Student der JGU Mainz trifft Empfänger seiner Stammzellenspende

23.04.2017
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"Mir wurde gesagt, die Wahrscheinlichkeit ausgewählt zu werden, sei geringer als im Lotto zu gewinnen." Weltweit sind nur etwa 30 Millionen Menschen als Stammzellenspender registriert, einer davon ist der Mainzer Studi Max Jeckeln. 2011 wurde er für eine Spende ausgewählt, letztes Jahr traf er ihren Empfänger.

Bevor Max Jeckeln sein Studium an der Uni Mainz begann, absolvierte er neun Monate lang den Grundwehrdienst. 2009 nahmen er und einige seiner Kameraden das Angebot seiner Kompanie wahr, sich als Stammzellenspender registrieren zu lassen. Dazu muss man eine Speichel- oder eine Blutprobe abgeben. Man kann sich auch direkt beim Blutspenden registrieren lassen. So machte es auch damals Max: "Die Ärzte nahmen mir nach der Blutspende einfach noch ein bisschen mehr Blut ab und das war's eigentlich."

Für einen ein bisschen Spucke, für andere die letzte Chance

Zu diesem Zeitpunkt kämpfte der 48-jährige Familienvater Lawrence Trace aus der walisischen Hauptstadt Cardiff bereits seit vier Jahren gegen eine seltene Form des Blutkrebs. 2005 hatte er die Diagnose "Hodgkin-Lymphom" erhalten. Damals wusste er noch nicht, dass ihm jahrelange und körperzehrende Strahlen- und Chemotherapie bevorstanden – ein Kampf, den seine eigene Schwester nur ein Jahr nach seiner Diagnose verlieren würde.

Zwei Jahre bevor sich Max typisieren ließ, hatten Lawrences Ärzte bereits versucht, ihm körpereigene Stammzellen zu transplantieren, doch auch das blieb erfolglos. Der Krebs kam zurück, wieder und wieder. "2011 hatte ich den dritten Rückfall", erzählt Lawrence. "Da war klar, jetzt kommt nur noch eine Stammzellenspende in Frage. Das war meine letzte Chance." Aber in Lawrences familiärem Umfeld gab es keinen passenden Spender. "Es musste auf der ganzen Welt gesucht werden. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spender gefunden wird, war sehr gering."

Einer aus 14 Millionen

Doch entgegen aller Erwartungen wurde ein Stammzellenspender für Lawrence gefunden. Ein 21 jähriger Mann aus Deutschland, oder: Max Jeckeln, mittlerweile Student der Linguistik an der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz. "Am Telefon wurde mir gesagt, dass ich als Stammzellenspender ausgewählt wurde, es sei eine hundertprozentige Übereinstimmung", erzählt Max. "Die Ärzte sagten mir, dass es noch zwei andere Spender gibt, die in Frage kämen. Aber bei den anderen beiden lag die Übereinstimmung nur bei etwa 70 Prozent. Da habe ich eigentlich gar nicht gezögert und zugesagt."

Auch Lawrence und seine Familie wurden darüber informiert, dass ein passender Spender für ihn gefunden wurde. "Die Chance, dass wir Max finden, lag bei 1:14 000 000. Das ist natürlich fantastisch!" sagt Lawrence. Aber obwohl seine Frau und seine Kinder erleichtert waren, dass ein Spender gefunden wurde, könne man sich das nicht wie im Film vorstellen. "Ich habe keine Freudensprünge gemacht, nein. Ich war damals seit Jahren schwer krank, ich hatte meine Schwester wegen einer ganz ähnlichen Krankheit bereits verloren und ich sah auch, was das mit meiner Familie macht, wenn die Behandlungen nicht anschlagen. Es war ein letzter Versuch, der genau so fehlschlagen konnte, wie die vorherigen. Ich wusste nicht, ob ich das noch schaffe." Doch seine Familie und Ärzte gaben Lawrence Rückhalt und konnten ihn davon überzeugen, sich der Behandlung zu unterziehen.

Spende? Ja! Und dann?

Lawrences Sorgen bestätigten sich zunächst. Bei einer Stammzellenspende besteht wie bei einer Organspende das Risiko, dass der Körper die Spende abstößt. Die medizinischen Vorkehrungen, die getroffen werden müssen, um das zu verhindern, sind für die Patienten sehr anstrengend und riskant.

