Theaterkritik | Natürlich Blond

01.06.2018
Freizeit
lf & las

Seit 25 Jahren sorgt die Musical Inc. dafür, dass das P1 für einen kurzen Zeitraum zu einer Showbühne wird. Dieses Jahr zeigt die Gruppe Musical "Natürlich Blond" nach dem gleichnamigen Kultfilm.

Ein Musical, das Unterschiede feiert und Vielfalt lebt, kann in dieser Zeit wohl kaum aktueller und notwendiger sein. Obwohl "Natürlich Blond" vor allem mit Klischees spielt, dreht es die meisten davon jedoch um und trifft so am Ende die prägnante Aussage: "Sei dir selber treu!" – und das mit viel Witz, Charme und Herz.

Hauptfigur des Stücks ist die anfangs naive Blondine Elle Woods, die sehnsüchtig auf einen Antrag ihres Freunds Warner wartet. Als dieser sie plötzlich verlässt, um Jura an der Universität in Harvard zu studieren, beschließt sie, ihm zu folgen, um ihn zurückzugewinnen. 

Hohes Niveau in der Ausarbeitung

Mit viel Liebe zum Detail zieht die Musical Inc. das Stück auf. Das  minimalistische, Bühnenbild, für dessen Ausstattung Florian Pfaff verantwortlich ist, setzt hauptsächlich auf drei Bühnenelemente, die gedreht werden können und so mal die Backsteinfassade in Harvard darstellen, Elles pinkes Zimmer mit Flamingo-Tapete andeuten oder in Paulettes quietischig-bunten Friseursalon entführen. Abgerundet wird das Bühnenbild von beweglichen Teilen, wie zum Beispiel einem selbstgeschreinerten Gerichtsstand. Nicht unwesentlich sind ebenfalls die vielen unterschiedlichen Lichtstimmungen, die mit verschiedenen Farben, Spots und Filtern erschaffen werden.

Eine Vielzahl an Darstellerinnen und Darsteller nehmen den gesamten Hörsaal ein, den Zuschauerraum miteingeschlossen. Die aufwändigen Choreografien werden dabei fast fehlerfrei ausgeführt, was beim Publikum mit Begeisterung und Respekt vor der Leistung aufgenommen wird. 

Die fetzige Musik, die live von einem Orchester unter Leitung von Nicolai Benner hinter einem Vorhang auf der Bühne gespielt wird, reißt mit und sorgt zusammen mit dem kraftvollenGesang der Darstellerinnen und Darsteller für Ohrwürmer, die auch noch nach Tagen im Kopf bleiben.

Große Leistung aller Beteiligten

Auch schauspielerisch überzeugt die Inszenierung von Marie Friedl, Florian Pfaff und Steffen Storck. Man spürt, sieht und hört, dass jede Darstellerin und jeder Darsteller alles gibt. Dabei wirken sie fast wie ein Ensemble eines professionellen Schauspielhauses. Da fällt auch der kleine Textpatzer oder der etwas zu lange Umzug nicht wirklich auf. 

Als ausgeflippte Blondine Elle Woods tanzt und singt sich Laura Saxler an diesem Abend fast drei Stunden lang durch das Stück und verlässt die Bühne eigentlich nur, um sich umzuziehen – und das nicht allzu selten: Vom komplett pinken Outfit, mit dem sie in Harvard aus den dunklen, gesättigten Farbtönen ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen heraussticht, über das rosa Playboy Bunny-Kostüm bis hin zum pinken Business-Kleid ist alles dabei. Laura Saxler meistert die Herausforderung der anspruchsvollen Rolle gekonnt und überzeugt mit ihrem Talent. Vor allem ihr Gesang kann sich sehen lassen.

Aber wäre Elle Woods nichts ohne ihre zahlreichen Freundinnen und Freunde, die sie unterstützen, wo es nur geht. Allen voran stehen die überdrehten Verbindungsschwestern von Delta Nu: Die Mädels rund um Margot (Franziska von Hülst), Serena (Linda Malm) und Pilar (Alina Berger) hüpfen kichernd und quietschend über die Bühne und heizen den Zuschauern von der ersten Sekunde ein. Auch ihr griechischer Chor, der immer wieder in Elles Kopf erscheint, überzeugt mit mitreißendem Tanz und Gesang.

Während es Elle in Harvard zunächst darum geht, ihren Ex-Freund zurückzuerlangen, findet sie bald jemanden, der wirklich zu ihr passt: Emmett ist Tutor der Jura-Erstsemester und hilft Elle beim Lernen. Mit einem vollkommen natürlichen Charme und einer weichen Stimme kann Jonathan Peters seine Elle, trotz goldigem Größenunterschied, für sich gewinnen.

Auch die liebenswerte Friseurin Paulette, Elles neu gewonnene Freundin in Harvard, kann die Herzen des Publikums schnell erobern. Marie Friedl besticht durch eine traumhafte Stimme und komödiantisches Timing. Ihr Schwarm, der UPS-Paketbote Kyle, ist ihr zufolge "ein wandelnder Porno".

Für eine große Shownummer gleich zu Beginn des 2. Akts sorgt Scarlett Saurat als Brooke Wyndham. Die Angeklagte im Mordprozess um ihren Ehemann besitzt ein Fitness-Imperium und schwingt sich selbst und ihr Ensemble mit einer aufwendigen Seilspring-Choreografie in Form. Saurat spielt und tanz selbstbewusst und schafft es, ihre kräftige Stimme auch beim Springen zu bewahren.

Nicht ganz so sympathisch sind wohl der blutrünstige Harvard-Professor Callahan (Laurin Hess), Elles charismatischer Ex-Freund Warner (Johannes Lotz) und seine neue Verlobte Vivienne (Tahira Schäfer). Genau dieser Eindruck bestätigt jedoch ihr überzeugendes Schauspiel. Insbesondere Schäfer beeindruckt mit ihrer starken Stimme im Titellied des Musicals "Natürlich blond".

Empfehlenswerter Theaterabend

Die Musical Inc. hat also wieder einmal grandiose Arbeit geleistet. Es ist beeindruckend, was der Verein aus dem bescheidenen Vorlesungssaal herausholt. Nach sieben Monaten harter Probearbeit und organisatorischer Vorbereitung hat sich die Gruppe die Standing Ovations nach der Aufführung wirklich verdient. 

Weitere Vorstellungen von "Natürlich Blond" finden am 1., 3., 5., 6. Und 9. Juni in P1 statt. Sich abends noch einmal auf den Weg zur Uni zu machen, lohnt sich für diese Inszenierung auf jeden Fall.

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