Sprichwortkunde: Mein Name ist Hase...

25.03.2016
Freizeit
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Wenn jemand mit einer Sache nichts zu tun haben möchte, dann heißt es oft: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. Aber woher stammt diese sprichwörtliche Unschuldsbehauptung.

Zu verdanken haben wir diesen Satz einem Burschenschaftler und seinem Fluchthelfer, Victor von Hase- Beide studierten im Jahr 1854 gemeinsam an der Universität Heidelberg.

Ob es eine vermeintliche Beleidigung oder eine andere Kränkung der Ehre war, ist nicht überliefert. Jedoch führte ein Zwist zwischen zwei Studenten zu einem Duell mit Pistolen. Zwar waren diese Zweikämpfe durchaus keine Seltenheit unter Burschenschaftlern im post-revolutionären Deutschland der 1850er, aber sie standen unter Strafe. Von der Polizei gesucht, fasste der besagte Student den Plan nach Frankreich zu fliehen und sich der dortigen Fremdenlegion anzuschließen. Bei der Légion Étrangère fragte man Rekruten nicht nach ihrer Vergangenheit und nach besonderer Tapferkeit im Kampf wurde ihnen die französische Staatsbürgerschaft verliehen. Mit der eigenen zur Fahndung ausgeschriebenen Studenten-Legitimationskarte, die zu dieser Zeit als Reisedokument ausreichte, war es für den Gesuchten jedoch nicht möglich die Grenze nach Straßburg zu überqueren. Doch der junge Jurastudent Victor von Hase half dem Kommilitonen. Kurzerhand "verlor" er vor den Augen des Delinquenten seine Karte. Ohne Passbild, das es Mitte des 19 Jhdt. noch nicht gab, schöpften die Grenzbeamten keinen Verdacht und ließen den falschen Hase passieren und in die Republik Frankreich einreisen. Die Legitimationskarte warf der Student direkt hinter der Grenze weg. Sie wurde kurz darauf gefunden und ob des Verdachts von erneuten revolutionären Umtrieben an den Rektor der Universität Heidelberg gesandt.

So wurde Victor von Hase kurze Zeit später vor einem Universitätsgericht zu dem Vorfall befragt. Es zeigte sich, dass der Jurist in spe, bei den Schwurgerichten des Professor Carl Mittermaier gut aufgepasst hatte. Lehrmeister Mittermaier verurteilte die mittelalterlichen Inquisitionsprozesse und deren Aussageerzwingung durch Folter. Für deutsche Prozesse sei es die Pflicht des Anklägers die Schuld des Angeklagten zu beweisen. Dieser müsse sich durch seine Aussage nicht selbst belasten.

Dieser Schule folgend machte Victor von Hase lediglich folgende Angaben:

Mein Name ist Hase, ich verneine die Generalfragen, ich weiß von nichts.

Die Kunde über diese kühne Vorgehensweise verbreitete sich schnell an deutschen Hochschulen und wurde später verkürzt um den juristischen Mittelsatz zum Sprichwort. Trotz oder gerade wegen der provokanten Vorgehensweise des Victor von Hase ging die Angelegenheit glimpflich für ihn aus.

Nach den Osterfeiertagen 1855 schrieb Viktor an seinen Bruder Karl Alfred aus Heidelberg:

Meine Legitimationskarte habe ich ohne alle Fährlichkeit wieder bekommen, nicht einmal dass ein Protokoll aufgenommen worden wäre. Ich wurde dem Universitätsrichter gleich als ‚der Herr aus der französischen Fremdenlegion‘ vorgestellt.

Und am 8. Mai meldete er seinem Freund Max Wedekind: "Pseudo-Hase ist glücklich in der Fremdenlegion – und ich bin hier."

Auch wenn der Verlust des Studierendenausweises heutzutage nicht mehr so streng geahndet wird - denkt daran: Als Fahrkarte solltet ihr den neuen für das Sommersemester ab dem 1. April dabei haben, sonst meckert mindestens der Kontrolleur in Bus und Bahn.

Quellen:

Hase, Karl Alfred von: Unsere Hauschronik. Geschichte der Familie Hase in vier Jahrhunderten, Breitkopf und Härtel, Leipzig, 1898, 342 Seiten.

Schurich, Frank-Rainer: Mein Name ist Hase. In: Das Blättchen 15 (2012), 7.

Mittermaier, Carl Joseph Anton: Die Lehre vom Beweise im deutschen Strafprozesse: nach der Fortbildung durch Gerichtsgebrauch und deutsche Gesetzbücher in Vergleichung mit den Ansichten des englischen und französischen Strfverfahrens. Heyer, Darmstadt, 1834, 508 Seiten.

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