Mit verschrenkten Armen stehe ich vor unserer Küchentür. Misstrauisch beäuge ich das Stück Papier vor meinen Augen. Das sollte er nun sein? Das sollte die Lösung für all unsere Probleme sein? Das sollte der ultimative Putzplan sein? Ich kippe meinen Kopf und versuche die Logik hinter den Spalten zu verstehen. Es gibt drei Spalten. Eine für das Datum, eine mit der Überschrift Küche, eine mit der Überschrift Bad. In die leere Datum-Spalte wird wohl der Tag eingetragen, an dem geputzt wurde. Und in die anderen Spalten?
"Paaaaul?", rufe ich.
"Jaaa?", kommt als Antwort.
"Ich verstehe den neuen Putzplan nicht!"
Paul kommt etwas genervt aus seinem Zimmer. Wahrscheinlich habe ich ihn gerade beim Zocken gestört. "Naja, da kommt das Datum rein, wann man geputzt hat und der eigene Name bei dem, was man geputzt hat."
"Aha. Und was ist mit dem Flur?"
"Na, der ist doch bei der Küche dabei."
"Achso ja, stimmt. Aber so kann man ihn ja vergessen… Na gut. Und woher weiß man, wann man putzen muss?"
"Naja, man muss halt auf das Datum von davor achten."
Paul setzt Wasser auf, um sich einen Kaffee zu machen, während ich weiterhin den Plan anstarre. Ich hatte zwar noch offene Fragen, behalte sie aber für mich. Er hat sich endlich dazu durchgerungen einen eigenen Plan zu entwerfen, nachdem er mit denen von Clara und mir nicht so zurecht kam. Ich werde das schon hinbekommen. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich den anderen Versionen hinterhertrauere.
Meine erste Version fand ich nach wie vor am besten. Hier war alles bereits geplant, über zwei Monate hinweg. Es gab ein Datum und die Namen standen auch schon drin. Man musste sich nur dran halten und seinen Namen dann mit einem Häckchen versehen. Am Anfang fehlte das Häkchen, geputzt war trotzdem. Das war ja nicht weiter schlimm. Doch durch Prüfungsstress und andere Probleme schaffte es mal einer nicht, das Putzdatum (das ca. drei Tage umfasste, in denen man putzen konnte) einzuhalten. Schon war alles verschoben. Der Plan hing irgendwann nur noch als Deko da. Und um den Eindruck zu vermitteln, wir seien eine saubere und voll durchgeplante WG.
Es musste also eine neue Idee her, wie wir das Putzen koordinieren konnten. In unserer Küche hängt eine mehr oder weniger genutzte Tafel. Also kam Clara mit der Idee, den Plan da drauf zu schreiben.
Sie schrieb in zwei Zeilen: K/F: C; B: P. Wurde geputzt, schrieb man das Datum dahinter und den Buchstaben der Person, die als nächstes putzen musste. Clara und ich kamen mit dem Plan ganz gut zurecht, nur Paul nicht. Er vergaß jedesmal darin zu vermerken, dass er geputzt hatte. Irgendwann vergaß er sogar, auf die Tafel zu schauen. Dieser Plan erstarrte ebenfalls.
In der ersten Zeit danach kommunizierten wir in unserer WhatsApp Gruppe, wer was putzen musste. Doch das forderte große Eigendisziplin. Ich ahnte zwar, dass ich diese Woche mit dem Bad dran war, aber ich musste mich doch überwinden, das nicht einfach so zu vergessen. Ich fragte nach und erhielt die Antwort. Ja, ich war dran. Da ich es zwar selbst gerne sauber mag, aber dennoch irgendwie Druck brauche, um den Putzplan einzuhalten, bat ich um eine neue Idee, als nur die Regelung über WhatsApp. Und jetzt hing dieser Plan dort. Ich war gespannt, wie wir uns daran halten würden.
"Ach übrigens", reißt mich Paul aus meinen Gedanken, "ich wollte mir gestern Abend noch etwas Gemüse braten. Und das Olivenöl war leer."
Zerknirscht drehe ich mich um. "Ja, das stimmt, das habe ich leer gemacht. Tut mir Leid, ich kam nicht mehr dazu, neues zu kaufen."
"Ist ja nicht schlimm, war nur ärgerlich weil ich davor gerade einkaufen war. Also schreib mir am besten, wenn du was leer machst."
"Wird gemacht." Paul wirkte wirklich nicht sauer und er wusste, ich würde daraus lernen. Doch leider kam es des Öfteren vor, dass man manchmal eines der gemeinsamen Produkte vergeblich suchte, weil derjenige, der es aufgebraucht hatte nicht zum Nachkaufen kam. Aber wozu war unsere Tafel denn da? Wir beschlossen, leere Dinge auf die Tafel zu schreiben, damit die, die einkaufen gehen, sie nachkaufen können. Das funktioniert sogar ganz gut. Sogar so gut, dass wir Produkte doppelt einkaufen, weil vergessen wurde, sie von der Liste zu streichen.
Wir kaufen viel gemeinsam ein. Von der Zewa-Rolle über die Marmelade bis zur Butter. Ansonsten teilen wir auch gerne mal unsere 'eigenen' Lebensmittel miteinander und helfen uns zum Beispiel gegenseitig mit Milch oder Eiern aus. Wie schaffen wir es mit dem gemeinsamen Einkauf für Ausgleich zu sorgen? Wir schreiben jedes Produkt mit Preis auf eine Liste und rechnen am Ende alles zusammen um demjenigen Geld zu geben, der zu viel gezahlt hat.
Eine Woche später stehen Clara und Paul in meinem Zimmer und sehen mich mitleidig an. Ich liege krank im Bett. "Es tut mir Leid Leute, ich kann diese Woche meinen Putzplan leider nicht einhalten", gebe ich nur resigniert von mir. Das wird wohl nie was mit dem Putzplan. Aber irgendwie schaffen wir es trotzdem immer wieder, dass es bei uns noch wohnlich bleibt. Naja, fast immer./typo3/ ;)
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