Was passiert, wenn ein deutscher, christlicher Verein im jüdischen Staat Israel versehentlich Grundbesitzer des Landstücks ist, auf dem der einzige erhaltene frühislamische Palast des Landes steht? Die eben beschriebene Szenerie begegnet uns am idyllischen Ufer des Sees Genezareth bei Tabgha und in dieser wahren Geschichte spielt nun auch die Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine Rolle.
Der erste Teil einer Reportage von Nina Termin vom Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie im von Institut für Altertumswissenschaften.
Ein Strang der Geschichte beginnt indirekt mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zum Staat Israel 1965: Zum 50-jährigen Jubiläum dieser Bande 2015 unterstützt das Auswärtige Amt insbesondere deutsch-israelische Projekte im Rahmen seines Kulturerhalt-Programms.
Eines der Projekte, das unter den vielen Bewerbungen als förderungswürdig befunden wurde, ist das Projekt um den frühislamischen Kalifenpalast von Khirbat al-Minya, eingereicht von PD Dr. habil. Hans-Peter Kuhnen, Dozent für provinzialrömische und biblische Archäologie am Institut für Altertumswissenschaften der JGU. 30.000 Euro gewährt das Auswärtige Amt dem Wissenschaftler, um erste Maßnahmen zur Konservierung und besseren Präsentation der historischen Anlage einzuleiten.
Es ist vielleicht die Chance, auf die diese bedeutende Stätte die letzten 75 Jahre vergeblich gehofft hat – die allerletzte Chance zudem! Denn seit seiner großflächigen Ausgrabung durch deutsche Archäologen in den 1930er Jahren verfällt der Palast, ungeschützt Wind, Wetter, Vegetation und Vandalismus ausgesetzt, zusehends.
„Mit 30.000 Euro können wir keine großen Sprünge machen. Aber wir wollen ein Zeichen setzen, Aufmerksamkeit schaffen dafür, dass wir es hier mit einem in seiner Erhaltung in Israel einzigartigen archäologischen Erbe zu tun haben, das unbedingt schützenswert ist“ sagt Kuhnen, der sich seit sechs Jahren mit dem Palast beschäftigt und zusammen mit seiner Kollegin Franziska Bloch vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) 2014 einen archäologischen Führer zur Anlage veröffentlicht hat.
Kuhnen hat das Projekt unter den Titel „Return to Restore“ gesetzt: Deutsche Archäologen kehren nach einem dreiviertel Jahrhundert an den Ort der Ausgrabung ihrer Vorgänger zurück, um verantwortungsbewusst ihr konservatorisches und restauratorisches Erbe anzutreten. „Durch dieses Pilotprojekt hoffen wir, Förderer auch für die Zukunft zu gewinnen, sodass die komplette Anlage irgendwann angemessen geschützt und dem Publikum präsentiert wird. Jetzt arbeiten wir Stück für Stück“, erklärt er das Vorgehen.
Kuhnen unternahm im Juni 2015 mit dem Weimarer Restaurator Tobias Horn eine Reise nach Israel, um sich ein erstes Bild der zu behebenden Schäden und der erforderlichen Maßnahmen zu machen. „Das letzte Mal war ich im November 2014 hier. Sogar in dieser kurzen Zeit hat die Ruine augenscheinlich noch mehr Schaden genommen“, meint Kuhnen besorgt.
Unrat und Vegetation können nicht verbergen, welch beeindruckenden Anblick selbst der unvollendet gebliebene Palast einst geboten haben muss und welche Pracht mit seiner Fertigstellung entfaltet werden sollte: Blendend weiß erhob sich auf einem schwarzen Basaltsockel das heute verwitterte Quadermauerwerk aus Kalkstein auf einer Fläche von 70 x 70 Metern.
Im Schutz dieser zinnenbekrönten und mit Eck- und Mitteltürmchen versehenen Außenmauer gliederten sich mosaik- und marmorverzierte Empfangssäle, Wirtschafts- und Wohnräume auf zwei Stockwerken um einen gepflasterten, säulengerahmten Innenhof. Somit stellt Khirbat al-Minya ein Paradebeispiel der frühislamischen Herrschaftsarchitektur dar, ein sogenanntes Wüstenschloss, wie sie häufiger in der jordanischen und syrischen Wüste zu finden sind. Eine aufsehenerregende Besonderheit seit ihrer Entdeckung 1937 ist die in den Palast integrierte Moschee in der südöstlichen Ecke der Anlage, die zu den frühesten bekannten Moscheen im Heiligen Land zählt und auch der umliegenden muslimischen Bevölkerung zugänglich war.
Den zweiten Teil findet ihr hier.
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