Nach ausführlicher ärtzlicher Aufklärung begann auch Max seine Behandlung mit dem Wachstumsfaktor G-CSF, um die Anzahl der Stammzellen in seinem Blut zu erhöhen. "Man hat so für zwei Wochen grippeähnliche Symptome. Aber während der Blutentnahme war das unangenehmste bloß, dass ich über sechs Stunden immer wieder viel Wasser trinken und deswegen die ganze Zeit dringend pinkeln musste", schmunzelt Max.

Bei dieser Art handelt es sich um eine sogenannte periphere Blutstammzellspende, die in achtzig Prozent der Fälle vorgenommen wird. Dabei werden die Stammzellen direkt aus dem Blut entnommen, eine Operation ist nicht notwendig. Bei der selteneren Knochenmarkspende wird dem Spender unter Vollnarkose Knochenmark aus dem Beckenkamm entnommen. Diese Art der Spende birgt nach Informationen des Zentralen Knochenmarkspender-Registers Deutschland heutzutage nur noch das übliche Narkoserisiko. Das entnommene Knochenmark bildet sich innerhalb kurzer Zeit nach.

Auf die Frage, ob er irgendwann in dieser Zeit darüber nachgedacht habe, einen Rückzieher zu machen, antwortet Max: "Ich habe einfach daran gedacht, wer da auf der anderen Seite auf meine Spende wartet. Im Gegensatz dazu war mein Aufwand nicht nennenswert."

Ein Mainzer Student wird zum walisischen Volkshelden

Doch das sieht Lawrence anders: "Max ist ein Held. Ich bin sicher, ohne ihn wäre ich heute nicht hier." Nach einer Stammzellenspende wird zunächst eine zweijährige Informationssperre verhängt, um Konflikte zwischen Spendern und Empfängern zu vermeiden, sollte die Behandlung nicht anschlagen. Lawrence gilt jedoch mittlerweile bereits seit einigen Jahren als krebsfrei.

Nach Ablauf der zwei Jahre wollte er deshalb Kontakt zu seinem Spender aufnehmen. "Ich wollte ihn einfach wissen lassen, dass es funktioniert hat. Dass ich gesund und munter bin." Und auch Max hatte sich bereits nach dem Empfänger seiner Spende erkundigt. Nach ein paar E-Mails war es dann Anfang 2016 tatsächlich so weit. Am Flughafen in Bristol konnte Lawrence den Mann, dem er sein Leben zu verdanken hat, in die Arme schließen. "Als ich Max zum ersten Mal am Flughafen gesehen habe, wusste ich sofort, warum ich wieder so kräftig bin. Er sieht ja aus wie ein Rugby Spieler!", lacht Lawrence.

Seit diesem ersten Treffen hat Max Lawrence und seine Familie mehrmals in Cardiff besucht, und vergangene Woche sind sie seiner Einladung nach Mainz gefolgt. Mittlerweile habe sich eine besondere Freundschaft zwischen ihnen entwickelt, so Lawrence.

Mehr Registrierungen erhöhen Überlebenschancen

Rückblickend sagt Lawrence: "Unsere Geschichte ging um die ganze Welt. Sie haben ein Bild von Max in der Klinik aufgehangen, in der ich behandelt wurde. In Wales kennt ihn jeder!" Unter anderem berichteten die walisische Nationalzeitung Wales Online, iTV und die BBC über die Begegnung der beiden. Lawrence erhofft sich davon, dass sich mehr Leute als Stammzellenspender registrieren lassen. "Die Chancen, einen Spender zu finden, wären viel höher gewesen, wenn sich mehr Leute registrieren lassen würden. Dafür fehlt das Bewusstsein. Besonders Angehörige von Minderheiten leiden darunter, denn für sie gibt es noch viel weniger Spender, die in Frage kommen. Es ist auch besonders wichtig, dass sich junge Leute registrieren."

Selbst Spender werden

Es gibt zwei Wege, sich als Stammzellenspender zu registrieren. Entweder bei der nächsten Blutspende, oder sogar von zu Hause aus. Auf der Website der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) kann man seine Eignung feststellen und sich ein Registrierungs-Set nach Hause bestellen.

Auch Max wünscht sich, dass sich zukünftig mehr Menschen als Spender registrieren lassen. "Ich glaube, viele Leute schrecken davor zurück, weil sie sich Horror-Szenarien ausmalen für den Fall, dass sie als Spender ausgewählt werden. Aber ich wurde die ganze Zeit kompetent betreut und beraten, und ich wusste genau, was mich erwartet. Es war total ungefährlich und unkompliziert."

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