Saufen für die Wissenschaft – ein Selbstversuch

24.08.2014
Studium, Freizeit
ml

Sich als Proband kontrolliert auf 1,5 Promille saufen, um für die Wissenschaft herauszufinden, ob man mit diesem Pegel noch Fahrradfahren kann. Unser Redakteur Max Lindemann hat es ausprobiert.

Unter der Devise „ Wir wollen zeigen, dass wir auch mit wesentlich mehr als dem Grenzwert noch Fahrradfahren können.“ waren wir angetreten. Dennoch schien uns dieser Promillewert durchaus einfach zu erreichen. Im Rahmen der Studie zur „Alkoholintoxikation beim Fahrradfahren“ von Doktorandin Katja Luchmann sollte eine Trinkabendsimulation von 11 bis 17 Uhr durchgeführt werden und wir uns in drei Schritten auf 1,5 Promille Blutalkohol hochtrinken.

Das sollte doch kein Problem sein, oder?

Nach einem ausgiebigen Frühstück liefen wir zur Leichtathletikhalle im Sportbereich des Campus. Dort angekommen ging es ohne Umschweife los: Bier oder Wein? Eine Frage, die wohl auch für trinkfeste Studierende zu dieser morgendlichen Stunde, recht außergewöhnlich ist. Aufgrund der Erfahrung mit der ersten Testgruppe erklärte die Doktorandin, dass mit Bier allein das Pensum wohl nicht zu schaffen sei. Da sich dennoch alle Probanden für Bier entschieden, stand direkt die zweite Entscheidung an: Ramazotti oder Obstler als Zusatz-Stoff? Mein  Pensum für den Sprung auf 0,5 Promille: Zwei Bier, zwei Obstler.

Drei Parcours

Vor dem ersten Schluck organisierte die Studienleiterin eine erste Testrunde durch die drei Parcours. Einmal drei Achter-Bahnen in die eine und dann in die andere Richtung, dann ein Slalomparcours mit drei Wiederholungen und schließlich eine Gasse mit plötzlich einrollenden Bällen, an deren Ende ein Bildschirm stand. Hier hieß es das kurz aufblinkende Signal zu interpretieren, links bzw. rechts abzubiegen oder stehenzubleiben. Nüchtern lief dies mit vorsichtiger Neugier und vollem Schutz durch Helm und Schoner reibungslos.

Schnellere Durchlaufzeiten

Jetzt, aber Prost! Nicht zögern, denn sonst würde der Trinkplan ins Stocken geraten. Kaum hatte ich  meine promillehaltige Getränkeration intus, zeigte das Alkohol-Puste-Gerät auch schon fast die gewünschten 0,5 Promille an. Klasse, also startete ich meine zweite Runde in den Parcours. Die schon im ersten Durchlauf gelernten Radien und Abläufe liefen auf einmal viel flüssiger, ob nun aufgrund von Gewöhnung oder Enthemmung konnte ich nicht mehr trennscharf bestimmen. Auf dem Zettel der Doktorandin wurden auf jeden Fall schnellere Zeiten für diesen Durchgang festgehalten als für die Runde vor dem ersten Schluck.

Spaß und Zweifel

Der Spaß ging jetzt aber erst richtig los. Die angehende Ärztin „verschrieb“ mir dieses Mal noch einen Schnaps mehr. Etwas überraschend war es dann doch, dass der Alkohol trotz früher Stunde gut die Kehle runterlief und eine Leichtathletikhalle mithilfe der PC-Boxen des Hallenwarts zu einer echten Partylocation werden kann. Die zweite Hürde war genommen: 1,0 Promille. Nun wuchsen neben meinem Spaß auch die Zweifel, ob ich die Leistung vom letzten Mal wiederholen könnte. Aber ich schien aus meiner doch schon ein ganz klein wenig verengten Sichtweise das Fahrrad sehr erfolgreich zu steuern. Leichte ruckhafte Lenkkorrekturen verfehlten ihr Ziel nicht. Keine Hütchen umgeworfen; den Bällen tapfer die Stirn geboten!

Qigong als Lösung?

Der kurze Plausch mit der für chinesische Meditation (Qigong) zuständigen Mitarbeiterin auf dem Flur war recht amüsant und sie war sich nach meinen Schilderungen sicher, dass eine sportwissenschaftliche Bewegungsanalyse die rechtsmedizinische Forschung noch gut ergänzen würde. Doch meine Aufgabe als Proband war es jetzt nicht einen wissenschaftlichen Versuchsaufbau zu durchdenken, sondern die letzte Hürde von 1,5 Promille zu nehmen. Also noch einmal zwei Bier und drei Schnaps. So langsam kam es mir vor, als könnte vielleicht nur noch chinesische Meditation helfen, um mich noch richtig zu konzentrieren. Im Laufe meines Lebens habe ich schon den einen oder anderen alkoholinduzierten Rausch genossen, aber bis auf ein oder zwei Ausnahmen war ich mir nun sehr sicher, dass ich es wohl doch noch nicht auf dieses, nach deutscher Rechtsprechung noch fahrradfahrtaugliche, Level geschafft hatte. Als dann das Messgerät nur 1,28 Promille anzeigte, traute ich meinen Augen nicht. Auf diesen Schreck musste ich erst mal zwei Schnaps trinken. Immerhin brachten diese mich dann noch auf die gewünschten 1,5 Promille. Noch sicher Fahrrad zu fahren, daran war mit gefühlten mehreren Prozent Blutalkohol, nicht mehr zu denken. Das eine oder andere Begrenzungshütchen musste dran glauben und die reinrollenden Bälle interessierten mich, nachdem sie endlich in mein stark verengtes Blickfeld gerollt waren, auch nicht mehr wirklich.

Party zu Ende

Nun war die Party auch geplanter Weise zu Ende, für mich wäre es auch nicht mehr wirklich weiter gegangen. Vielen Dank für den Taxidienst der Studienleitung in die WG und danke an diejenigen von uns, die irgendwie noch in der Lage waren, Pizza für alle zu bestellen. Mit halb geschlossenen Augen habe ich dann wohl auch noch gegessen. Draußen war es noch ungewohnt hell; für mich aber ging  jetzt das Licht aus. Deswegen konnte ich mein Fazit auch erst am kommenden Tag verfassen. Erstens – keine Kopfschmerzen! Zweitens - das Vorhaben, den Grenzwert nach oben zu verschieben, hatte sich in Luft aufgelöst. Vielleicht ist diese Idee mit einer neuen Grenze unterhalb der 1,6 Promille gar nicht so falsch.

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