von einem Nationalmuseum erwartet: Kein einziger Bildschirm funktionierte und über die Historie der Objekte erfuhr man quasi nichts.

Unter Touristen

Die eindrucksvollen Sehenswürdigkeiten in Belém ließen mich die Enttäuschung aber schnell vergessen. Der Stadtteil ist nicht umsonst als Touri Hot Spot bekannt. Hier befinden sich das Denkmal der Entdeckungen (Padrão dos Descobrimentos) und der Turm von Belém (Torre de Belém), die an die glanzvolle Zeit der portugiesischen Seefahrer und das riesige Kolonialreich erinnern. Ganz in der Nähe, im prachtvollen Hieronymuskloster (Mosteiro dos Jerónimos), steht auch das Grab von Vasco da Gama.

In diesem UNESCO-Weltkulturerbe sollen außerdem einige Mönche im 19. Jahrhundert die Rezeptur für die berühmt berüchtigten Pastéis de Belém entwickelt haben. Um die Ecke wird das Café, wo die Blätterteigtörtchen immer noch nach traditioneller Rezeptur hergestellt werden, regelmäßig von Touristen überrannt. Doch das Anstehen lohnt sich in jedem Fall: Frisch aus dem Ofen duften die süßen Pastéis nicht nur himmlisch, sondern schmecken auch so.

Aber so beeindruckend die Monumente sind, am Ende wirkt der Stadtteil doch etwas zusammengeschustert. Es scheint, als hätte die Stadt versucht hier künstlich ein Kulturzentrum hochzuziehen, um noch mehr Touristen anzulocken. Die Rechnung scheint auch aufgegangen zu sein, denn selbst im November bin ich in Belém in einem übermächtigen Touristenstrom und dem damit verbundenen Selfiewahnsinn untergegangen.

Heimweh? Eher weniger

Anfang des Semesters gab es für uns ein Welcome Meeting, bei dem alle Erasmus Studis – an die zweihundert aus Polen, Italien, Spanien, Frankreich und anderen europäischen Ländern – in der Faculdade de Ciências Socias e Humanas (FCSH) zusammenkamen. Fast die Hälfte der Kommilitonen, die ich am ersten Tag kennengelernt habe, waren aber deutsch. So viele Landsleute hätte ich vielleicht auf dem Ballermann erwartet, aber nicht in Lissabon! Anfang des Semesters waren zusätzlich noch unzählige Touristen in der Stadt, sodass ich immer wieder Gesprächsfetzen in meiner Muttersprache mitbekam. 

Richtiges Heimweh hat sich bei mir bestimmt auch deswegen nicht eingestellt. Gleichzeitig leidet auch mein Portugiesisch etwas darunter: Leider verstehe ich immer noch enttäuschend wenig in den Kursen, die auf Portugiesisch gehalten werden. Ich habe es wirklich unterschätzt, dass man eine neue Fremdsprache nicht einfach so nebenbei lernt, sondern ordentlich Vokabeln und Grammatik büffeln muss. Aber immerhin kann ich mir mittlerweile souverän Essen bestellen und nach dem Weg fragen.

Apropos Essen...

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