Hallo zusammen,
ich freue mich wahnsinnig, mich dir heute vorstellen zu dürfen. Denn ab heute füttere ich Campus Mainz regelmäßig mit Beiträgen rund um das Thema Studieren mit Kind. Ein Herzensthema von mir.
Ich bin Bettina, studiere Kunstgeschichte und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und habe einen fast zwei Jahre alten Sohn.
Wenn ich nicht gerade am Laptop sitze und Buchstaben tippe, mit Kindern im Museum male oder auf dem Spielplatz Sand in meinen Taschen finde, dann schreibe ich Beiträge für das Blog une vie magnifique. Darin sammle ich meine Erfahrungen, die ich mit meinem Sohn mache. Du gehst mit deinem Kind ins Museum? Du suchst ein Geschenk für den nächsten Kindergeburtstag? Du studierst und hast ein Kind? Das sind alles Themen, die mich beschäftigen und die ich auf une vie magnfique verarbeite.
Die Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Da muss ich in meiner Lebensgeschichte schon ganz früh ansetzen. Mit 16 habe ich eine Ausbildung als Kauffrau für Bürokommunikation in einem großen Industrieunternehmen gemacht. Wie man sich eben als junge Erwachsene fühlt, war ich mir sicher, dass es genau das Richtige für mich war. Ich wollte Geld verdienen und Arbeitserfahrungen sammeln.
Doch schon während der Ausbildung zeigte sich, dass mir die Arbeit zwar Spaß machte, mich aber kein bisschen herausforderte. Aber das konnte vielleicht auch einfach an der Ausbildung liegen. Als ich nach meinem erfolgreichen Abschluss eine feste Stelle als Vertriebsassistenz mit unbefristeten Vertrag erhielt, musste ich natürlich bleiben. Sicherheit pur. Und die Arbeit und das Team (und das Gehalt!) waren auch völlig in Ordnung.
2008 brach dann aber die große Wirtschaftskrise ein. Plötzlich hatte ich sehr wenig zu tun und ich langweilte mich manchmal auf der Arbeit. Auch nach internen Weiterbildungen merkte ich, dass mein Interesse an unseren Produkten immer weniger wurde. Den Betriebswirt machen? Nein, ich merkte, ich war in der falschen Branche. Die Wirtschaftskrise löste also ziemlich viel in mir aus, ich konzentrierte mich auf meine Bedürfnisse und schaute, was mich wirklich anfixte. Das war und ist die Kunst.
Im Betrieb, in dem ich arbeitete, wurden Kurzarbeitstage angesetzt. Ich legte meine Tage so, dass ich immer an einem bestimmten Tag in der Woche frei hatte. An diesem Tag fuhr ich mit dem Auto 80 km nach Mainz und besuchte als Gasthörerin Vorlesungen zur Kunstgeschichte. Wollte ich wirklich studieren und meinen sicheren Job aufgeben oder war das nur eine fixe Idee? Aber schon nach wenigen Wochen war ich mir sicher, da gehöre ich hin.
Der nächste Schritt lag aber darin, eine Vollzeitschule zu finden, in der ich das Abitur nachholen konnte. Denn ohne Abitur hätte ich mit einer abgeschlossenen Ausbildung nur wirtschaftliche Fächer studieren können. Und das wollte ich auf keinen Fall. Ich fand das Ketteler Kolleg in Mainz, besuchte für die Eignungsprüfung einen Kurs und bestand die Prüfung mit den besten Noten. Drei Jahre später hielt ich überglücklich mein tolles Abiturzeugnis in den Händen.
In diesen drei Jahren hatte sich aber Einiges getan und so stand ich mit übergroßem Babybauch auf der Tribüne, als mir das Zeugnis überreicht wurde. (Kannst du dir vorstellen, dass ich vor lauter Schwangerschaftsmüdigkeit - die es wirklich gibt! - im Sitzen beim Lernen eingeschlafen bin?) Neben der riesengroßen Freude über das Kind war ich natürlich unsicher, wie ich denn ein Studium mit ihm schaffen sollte. Und vor allem musste ich mein Ziel, dass ich vier Jahre zuvor angestrebt hatte, um ein weiteres halbes Jahr verschieben.
Mein Sohn ist im November geboren. Hochschwanger habe ich im Oktober aus reinster Neugier noch einige Veranstaltungen des Wintersemesters besucht und mir die Literaturlisten angesehen. Fünf Monate später hatte ich im Sommersemester die Möglichkeit, für drei Veranstaltungen an die Uni zu gehen. Ich war also endlich Studentin. So lange hatte ich darauf hingearbeitet und nun ging es endlich los.
Einige Semester später sitze ich also an der ersten von drei Hausarbeiten, die ich in diesem Sommer schreiben muss. Ein Kind zu haben, ist etwas ganz Großartiges. Es gibt keinen perfekten Zeitpunkt dafür, aber ich weiß, dass es für uns genau richtig ist. Das Studium ist nicht immer einfach mit Kind. Aber für wen ist es das denn schon? Egal ob man arbeitet, gerade umzieht, ein Kind hat: irgendwas gibt es immer, das uns die Aufmerksamkeit raubt.
Glücklicherweise kann ich gerade produktiv arbeiten, weil mein Sohn bei der Tagesmutter ist. Es tut gut, sich morgens auf die Uni konzentrieren zu können, ich liebe mein Studienfach wirklich sehr und hänge mich rein. Aber ich freue mich auch riesig, wenn ich meinen Sohn um 14 Uhr abhole, wir auf den Spielplatz gehen und ich mich dort mit den anderen Eltern über Kitas, Kindercafés und das Schlafverhalten des Kindes unterhalte.
Alles Liebe und bis bald,
Bettina
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