Wie ist die Situation in Mainz?
Im Juni veröffentlichte das ALLEFLINTA*Referat der Johannes Gutenberg-Universität auf Instagram einen Post, der einen Pick-Up- Artist in Mainz und Umgebung behandelte. Er hält sich besonders an den Mainzer Wohnheimen, im öffentlichen Nahverkehr, in der Mainzer Innenstadt und auf dem Campus Mainz auf. Der Pick- Up-Artist in Mainz gibt sich regelmäßig als Medizinstudent aus, benutzt aber wechselnde Namen. Er fragt weiblich gelesene Personen nach dem Weg oder bittet diese um Hilfe, um ihre Telefonnummer zu erhalten. Gegen ihn läuft bereits ein Gerichtsverfahren aufgrund sexueller Belästigung. Laut dem ALLEFLINTA*Referat sollte die Mainzer Polizei informiert werden, von deren Seite gibt es allerdings keine Neuigkeiten.
Was ist ein Pick-Up-Artist und was ist seine Ideologie?
Kurz gesagt sind Pick-Up-Artists (PUA) Aufreißkünstler. Männer, die gezielt weiblich gelesene Personen aufreißen wollen. Abgekürzt werden sie auch PUA genannt. Oft bewegen sie sich in größeren Gruppen, die man als antifeministisch, sexistisch und manipulativ beschreiben kann. Sie nutzen verschiedene Verhaltensweisen und psychologische Methoden, um weibliche Personen sexuell zu verführen.
Innerhalb der Pick-Up-Szene geht es darum, Alphamännlichkeit zu produzieren und dominant zu wirken. Ihre Methoden sind oft manipulativ und sexistisch. Weibliche Perspektiven kommen nicht vor. In der Szene gibt es sogar verschiedene Seminare von sogenannten Gurus, die besucht werden können und in denen die Ideologie und die Methoden der Pick-Up-Artists verbreitet und gelehrt werden.
Die Pick-Up-Szene hat ihre Ursprünge in den USA und gründet auf dem Buch "How to get the women you desire into bed" von Ross Jeffries. Die meisten Ideologien der Pick-Up-Artists stammen auch heute noch ursprünglich daher. Bekannter wurde die Pick-Up-Szene auch durch das Buch "The Game" und den Artikel "He aims! He shoots! Yes!" von Neil Strauss oder die Reality-TV-Show "The Pickup-artist". Neil Strauss gilt als bekannter Vertreter der Szene.
Ideologisch gehen die Pick-Up-Artists von einer natürlichen Überlegenheit des Mannes gegenüber der Frau aus und sehen diese oft als Objekte an. Eine dominante Männlichkeit wird idealisiert und sexualisierte Gewalt wird oft verherrlicht. Durch das Erlernen von "Pick-Up-Strategien" sollen Männer ihre Möglichkeiten im Wettbewerb um Frauen steigern. Die Zielgruppe dieser Seduction Communities sind oftmals Männer, die allgemein Schwierigkeiten haben, im Datingleben Erfolg zu haben und Gendernormen zu entsprechen.
Pick-Up-Artists sind oft nicht allein unterwegs, wie sich derzeit im Mainzer Fall bewahrheitet, sondern sind oftmals in Gruppen, sogenannten „Lairs“, in Städten organisiert. Mitglieder sind ansonsten über soziale Medien, Foren, Blogs, Newsgroups etc. miteinander verbunden.
Was tun Pick-Up-Artists?
Die Taktiken der PUA sind vielseitig aber in allen Fällen sexistisch und manipulativ. Eine bekannte Taktik ist beispielsweise "push and pull", in der ein ständiges Anlocken und Wegstoßen stattfindet. In einer Bar kann man sich das etwa so vorstellen: Der PUA sieht eine weiblich gelesene Person, die ihm gefällt und baut Blickkontakt zu ihr auf, schaut dann aber wieder weg und tut so, als würde er sie ignorieren. Dann nimmt er aber zum Beispiel den Kontakt wieder auf und es kommt zu einem Gespräch, er zieht die Person also wieder an. Wenn er sich dann im Gespräch plötzlich wieder abwendet und ihr keine Beachtung schenkt, stößt er sie wieder weg. Daraus ergibt sich dann ein Kreislauf. Es wird eine hegemoniale Männlichkeit und eine männliche Dominanz produziert. Weiblich gelesene Personen seien keine individuellen Subjekte, alle könnten laut der Szene gleich verführt und wie Objekte behandelt werden. Hinter den Sprüchen wie "Man muss ehrlich und direkt und einfach ein Mann sein" oder "Ich hab dich gerade gesehen und du bist super hübsch. Für so ein Kompliment musst du dir doch einfach Zeit nehmen" steht Bedrängung und Grenzüberschreitung. Der offen ausgedrückte Sexismus wird in der Gesellschaft oft verharmlost.
Wo liegen die Gefahren der Pick-Up-Szene?
Die Pick-Up-Szene ist nicht nur sexistisch und antifeministisch, sondern wird auch schon seit einiger Zeit mit rechten Netzwerken in Verbindung gebracht. Auch auf die Überschneidungen mit der sogenannten Incel- Bewegung (Involuntary celibate) wird oft hingewiesen. Dies ist eine Internet-Subkultur von heterosexuellen Männern, die nach eigenen Angaben unfreiwillig keinen Geschlechtsverkehr oder Beziehungen haben und im Zölibat leben. Das Frauenbild ist in beiden Fällen objektifizierend und sexistisch. Es geht darum, dass Frauen zwar eine gewisse soziale Macht zugesprochen wird (sie können sich aus der Sicht der Pick-Up- Artists für Männer entscheiden), diese Position wird aber nicht als gerechtfertigt und stattdessen als Hindernis für Männer angesehen. In beiden Gruppierungen ist die Annahme groß, dass der Feminismus das Problem für Männer im Datingleben darstelle, was an sich schon eine gefährliche Ideologie darstellt und in Verbindung mit rechtem Gedankengut schwere Auswirkungen haben könnte.
Wo gibt es Hilfe?
Wenn man nun im echten Leben einem Pick-Up-Artist begegnet, ist vielleicht nicht ganz klar, was man tun kann. Wenn Du dich selbst mit der Situation nicht wohl fühlst und alleine nicht zurechtkommst, gibt es einige Hilfsangebote die campus-mainz.net hier für Dich zusammengestellt hat.
1) Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen Tel.: 08000116016
2) Frauennotruf Mainz 06131 22 12 13
3) Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung
4) Psychotherapeutische Beratungsstelle der Uni Mainz Tel. : 06131 3922312
5) Wildwasser Wiesbaden Tel. :0611808619
6 ) WEISSER RING e.V. Tel. : 0151 55164819
7) ALLEFLINTA*Referat Uni Mainz: frauen@asta.uni-mainz.de
8) Kripo Frankfurt Tel.: 06975551399
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