Studentische Kritik an den Wissenschaftspakten 2.0

28.08.2019
Studium
wd

Am 3. Mai 2019 beschloss die GWK drei neue Wissenschaftspakte. Studierendenvertreter:innen äußerten bereits kurz nach Beschluss Kritik v.a. an den zwei, die Hochschullehre betreffenden Pakten.

Als Organisation, in der Bund und Länder gemeinsam Programme zur Wissenschaftsförderung verhandeln und beschließen, verständigte sich die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) am 3. Mai auf drei Wissenschaftspakte. Diese sollen die Nachfolge des Hochschulpakts 2020, des Qualitätspakts Lehre sowie die Fortführung des Pakts für Forschung und Innovation darstellen und wurden am 6. Juni auf der Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs des Bundes und der Länder abschließend bestätigt.

Der Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken folgt auf den Hochschulpakt 2020, welcher ursprünglich als Reaktion auf anhaltend hohe Zahlen von Studienanfänger:innen zu Stande kam. Der Pakt Innovation in der Hochschullehre ist die Fortführung des Qualitätspakts Lehre, dessen Zweck seit 2011 die finanzielle Unterstützung der Verbesserung der Studienbedingungen und Lehrqualität war. Zudem wurde der Pakt für Forschung und Innovation für außeruniversitäre Forschungsorganisationen bis 2030 fortgeschrieben.

Während die Weiterführung der Hochschulförderprogramme grundsätzlich positiv bewertet wurde, sehen sowohl der Freie Zusammenschluss von Student*innenschaften (fzs) als auch der Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW Studis) die Maßnahmen als nicht weitreichend genug an. Isabel Schön vom fzs urteilt, Bund und Länder hätten mit den neuen Pakten die Chance verpasst, "Studien- und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen konsequent zu verbessern". 

Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken

Der Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken sieht ab 2021 eine dauerhafte Förderung von Hochschulen durch Bund und Länder vor. 2021 bis 2023 soll demnach jährlich ein Betrag von 3,8 Milliarden Euro bereitgestellt werden, der 2024 noch einmal dauerhaft auf 4,1 Milliarden erhöht werden soll. Im Jahr 2027 soll der Betrag ggf. neu verhandelt werden. 

Im Gegensatz zum Hochschulpakt 2020 soll angesichts stetiger Studierendenzahlen zukünftig nun nicht mehr die Ausweitung der Studienkapazitäten im Vordergrund stehen, sondern die Qualität von Studium und Lehre. Als Schlüsselfaktor dafür gilt vor allem der Ausbau des unbefristeten Hochschulpersonals, welches sich mit Studium und Lehre befasst. Zudem sollen die Mittel zum Beispiel zur Förderung digitaler Mediennutzung und der Adressierung einer heterogenen Studierendenschaft eingesetzt werden können.

An die Länder verteilt werden die Mittel dabei anhand drei gewichteter Kriterien, anstatt wie zuvor nur allein basierend auf der Anzahl der Studienanfänger:innen: Zu jeweils 20% werden die Zahl der Studienanfänger:innen und Absolvent:innen berücksichtigt und mit 60% mit Abstand am höchsten gewichtet wird die Anzahl der Studierenden plus zwei Semester. Das sei, so Isabel Schön, Grund zur Sorge, denn das Kriterium zur Vergabe der Mittel könne Anreize setzen, Studierende nach Ablauf der Regelstudienzeit plus zwei Semester zu exmatrikulieren. Vor allem mit Blick auf die Tatsache, dass die Studiendauer aus verschiedenen Gründen seit Jahren ansteige. Dementsprechend lautet der gemeinsame Appell des fsz und der GEW Studis an Länder und Hochschulen "auch weiterhin lebenslanges, interessengeleitetes Lernen an Hochschulen zu ermöglichen".

Während seitens der GWK zwar betont wird, dass die Mittel vor allem zum Ausbau unbefristeter Stellen verwendet werden, sind die Landesregierungen jedoch nicht dazu verpflichtet worden die Mittel oder auch nur einen Teil für diesen Zweck wirklich einzusetzen. Vielmehr bleibt es den Ländern überlassen, bis Ende des Jahres Verpflichtungserklärungen für die jeweilige Verwendung der Mittel zu erstellen: In diesen sollen in Absprache mit dem Bund die strategischen Ansätze und Schwerpunkte jedes Bundeslandes festgelegt werden. Die Länder werden lediglich dazu verpflichtet die Betreuungssituation als Bestandteil der Verpflichtungserklärung darzustellen. Welche Maßnahmen und Ziele sie daraus ableiten, bleibt jedoch ihnen überlassen.

Innovation in der Hochschullehre

Bisher als Qualitätspakt Lehre in Kraft wurde der Pakt im Rahmen der GEW nicht nur in Pakt für Innovation in der Hochschullehre umbenannt, sondern auch die Mittel von bisher 200 auf 150 Millionen Euro pro Jahr gesenkt. Wie zuvor hält die GWK jedoch weiterhin an dem Konzept fest, die Mittel wettbewerblich auszuschreiben und projektbasiert an die Institutionen zu vergeben. 

Während also die Verbesserung der Betreuungssituation durch mehr unbefristetes Personal an Hochschulen erklärtes Ziel der GWK ist, wird weiterhin auch in großem Rahmen die befristete projektbasierte Forschung an Hochschulen gefördert. Dementsprechend äußerte sich Sabrina Arneth der GEW Studis zu dem Thema wie folgt: "Die Frage ist, ob das Ziel – die Erhöhung der Qualität der Lehre an den Hochschulen – durch wettbewerbsartig ausgeschrieben Drittmittel erreicht werden kann. Durch Projektförderung werden im Zweifel wieder Sachgründe für Befristung geliefert." Die Förderung von Innovation sei zwar wichtig, so Arneth weiter, allerdings bräuchte die Hochschule eine solide Grundfinanzierung, um positive Projekte auch dauerhaft fortführen und ausweiten zu können. Ebenso müsse "endlich Schluss sein mit dem Befristungswahnsinn an Hochschulen".

Universitäre vs. außeruniversitäre Forschung

Der Dritte Pakt, für Forschung und Innovation betrifft ausschließlich die Finanzierung der vier außeruniversitären Forschungseinrichtungen: die Forschungsorganisation Frauenhofer, die Helmholtz-Gemeinschaft, die Leibniz-Gemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Dieser wurde im Rahmen der GWK bis 2030 fortgeschrieben, sodass wie bisher der Etat, der bereits jetzt bei ca. zehn Milliarden Euro liegt, jedes Jahr um drei Prozent erhöht wird.  

Auch hierzu äußerte vor allem die GEW in einer separaten Pressemeldung Kritik. Denn da für die Hochschulförderung lediglich eine einmalige Etat-Steigerung vorgesehen sei, werde das Budget der DFG – dem größten Drittmittelgeber deutscher Hochschulen – weit schneller anwachsen als die Hochschulhaushalte. Das habe schließlich zur Konsequenz, dass das Verhältnis von Grund- und Drittmittelfinanzierung von Hochschulen sich weiter zu Lasten der Grundfinanzierung verschieben werde.

 

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