Studieren mit Kind | Über Balance im Leben einer studierenden Mama

12.11.2017
Studium, Studieren mit Kind
Bettina

Bettina schreibt, welche Ratschläge sie beherzigt, damit es ihr gelingt, Balance in ihrem Leben zwischen Familie, Studium, Haushalt und Allem, was ihr wichtig ist, zu halten.

 

Wenn Zufriedenheit ein Barometer für das Gelingen von Balance im eigenen Leben ist, dann habe ich ziemlich Erfolg mit meinem System. Während in den Hochphasen des Hausarbeiten-Schreibens von Gelassenheit natürlich nur bedingt die Rede sein kann, bin ich im Laufe des Semesters meistens ziemlich ausgeglichen. Nach Phasen, in denen ich mich schon gevierteilt fühlte, habe ich mich an diese Zerrissenheit gewöhnt und kann damit ganz gut umgehen. Zumindest in der Regel.

Das Geheimnis liegt in meinen beiden altklugen Lebensmottos: "Alles hat seine Zeit" und "eins nach dem anderen". (Und natürlich in meinem Freund, der mich in allen Phasen großartig unterstützt.) 

Alles hat seine Zeit.

Morgens Studium. Nachmittags Kinder. Abends lernen. Nachts schlafen. Wochenende ist Familienzeit. Meistens fahre ich mit diesem Prinzip sehr gut. An den Vormittagen, wenn beide Kinder betreut sind, bin ich an der Uni, recherchiere, lese und gehe zu den Seminaren.

Meistens hole ich direkt im Anschluss, also gegen 14.30 Uhr, beide Kinder ab und wir verbringen den restlichen Nachmittag gemeinsam. Das heißt nicht, dass ich in dieser Zeit ausschließlich Kinderbespaßung mache. Wenn es gut läuft, finde ich auch Zeit für den Haushalt und für Einkäufe. Wenn es richtig gut läuft, treffen wir uns mit Freunden und auch ich habe einen Gesprächspartner. Am Abend ist Familienzeit. Wenn die Kids im Bett sind, fange ich mit der Vorbereitung für die Seminare oder Referate an und lese sehr viel. Zugegeben ist das nicht immer so einfach, weil ich abends auch oft recht müde bin. Aber da ich kein Nachtmensch bin und nachts lieber schlafen möchte, wird die freie Zeit effektiv genutzt.

Diese Einteilung funktioniert natürlich nur dann, wenn ich alle Veranstaltungen ausschließlich am Vormittag besuche. Mir ist bewusst, dass das in manchen Studiengängen überhaupt nicht möglich ist. Und auch ich war nicht immer ganz glücklich mit meinen Seminarzeiten. Fokussiert auf's Vorankommen biss ich in diesen Fällen in den sauren Apfel und versuchte deshalb in jedem Semester, meinen Stundenplan so (sinn)voll wie möglich zu packen. 

Eins nach dem anderen.

Und komme ich denn nicht zu kurz? Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Selbstverständlich hätte ich gerne mehr Zeit für mich.
Deshalb freue ich mich auch immer über die Zeiten, in denen ich nur wenige Seminare belege oder wenn gerade Ferien sind. Dann habe ich auch mal "me-time" und kann unabhängig von den Kindern das tun, auf was ich Lust habe und was mir Freude macht.

Ich habe jedoch schon früh lernen müssen, dass ich nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen kann. Das ist manchmal ganz schön frustrierend, wenn ich voller Motivation an all die kleinen Projekte denke, die ich gerne umsetzen möchte, an die Freunde, die ich wieder einmal besuchen möchte oder wenn ich auf den Bücherstapel schaue, der sich auf meinem Schreibtisch auftürmt. Seitdem ich aber akzeptiert habe, dass ich nicht alles auf einmal schaffe, sondern nur einen Schritt nach dem anderen gehen kann, gehe ich viel entspannter mit diesen wilden Lernphasen um. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass die nächste Ruhephase nie allzu lange auf sich warten lässt. 
Das hat vor allem Auswirkungen auf das Familienleben. In der Regel kann ich mich am Nachmittag vollkommen auf die Kids konzentrieren. Davon haben wir alle was. Es ist vergebliche Mühe, auf Arbeitsphasen zu hoffen, wenn die Kinder dabei sind. Glaub mir, ich habe das alles schon erlebt! Und ich darf gar nicht erst daran denken, wie häufig meine Kinder im Winter krank werden können!

In meinem ersten Semester war ich stets unausgeglichen, weil ich tagsüber gerne mehr erledigt hätte. Diese Laune übertrug sich auch auf Anton, der als Baby natürlich kein bisschen verstand, warum ich so unruhig wurde, wenn er mit seinem Nichtschlaf meine Pläne durchkreuzte. Ich musste lernen, dass ich von meinen Kindern – egal in welchem Alter – nicht erwarten kann, dass sie sich an meine Planungen halten und immer so handeln und mitmachen, wie ich es mir manchmal wünsche. Wenn man solche Anforderungen also gar nicht erst stellt, sondern sich darauf einlässt, sich voll auf die Kinder zu konzentrieren, dann stehen die Chancen sehr gut, dass das Gleichgewicht zurückkehrt.

Prioritäten setzen

Es gibt zwei Ratschläge, die mir außerdem sehr geholfen haben, Balance in meinem Alltag zu finden. Gerade in Zeiten, die sehr wild sind und in denen man scheinbar zu nichts kommt, hilft es mir, wenn ich Prioritäten setze. Ich muss mich fragen, was in dieser Zeitspanne für mich das Wichtigste ist. Die Familie, klar. Und dann ganz aktuell auf das Studium bezogen, scheinfrei zu sein.

Wenn ich sehe, welche Prioritäten ich setze, dann hilft es mir auch, schwierige Phasen nicht so dramatisch zu sehen, sondern nur als notwendigen Schritt zum übergeordneten Ziel. Dann nehme ich es mir (meistens) auch nicht so zu Herzen, wenn ich vorübergehend weniger Zeit für meine Freunde habe oder die Wohnung etwas wüst aussieht. Mir ist ja bewusst, dass diese Phase über kurz oder lang ein Ende nehmen wird und ich wieder in meinen altbekannten Rhythmus komme. 

Es gibt natürlich auch Ausnahmen. Wir sind alle Menschen und können nicht jeden Tag gleich funktionieren. Und wenn ich manchmal einfach eine Pause brauche und abends nicht den Kopf frei habe für die Vorbereitungen, dann verschiebe ich sie auch mal. Dennoch bringt es mir viel, mich an einem selbstgesteckten Rahmen zu orientieren. Dadurch kann ich es morgens genießen, in der Uni zu sein, freue mich am Nachmittag über die Zeit mit den Kindern und erledige abends eben all das, was zu tun ist. Wenn man sich zu viel aufbürdet und alles gleichzeitig machen möchte, dann fehlt die Balance im Leben und das wirkt sich auf alle Bereiche aus. Sollte es dir im Semester also so gehen, dass du scheinbar für nichts Zeit hast und dich auf nichts richtig konzentrieren kannst, dann versuche doch einfach mal, die Ratschläge umzusetzen und wieder Balance zu schaffen. Bonne Chance.

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