Türen des Studierendenwohnheims Hechtsheim werden geschlossen

21.10.2021
Campus-News, Wohnen...
kn

Das Studierendenwohnheim Hechtsheim wird zum 31. März 2022 geschlossen, die bisherigen Mieter:innen müssen ihre Wohnungen daher verlassen. Für sie gibt es unterschiedliche Optionen für die Zukunft.

Das Studierendenwohnheim Hechtsheim im Stadtteil Mainz-Hechtsheim mit der Möglichkeit, in einer knappen halben Stunde mithilfe der öffentlichen Verkehrsmittel auf den Campus zu gelangen, bietet Studierenden der JGU Mainz seit dem Jahre 1992 ein Dach über dem Kopf. Bisher konnte man hier in WGs mit bis zu drei Mitbewohner:innen bei einem monatlichen Mietpreis von 300 bis 350 Euro pro Person leben. Unvergesslich sind zudem die Hechtsheim-Erasmus Partys vor der Corona-Pandemie. 

Doch damit ist im kommenden Jahr mit Ende des Wintersemesters 2021/22 Schluss: Aufgrund anfallender Sanierungskosten haben sich die Wohnbau Mainz als Grundstückseigentümerin und das Studierendenwerk Mainz dazu entschlossen, das Studierendenwohnheim zu schließen. Schwer lösbare bauliche Probleme sowie anfallende Sanierungen ließen letztlich keine andere Lösung zu. Dies lag auch daran, dass im vergangenen Semester die Leerstandsquote des Studierendenwohnheims mit 200 unbewohnten Zimmern bei ca. acht Prozent lag und damit die Renovierungskosten nicht verhältnismäßig wären. Somit steht die Räumung der Wohnungen durch die Mieter:innen bis spätestens 31. März 2022 an.

Was für Zukunftsmöglichkeiten bieten sich den Studierenden?

Für den Aus- bzw. Umzug gibt es zwei mögliche Zeitpunkte: Die erste Frist zur Einreichung des Umzugsantrags zum Wintersemester 2021/22 lief bereits im August aus, der Umzug musste hier bis zum 1. Oktober 2021 abgeschlossen sein. Die Alternative sieht das Ende des Mietvertrags für den Beginn des Sommersemesters 2022 und damit für den 1. April 2022 vor. Hier läuft die Frist für den Umzugsantrag noch bis Ende dieses Jahres.

Die Alternativen zu einem Studierendenwohnheim sind natürlich in erster Linie andere Wohnheime, wobei die vom Studierendenwerk Mainz angebotenen Zimmer und Wohnungen allesamt etwas teurer sind als die WG-Zimmer von Hechtsheim. Hierbei bietet das Studierendenwerk den "primär wohnberechtigten Mieter:innen", deren Mietverträge über den 31. März hinausreichen, einen kostenlosen Umzug sowie für die folgenden zwei Semester die Mietbedingungen des Studierendenwohnheims Hechtsheim an (dies bezieht sich vor allem auf die Mietpreise).

Bei den "primär wohnberechtigten Mieter:innen" handelt es sich um alle Studierenden der JGU, der Hochschule Mainz sowie der TH Bingen, die durch ihre Immatrikulation eine sogenannte "vollumfängliche Wohnberechtigung" besitzen. Dies sind im Regelfall Studierende, die nicht länger als zehn Semester bzw. fünf Jahre studieren und hauptberuflich Studierende der entsprechenden Institute sind. Sie besitzen ein Vorrangsrecht gegenüber Studierenden anderer Hochschulen, sowie gegenüber Externen und Nicht-Studierenden.

Wie geht es konkret weiter?

Um Studierenden den Umzug und die Wahl eines neuen Studierendenwohnheims zu erleichtern, gibt es online eine vom Studierendenwerk hochgeladene Tabelle aller Wohnheime mit deren Ausstattungen und Preisen. Darüber hinaus gibt es ein Online-Formular für den Umzugsantrag, das von den entsprechenden Studierenden ausgefüllt werden muss. Darin sind noch einmal schriftlich der gebührenfreie Umzug sowie die gleichbleibenden Mietpreise für zwei Semester festgehalten.

Was sagen die Betroffenen dazu?

Die Resonanz der bisherigen Bewohner:innen des Studierendenwohnheims Hechtsheim fällt größtenteils positiv aus, viele der Studierenden haben das Angebot eines Umzugs in ein anderes Wohnheim angenommen. Phillip Kirschner ist AStA-Referent für Ökologie, Mitglied der Hechtsheimer Heimvertretung und selbst Betroffener. Gemeinsamen mit der Heimvertretung betont er auf Anfrage, dass besonders die Gewährleistung eines kostenlosen Umzugs sowie die Beibehaltung der Hechtsheimer Miete für das kommende Jahr für viele Studierende eine große finanzielle Entlastung bedeuten.

