Neuauflage eines Studienfachs

05.01.2018
Studium
Gastbeitrag von Elisabeth Neuhaus

Im Beifach "Audiovisuelles Publizieren (AVP)" gab es einen Einschreibestopp. Zum Wintersemester 2017/18 durften wieder Erstis an Kameras und Schnittprogramme. Wie geht es mit dem Studiengang weiter?

Eine Pause für ein Beifach

Es war ein Ende auf Zeit. Anfang Januar 2016 teilte der damalige Fachvertreter des Studiengangs AVP, Univ.-Prof. Dr. Karl Nikolaus Renner, in einem Informationsschreiben mit, dass das Journalistische Seminar die Zulassung zu AVP im Wintersemester 2016/17 vorübergehend aussetzen werde. Die Entscheidung begründete Renner damit, dass er Ende September 2016 in Pension gehen werde.

Weiter schrieb er: "Bis jetzt hatte AVP ja nur eine Art Projektstatus, was kein Dauerzustand bleiben kann." Im Rahmen der Neubesetzung seiner Professur solle das Fach weiterentwickelt werden. Dies sei "überfällig", aber wohl auch organisatorisch anspruchsvoll, weshalb der zwischenzeitige Einschreibestopp eine "Umstrukturierung" erleichtern solle. Offenbar versuchte Renner in dem Schreiben, die AVP-Studierenden zu beschwichtigen. Denn er sehe im Einschreibestopp "keine Gefährdung" des Studienfachs, sondern viel mehr einen "unvermeidbaren Schritt, um die Zukunft von AVP und CampusTV Mainz sicherzustellen."

Reformen sind nicht transparent

Inzwischen ist klar: AVP-Studis gibt es noch immer. Auch das Uni-Fernsehen CampusTV, das eng mit dem Studiengang verwoben ist, ist keinesfalls eingestampft worden. Im Wintersemester 2017/18 hat das Journalistische Seminar nun wieder Erstsemester für sein Nebenfach zugelassen. Was sich in der Zwischenzeit getan hat und welche "Umstrukturierungsmaßnahmen" die Verantwortlichen im Domus Universitatis-Gebäude am Höfchen umgesetzt oder geplant haben, ist von außen aber nur schwer nachzuvollziehen.

Gerne hätten wir einen Vertreter des Journalistischen Seminars gefragt, worin sich die Veränderungen konkret ausdrücken werden. Gespräche darüber verzögerten sich immer weiter "innerhalb der Institutsleitung". Mittlerweile ist Univ.-Prof. Dr. Katja Schupp, die auf Renner folgte, für den Studiengang verantwortlich.

Auf der Webseite des Journalistischen Seminars ist jedenfalls weiterhin das seit 2012 gültige Modulhandbuch abrufbar. Dass derzeit auf Basis dieses Plans studiert wird, bestätigt uns auch Philipp (Name von der Redaktion geändert), ein AVP-Studierender im ersten Semester. Am Aufbau des Studiums scheint sich also vorerst nichts geändert zu haben. Aus Seminarkreisen erfahren wir hierzu: Das Modulhandbuch werde momentan überarbeitet.

Begrenzte Kapazitäten und Zulassungsprobleme

Der Studiengang AVP ist generell ein sehr nachgefragtes Beifach. Da es aber nur wenige Plätze gibt, ist der NC traditionell vergleichsweise hoch. Offiziell werden pro Jahrgang nur 16 Leute zugelassen. Auf diese 16 Plätze sollen zuletzt über 400 Bewerbungen gekommen sein. So lag der NC im Wintersemester 2015/16, dem Letzten vor dem Einschreibestopp, bei 1,5. Im Wintersemester 2017/18 lag er mit 2,1 etwas niedriger.

AVP-Erstsemester Philipp begründet das damit, dass deutlich mehr Studierende als die üblichen 16 zugelassen worden seien – offenbar wegen eines Fehlers beim Nachrückverfahren (NRV). Der Grund: Das Interesse am Studiengang sei von Seiten der Uni unterschätzt worden, beim NRV sagten mehr Personen zu als gedacht. Knapp 25 AVP-Erstsemester gibt es nun. Diese Überbelegung schlage sich vor allem in der hohen Auslastung der kleinen Räume im Domus Universitatis nieder, das gibt uns gegenüber auch ein weiterer Ersti zu Protokoll. Da komme es schon mal vor, dass Nachzügler bei Seminaren stehen müssten. Zu einer Entlastung wird es wohl erst mit dem geplanten Medienhaus auf dem Campus kommen.

Projektstatus sorgte immer wieder für Probleme

In einem früheren Semester hatte es schon einmal eine ähnliche Zulassungsbeschränkung gegeben. Was in anderen, theorielastigeren Studiengängen weniger dramatisch ist, ist für AVP ungleich schwieriger. Schließlich steht hier das Equipment, mit dem gearbeitet werden muss, nur in begrenzter Zahl zur Verfügung. Ein Beispiel für den von Renner beschriebenen "Projektstatus" des Studiengangs? Immerhin ist AVP noch relativ jung, im Wintersemester 2010/11 wurden erstmals Studierende zugelassen.

Ein Testcharakter sei oftmals noch zu spüren gewesen, bestätigt uns ein AVP-Absolvent, der sein Studium 2015 schon abschloss. Erstsemester Philipp teilt diese Beobachtung. Das praxisbezogene Studium mache ihm zwar Spaß, derzeit störe er sich aber vor allem an den überfüllten Räumen. Auch an der Bekanntheit des Studienangebots könne das Journalistische Seminar noch arbeiten, findet er – und bezeichnet den Studiengang als „ungeschliffenen Rohdiamanten“.

 

Digitalisierung könnte Interesse ankurbeln

Die Gesprächspartner berichten nicht zuletzt von einem Studiengang, der durch seine Praxisorientierung viel Zeit in Anspruch nimmt. Deutlich mehr als andere Nebenfächer. Klar: Wer AVP studiert, muss an Beiträgen für CampusTV mitarbeiten, sie konzipieren, filmen, schneiden. So steht es (noch) im Modulhandbuch. Und das kostet Zeit, meist hunderte Stunden.

Es ist wahrscheinlich, dass das Interesse an einem Fach wie AVP in absehbarer Zukunft erst einmal nicht abreißt. In Zeiten von Netflix und Amazon Prime Video dürften sich viele Studis gute berufliche Chancen ausrechnen, wenn sie lernen, wie man eine Kamera bedient, einen ordentlichen Ton aufnimmt und Videos schneidet. Diesem Interesse müssen die Uni, das Institut für Publizistik (IfP) und das Journalistische Seminar entsprechen.

 

Wie kann es weiter gehen?

Wenn der Studiengang im Zuge einer (möglichen) Modernisierung – und Integration ins neue Medienhaus auf dem Campus – stärker umworben werden und quasi zum Aushängeschild werden sollte, muss natürlich auch für mehr Equipment und höhere Kapazitäten gesorgt sein. Man hat sich dem "Rohdiamanten" schließlich angenommen. Die Ergebnisse dürften aktuelle wie zukünftige Studierende gleichermaßen interessieren.


Dieser Artikel wurde in ähnlicher Form im Publizissimus, der studentischen Fachschaftszeitung der Publizisten, im Wintersemester 2016/17 veröffentlicht. Die Bearbeitung für die Redaktion von campus-mainz.net übernahmen Daniel Böcher und Elisabeth Brachmann. Dem Publizissimus kann man auf Facebook und Instagram folgen.

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