Spielereien und Visionen für offene Kulturdaten

08.12.2018
Freizeit
cbu

Während des Kulturhackathons Cod1ng Da V1nc1 wurden offene Kulturdaten in vielfältigen Projekten verarbeitet. Bei der Abschlussveranstaltung am 1. Dezember im Landesmuseum Mainz vergab eine Jury Preise in mehreren Kategorien.

Viele Projekte und Denkansätze, die bei einem Hackathon entstehen, sind Anfänge, auf die in der Zukunft aufgebaut werden kann. Aline Deicke vom Organisationsteam und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz beschreibt sie als "Versuche, Brücken zwischen der Wissenschaft und der Gesellschaft zu bauen." Die meisten Daten wirken auf den ersten Blick langweilig. Der Vorteil der Hacker sei es, dass sie "total unbeschwert an die Daten rangehen und nicht direkt nach dem wissenschaftlichen Mehrwert suchen." Daten auf ungeahnten Wegen zum Leben zu erwecken, ist auch für Dr. Anne Klammt, Geschäftsführerin vom Mainzer Zentrum für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften Mainzed besonders beeindruckend. Außerdem begeistert sie, "wie hier Leute aus verschiedenen Positionen, Hintergründen und Institutionen zusammenkommen und auf Augenhöhe miteinander umgehen."

Insgesamt 16 von 23 im Oktober gestarteten Projekten haben es über die Ziellinie geschafft. Stephan Bartholmei, einer der Gründer von Coding Da Vinci, merkte bei seiner Begrüßung im Landesmuseum Mainz begeistert an: "Ich durfte gestern Abend die Projektbeschreibungen hochladen und darf sagen, es sind wirklich fantastische Sachen." Die Kreativität der Teilnehmer reichte von visualisierten historischen Schlachtkarten über die virtuelle Anprobe mittelalterlicher Kleider zur modernen Nutzung historischer Posthornklänge, immer vor lehrreichem und unterhaltendem Hintergrund.

In jeweils fünfminütigen Präsentationen stellten die Teilnehmer ihre Arbeit mit digitalen Schätzen aus Museen, Archiven, Bibliotheken und Sammlungen der Öffentlichkeit und ihren Mitstreitern vor.

Wachsendes Interesse an offenen Kulturdaten

"Etwas Neues aus bestehenden Daten zu entwickeln ist lohnens- und nachahmenswert", erklärte Dr. Birgit Heide, Leiterin des Landesmuseums Mainz zu Beginn der Veranstaltung. Vor allem, da die Digitalisierung und neue Medien auch in Museen ein zunehmend stärkeres Thema geworden seien.

Die Veranstalter um Dr. Anne Klammt sind sich sicher, dass es in Zukunft neue Formen der Kulturvermittlung für Museen geben wird. Das wachsende Interesse an öffentlichen Kulturdaten zeige sich auch bei den Teilnehmern dieses Rhein-Main-Hackathons. "Obwohl es ein regionaler Kulturhackathon war, haben auch Teilnehmer über die Grenzen des Gebiets hinaus aus Potsdam und München teilgenommen, weil sich das Format etabliert und einen Bekanntheitsgrad erreicht hat", berichtet Organisatorin Dr. Elisabeth Klein.

Der österreichische Archivar Mag. Thomas Just fragte in seiner Rede provokant: "Hacken Sie schon oder archivieren Sie noch?" Er hob die Bedeutung der Öffnung und der Nutzung digitaler Daten aus Archiven, Museen, Bibliotheken und Sammlungen hervor. Staatssekretär Prof. Dr. Salvatore Barbaro betonte, dass der Hackathon Coding Da Vinci eine gute Möglichkeit sei, um die Potenziale offener Kulturdaten spielerisch zu erproben. Besonders mit Blick auf das europäische Kulturerbejahr 2018 mit dem Motto "sharing heritage".

Jurygewinner und Publikumslieblinge

Eine Jury aus sechs renommierten Fachleuten der Bereiche Informatik, Design, Archivwesen und kreatives Coden vergab Preise in vier Kategorien: most technical, most useful, most performing und most innovative.

Großer Gewinner des Hackathons 2018 war Leander Seige mit seiner WebApp "ANTLITZ.NINJA". Mit ihr können Kunstwerke der Vergangenheit kreativ umgestaltet werden, um beispielsweise Profilbilder zu entwerfen. Neue Kunstwerke entstehen durch zufällige Verbindungen von Augen-, Nasen- und Mundpartie von verschiedenen gemalten Persönlichkeiten. Dabei spielen Zufall, das Können der Maler und die eigene Inspiration eine Rolle. Als Grundlage dienten ihm Daten des Städelmuseums in Frankfurt. Dafür verlieh ihm die Jury die beiden Auszeichnungen "most technical" und "most innovative".

Auf dem Gebiet "most useful", also der Nützlichkeit, beeindruckte das Projekt "Friedrich III. spricht". Hier stellten sich die Entwickler die Frage, wie es wäre, wenn man mit einem toten Kaiser sprechen könnte. Mit ihrem Projekt lassen sich historische Figuren über die Alexa-Sprachassistentin von Amazon zum Leben erwecken. Eine Idee, die den Machern nach auch für Museen der Zukunft spannend sein dürfte. Daniel Koller aus dem Team bemerkte: "Es ist spannend, dass die Leute in Museumsarbeit das meiste Potenzial sehen, also Kulturarbeit mit einem zusätzlichen Kanal zu vermitteln."

Das Gewinnerprojekt in der Kategorie "most performing" heißt "past forward". Es ist eine Webanwendung, die sich spielerisch mithilfe von Filmausschnitten mit der Kriegs- und Alltagszeit in Deutschland vor 100 Jahren auseinandersetzt. Das Team um Jana Hentschke und Gerd Müller war überrascht, aber erfreut mit diesem Preis ausgezeichnet worden zu sein, "denn das heißt, dass wir eine runde, funktionsfähige Anwendung erstellt haben", erklärt Gerd Müller.

Bei der Publikumswahl gab es mit 79 abgegebenen Stimmzetteln laut Bartholmei so viele wie nie zuvor. Die Auszählung ergab einen Gleichstand und deshalb teilen sich die Webanwendungen "Monster Melodies" von Anett Gesierich und Felix Werthschulte sowie "Artific" von Malgorzata und Piotr Cabaj in dieser Kategorie die Publikumsgunst. Alle Projekte des Hackathons können online frei genutzt und weiterentwickelt werden.

Die Veranstalter

Bei Coding Da Vinci sollen neue Strukturen geschaffen werden, die die Zusammenarbeit zwischen Kulturinstitutionen und Zivilgesellschaft durch freie Daten ermöglichen. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Digitalen Bibliothek, der Open Knowledge Foundation Germany e. V., der Servicestelle Digitalisierung Berlin und Wikimedia Deutschland e. V. Zu den Kooperationspartnern aus Mainz gehören das Mainzer Zentrum für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften, die Universitätsbibliothek und die Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz.

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