Mit dem am 1. März in Kraft getretenen Änderungsgesetz zum Urheberrecht werden die Vorschriften zur legalen Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material – z. B. Texten, Bildern und Filmen – für Schulen, Hochschulen und Bibliotheken neu geordnet. Die Gesetzesnovelle regelt sogenannte Schrankenregelungen, die das ausschließliche Recht des Urhebers an seinem Werk begrenzt und die direkte Nutzung (z. B. eine Kopie) vereinfacht.
Als Kernstück der Änderungen gelten die folgenden Schranken. Hier werden die Nutzungsmöglichkeiten für Lehre, Forschung und Wissensinstitutionen möglichst konkret benannt:
Die Änderungen sind laut Beschluss des Gesetzes jedoch nicht unbefristet gültig. Nach vier Jahren sollen die Auswirkungen des Gesetzes evaluiert werden und sind deswegen vorerst nur bis zum 1. März 2023 in Kraft.
Für die universitäre Lehre ist die Art und Weise der Vergütung von Urheberrechten eine entscheidende Änderung durch das Gesetz. Es sieht "eine pauschale Vergütung oder eine repräsentative Stichprobe" zur Ermittlung der Nutzung als ausreichend. Die Ende 2016 erwogenen Einzelmeldepflichten für Werke in digitalen Semesterapparaten entfällt. Damit können Universitäten und andere Bildungseinrichtungen über eine Pauschalvergütung an Verwertungsgesellschaften (z. B. VG Wort) die Nutzung bezahlen. Die Nutzerinnen und Nutzer der Werke an der jeweiligen Institution sind dadurch nicht mehr in der Pflicht, sondern die Institution selbst.
Bildungseinrichtungen dürfen Teile eines Werks auch dann ihren Angehörigen in Form von digitalen Semesterapparaten zur Nutzung freigeben, wenn Verlage dafür Lizenzen anbieten. Erweiterte Lizenzen über die gesetzlichen Schranken hinaus können weiterhin vertraglich geregelt werden. Die bisherige Prüfung, ob Lizenzen zu "angemessenen Bedingungen" von Verlagen angeboten werden, entfällt dadurch.
Für die Bereitstellung von Werken an Terminals oder digitalen Leseplätzen in Bibliotheken gibt es nach dem neuen Gesetz starke Einschränkungen. Zum Ausdrucken oder Abspeichern dürfen nur noch maximal zehn Prozent eines Werkes angeboten werden. Im Gegensatz zu Fachzeitschriften sind sogenannte Kioskzeitschriften und Tageszeitungen jetzt generell von der Bereitstellung ausgenommen. Dies bedauert der Deutsche Bibliotheksverband in einer Stellungnahme außerordentlich. Wie sich die Kosten für Bibliotheken bei der Vergütung entwickeln, wird sich erst nach der Verhandlung eines Gesamtvertrages mit den Verwertungsgesellschaften zeigen.
Für die Fernleihe bzw. den Dokumentenversand ist in Zukunft eine Versendung per Email erlaubt. Der mögliche Umfang des Versands ist jedoch von 15 auf zehn Prozent reduziert worden, wobei es weiterhin möglich bleibt, ganze Aufsätze aus Fachzeitschriften zu verschicken (siehe § 60e).
Kaum geändert hat sich das Zitatrecht § 51 UrhG. Dies gestattet, geschützte Werke oder Werkteile in einem eigenen Werk zu verwenden. Zitate sind nur gestattet, wenn ein Zitatzweck vorliegt, der Umfang des Zitats durch den Zweck gerechtfertigt ist, die Quelle angegeben wurde (§ 63 UrhG) und die fremden Werke oder Werkteile nicht verändert wurden (§ 62 UrHG). Hinzugefügt wurde nur die explizite Erwähnung des Rechts auf Nutzung eines Bildes des zitierten Werks, auch wenn dieses eigentlich urheberrechtlich geschützt ist (§ 51 UrHG).
Der Bundestag hatte das Gesetz am letzten Sitzungstag der vergangenen Wahlperiode im Jahr 2017 beschlossen. Kritik an den neuen Regelungen kamen in den Debatten von Seiten der LINKEN und den Grünen. Beide kritisierten, dass die Einführung einer allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsschranke mindestens langfristig der bessere Weg sei und der Einfluss der Verlagslobby im Gesetzgebungsverfahren zu enormen Einschränkungen geführt habe. Außerdem vermisste Petra Sitte (LINKE) eine Regelung zu E-Books und Kai Gehring (Grüne) kritisierte, dass man mit der Befristung des Gesetzes auf fünf Jahre einen Kardinalfehler mache, der für die Beteiligten zu Rechtsunsicherheit führen würde.
Im Gegensatz zur Kritik der Opposition im Bundestag, dass das Gesetz nicht weit genug gehe, sahen die Verlegerverbände VDZ und BDZV im Gesetz eine "teilweise Enteignung". Buch- und Wissenschaftsverlage im Börsenverein des Deutschen Buchhandels hatten sich in einem offenen Brief an die Regierungsspitzen gegen das Gesetz gestellt.
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