Im Botanischen Garten der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) werden seit Februar 2023 zwei Schaugewächshäuser für Kakteen und Sukkulenten tropischer und subtropischer Trockengebiete als Auftakt einer Gesamterneuerung des gesamten Gartens erbaut. Über die Hintergründe des Neubaus, das Bepflanzungskonzept, die Finanzierung und mögliche Herausforderungen hat campus-mainz.net nun mit dem Kustos des Botanischen Gartens, Dr. Ralf Omlor, gesprochen.
Grund für den 2014 beschlossenen Neubau ist vor allem der marode Zustand des alten Kakteen- und Sukkulentenhauses aus dem Jahr 1955, das nicht mehr nutz- und sanierbar ist. Da es sich mit den anderen Gewächshäusern ähnlich verhält, wurde im Auftrag des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung zudem ein detaillierter Masterplan für eine Gesamterneuerung des Botanischen Gartens entworfen. Sofern das Land Rheinland-Pfalz als Geldgeber auch die weiteren Neubauten in seinem Haushalt genehmigt, soll der Garten in den nächsten Jahren also Stück für Stück erneuert werden. Nun ist aber erstmal die Fertigstellung der Schaugewächshäuser für August 2024 geplant.
Bei der Planung der neuen Gewächshäuser wurde unter anderem Wert auf das Thema Energieeffizienz gelegt. So soll die Giebelhöhe von neun Metern eine bessere Klimaführung ermöglichen als in kleineren Gewächshäusern. Zudem sorgt ein modernes Heizsystem für mehr Klimafreundlichkeit. Auch bei der Verglasung wurde auf Energieeffizienz geachtet: Während das alte Gewächshaus eine einfach-Verglasung aufweist, besitzt das neue Gewächshaus eine doppelte Verglasung an den Seiten und eine dreifache Verglasung an der Decke. Verwendet wurden hierbei Spezialgläser, die eine hohe UV-Durchlässigkeit aufweisen. Dies sei gerade für Wüstenpflanzen wichtig, um charakteristische Merkmale wie Bedornungen auszubilden, so Omlor.
In den öffentlichen Gewächshäusern können Schulklassen, Studierende und Interessierte bald einen Rundweg durch die räumlich getrennten Trockengebiete Amerikas sowie Afrikas und Madagaskars unternehmen. Für die einzelnen Regionen kann jeweils eine bis zu vier Meter große und auffällige Leitpflanze bestaunt werden. Ergänzt werden diese durch passende Begleitflora, um so die Lebensgemeinschaften der Pflanzen in verschiedenen Trockengebieten der Welt widerzuspiegeln. Gezeigt werden sollen Nutzpflanzen sowie bedrohte und seltene Arten, aber auch für Lebensräume charakteristische Pflanzen, die bestimmte ökologische Merkmale oder Anpassungsformen zeigen. Die neuen Gewächshäuser sollen ab dem Wintersemester 2024/25 außerdem stärker in der Biologielehre eingesetzt werden, auch, da die bisherigen Häuser zu klein für größere Gruppen sind. Bis die Pflanzenzusammenstellung finalisiert ist, wird es laut Omlor allerdings noch bis zu zwei Jahre dauern. Denn die Begleitpflanzen aus der Natur der Herkunftsländer seien aufgrund hoher Auflagen nicht leicht zu beschaffen, weshalb diese nach und nach ergänzt werden sollen.
„Das wird sicher ein Prozess sein, der ein bisschen dauert, bis wir alles so haben, wie wir es uns im Moment vorstellen. Trotzdem wird das durch die erste Initialbepflanzung von Anfang an schon relativ schnell wirken“, erklärt Omlor. Doch woher genau kommen diese Kakteen und Sukkulenten eigentlich?
Ein Teil der Pflanzen wurde im Februar/März 2023 über eine Spezialgärtnerei auf Gran Canaria zugekauft. Über mehrere Wochen wurden sie von dort aus mit dem LKW in eine weitere Spezialgärtnerei nach Stuttgart transportiert, wo sie nun auf ihren Weitertransport nach Mainz voraussichtlich in der ersten Augustwoche warten. Finanziert werden die Pflanzen sowie die Transport- und Unterbringungskosten über Spendengelder, die vom Freundeskreis des Botanischen Gartens seit Juli 2023 mit dem Ziel von 25.000€ eingesammelt werden. Da das Spendenziel bisher allerdings nicht ganz erreicht werden konnte, sind die Stiftungen des Botanischen Gartens eingesprungen. In Kürze soll der Spendenaufruf erneuert werden, um weitere Elemente wie Schautafeln zu finanzieren.
Ein anderer Teil der Pflanzen stammt aus dem alten Gewächshaus, von dem der ein oder andere Kaktus bereits Anfang Mai 2024 ausgegraben wurde und seitdem in einem weiteren Gewächshaus zwischengelagert wird. So etwa der 3,5 Meter große, 500 Kilogramm schwere argentinische „Cardón grande“-Kaktus, der nach einem komplizierten und kostspieligen Transport mittels Krans auf seinen Umzug wartet. So wie für einige andere zwischengelagerte Kakteen wird es auch für ihn höchste Zeit, im neuen Schaugewächshaus eingepflanzt zu werden. Denn seit Oktober 2023 haben die Pflanzen kein Wasser mehr bekommen. Doch wieso ist die Bepflanzung nicht schon geschehen?
„Wir hatten gehofft, Anfang oder Mitte Juni pflanzen zu können. Seit ein paar Wochen (Anmerkung: Stand 2.7.2024) steht die Baustelle still aus für uns unklaren Gründen und wir warten eigentlich jeden Tag darauf, dass es weitergeht“, beschreibt Omlor die Situation. Denn viel zu tun sei nicht mehr: Nur noch der Rundweg müsse betoniert und das Pflanzensubstrat eingefüllt werden. Erst dann können der seit den 1960er-Jahren im Botanischen Garten lebende „Cardón Grande“ und die anderen Kakteen eingepflanzt werden. Wenn dies geschehen ist, soll auch ein Eröffnungstermin, der aufgrund der baulichen Verzögerungen noch aussteht, festgelegt werden.
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