Hinzu komme, dass die Mietpreise des Wohnheims mit rund 320 Euro innerhalb des BAföG-Wohngeldsatzes von 325 Euro liegen. Er führt weiter aus, dass es eine gute Entscheidung gewesen sei, "dass das Studierendenwerk auch die studentische Selbstverwaltung bei der Planung der Umzüge eingebunden" und deren Vorschläge aufgegriffen hat. Damit war es letztlich möglich, besser auf die Bedürfnisse der Studierenden einzugehen und die bisherigen Umzüge so reibungslos und stressfrei wie möglich zu organisieren und durchzuführen.

Gleichzeitig bedeuten die Umzüge jedoch einen organisatorischen Kraftakt, der nicht nur auf dem Rücken der Bewohner:innen, sondern auch auf dem der Verwaltungskräfte ausgetragen wird. So erklärt Kirschner, dass die Zwangsumzüge in die "reguläre Einzugsphase ab dem 01. Oktober" fallen bzw. kurz vorher beginnen. Dies bedeutet zum einen, dass Studierende, die Ende September aus Hechtsheim ausgezogen sind, noch nicht direkt in die neuen Wohnheime einziehen konnten, da die entsprechenden Zimmer noch bis Oktober belegt waren. Sie mussten sich also zunächst Alternativunterkünfte auf eigene Faust (z. B. im privaten Rahmen) suchen.

Gleichzeitig bedeuten die außerplanmäßigen Auszüge aus den Wohnheimzimmern für die Hausmeister:innen zusätzliche Räume, die sie neben ihren täglichen Aufgaben abnehmen müssen. Kirschner betont an dieser Stelle noch einmal, dass "die Zimmer dabei über sechs Häuser mit bis zu vier Stockwerken verteilt sind".

Die Gesamtlage des Wohnraums für Studierende

Neben ihres positiven Resümees des bisherigen Ablaufs übt die Heimvertretung aber deutliche Kritik an den Unterkünften für Studierende und am Umgang mit studentischem Wohnraum durch Landes- und Bundespolitik, die letztlich erst zur Schließung des Wohnheims führte. Besonders hebt Kirschner hierbei die unzureichende Landespolitik der Jahre 2005/2006 und 2015 hervor, die bis zur heute spürbaren "Verschuldung des Studierendenwerks" geführt habe.

Die fehlende finanzielle Unterstützung und die damit verbundene Suche der Studierendenwerke nach privaten Kreditinstituten seien darüber hinaus Gründe für die steigenden Mietpreise für Studierendenwohnungen. Mainz liegt hier bundesweit seit mehreren Jahren bei den Durchschnittsmieten unter Studierendenwerken auf Platz 1. Darüber hat campus-mainz.net in den vergangenen Jahren immer wieder berichtet

Die Verschuldung zieht weitere Kreise: So führt sie dazu, dass Studierendenwerke die Wohnraumförderung der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) zum Bau von neuem Wohnraum oder zur Sanierung bereits bestehender Wohnheime nicht oder kaum in Anspruch nehmen können. Die Schaffung von Wohnraum ist dadurch an Mietpreiserhöhungen geknüpft, die wiederum Studierende in finanzielle Engpässe treiben. Dies wurde nun auch dem Hechtsheimer Studierendenwohnheim zum Verhängnis.

Kirschner bzw. die Heimvertretung fassen die Situation mit den abschließenden Worten zusammen, dass die "Leidtragenden verfehlter Landespolitik Studierende auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum und somit auch der gesamte Wohnungsmarkt der Stadt Mainz" seien. Dass mit der Schließung des Studierendenwohnheims Hechtsheim "sehr viele relativ preiswerte Wohnplätze im studentischen Wohnraum in öffentlicher Hand vorerst verloren gehen", während keine direkte Alternative dazu geschaffen wird, erleichtert die Wohnungssuche für Studierende in Mainz laut Kirschner nicht.

Es bleibe nur zu hoffen, dass hier ein Umdenken stattfindet, alte Fehler erkannt und von der Politik überarbeitet werden, bevor sich die Gesamtlage des studentischen Wohnraums deutlicher auf die Zahlen der Studierenden an der JGU Mainz, aber auch allgemein an anderen Hochschulen auswirke. Die Heimvertretung Hechtsheim sieht hierbei nur in einem Schuldenschnitt für die Studierendenwerke eine Möglichkeit, "aus dem Hamsterrad ständiger neuer Verschuldung“ ausbrechen zu können.

 

Anm. d. Red.: In einer früheren Version des Artikels war statt des betroffenen Wohnheims des Studierendenwerks Mainz das private VEGIS-Wohnheim in Hechtsheim abgebildet, das weiterhin bestehen bleibt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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