Uni-Studie untersucht Geschlechterquote: Mehr Frauen, wenig Einfluss

27.01.2018
Campus-News
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Wirtschaftswissenschaftler an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben herausgefunden, dass der Frauenanteil in Aufsichtsräten zwar steigt, ihre Entscheidungsgewalt jedoch gering bleibt.

Das Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, die sogenannte "Frauen- oder Geschlechterquote", gilt nun bereits seit über zwei Jahren. Am 1. Januar 2016 trat es in Kraft. Seitdem ist gesetzlich verankert: Die Aufsichtsräte aller börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen müssen bei Neubesetzungen darauf achten, dass der Anteil des unterrepräsentierten Geschlechtes mindestens 30 Prozent beträgt.

Eine Annäherung an die Quote

Mainzer Wirtschaftswissenschaftler stellten nun fest, dass der Frauenanteil in Aufsichtsräten sogar schon seit 2010 stetig angestiegen ist. "Als das Gesetz im März 2015 beschlossen wurde, betrug der durchschnittliche Frauenanteil bereits 23 Prozent. Das impliziert einen Anstieg von etwa 12 Prozentpunkten gegenüber dem Jahr 2010", erläutert Prof. Dr. Thorsten Schank, Professor für Angewandte Statistik und Ökonometrie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Grund sei die bevorstehende Gesetzgebung, die bereits stark diskutiert und daher erwartet wurde, sowie der öffentliche Druck, der Unternehmen unter Zugzwang stelle.

In der Studie bestimmten die Wissenschaftler den Anteil von Frauen in Aufsichtsräten zwischen 2009, dem Jahr vor dem Anstieg, und 2016, dem ersten Jahr nach Einführung der Geschlechterquote. Sie untersuchten die Auswirkungen der Quote und wie in der Folge Frauen in die Arbeitsprozesse der Ausschüsse integriert wurden. Die Daten beziehen sich auf die 111 öffentlich gelisteten Firmen, die von dem Gesetz betroffen sind.

Unterrepräsentation in wichtigen Gremien

Neben der allgemeinen Annäherung an die Geschlechterquote geht aus der Studie hervor, dass die Situation in höheren Positionen, also den Ausschüssen der Aufsichtsräte sowie in Vorständen, noch ganz anders aussieht. "Als erstes lässt sich festhalten, dass sowohl Anteilseigner- als auch Arbeitnehmervertreter Frauen deutlich seltener in Ausschüsse des Aufsichtsrats berufen", so Schank.
Solche Ausschüsse dienen dazu, die Verhandlungen und Beschlüsse des Aufsichtsrats vorzubereiten oder deren Ausführung zu überwachen. Außerdem können ihnen Entscheidungsbefugnisse übertragen werden, wodurch ihnen größere Aufgaben mit höherem Einfluss zukommen.
Der Geschlechterunterschied habe über die Zeit sogar zugenommen, sagt Prof. Dr. Christopher Koch, Professor für Corporate Governance und Wirtschaftsprüfung an der JGU. "Im Jahr 2016 beträgt dieser mittlerweile 19 Prozent für die Anteilseignervertreter." Die Wissenschaftler ziehen daraus den Schluss, dass Frauen in wichtigen Gremien noch unterrepräsentiert sind. Da Frauen in Aufsichtsräten jedoch keineswegs schlechter qualifiziert seien als Männer, befürchtet wissenschaftlicher Mitarbeiter Viktor Bozhinov, dass "eine neue gläserne Decke innerhalb der Gremien" entstehen könne.

Die einzige Ausnahme bilden Nominierungsausschüsse. Dort ist der Anteil beider Geschlechter weitestgehend ausgeglichen. Bozhinov nennt dies ein gutes Zeichen: "Frauen haben eigene Netzwerke, die in Zukunft bei der Auswahl neuer Aufsichtsratsmitglieder eine größere Rolle spielen werden, als bisher."

Quote reicht nicht aus

Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass der wachsende Anteil von Frauen in Aufsichtsräten nicht mit einer wachsenden Beteiligung an der Gremienarbeit einhergehe. In der Studie heißt es, dass die Geschlechterquote allein nicht ausreiche, um die volle Integration von Frauen in Entscheidungsprozesse sicherzustellen.
Eine Folge davon ist, dass Frauen statistisch gesehen auch deutlich weniger verdienen, als ihre männlichen Kollegen. "Anteilseignervertreterinnen erhalten für ihre Tätigkeit eine im Durchschnitt 30 Prozent geringere Vergütung, unter anderem da sie seltener den Aufsichtsratsvorsitz innehaben sowie seltener an einer Ausschusstätigkeit mitwirken", erklärt Schank.

Geschlechterverteilung in Hochschulräten

Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz kann sich, was die Verteilung der Geschlechter angeht, übrigens sehen lassen: Dem Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz zufolge hatte der Hochschulrat der Mainzer Universität im Jahr 2017 einen Frauenanteil von 50 Prozent und ist somit landesweiter Vorreiter in Sachen Chancengleichheit. Der rheinland-pfälzische Durchschnitt liegt bei 36 Prozent. Dabei gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen Universitäten und Verwaltungshochschulen, deren Frauenanteile jeweils unter 25 Prozent liegen. "An den Mainzer Hochschulen (70 Prozent), Koblenz (60 Prozent), Trier (60 Prozent) sowie an der Technischen Hochschule Bingen (60 Prozent) stellten die Frauen die Mehrheit innerhalb der Hochschulräte", so das Statistische Landesamt in Bad Ems.

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