Muss das Logo weg?

29.03.2015
Campus-News
ml

Nichts wird derzeit in Mainz emotionaler diskutiert, als die Frage, ob das Logo des Mainzer Traditionsbetriebs „Ernst Neger Bedachungs GmbH“ rassistisch ist und deswegen geändert werden sollte.

Am Firmensitz des im Jahr 1909 von Karl-Josef Neger gegründeten Mainzer Traditionsbetrieb prangt ein übergroßes Logo, das einen stilisierten schwarzen Menschen mit großen Lippen und Ohrringen und einem für Dachdecker typischen Schieferhammer in der Hand zeigt.

Noch nie so viel Kritik

Schon mehrfach ist in den vergangenen Jahren über dieses Logo diskutiert worden, doch noch nie musste sich der Ur-Enkel des Firmengründers, Thomas Neger, mit so vielen Kritikerinnen und Kritikern des Logos auseinandersetzen wie derzeit.

„Rassismuss einen Namen geben“

Alles begann mit einer Reihe von Aufklebern, die Unbekannte in der Mainzer Innenstadt verteilt hatten. Auf denen war, neben einem Foto des derzeitigen Firmenchefs Thomas Neger, zu lesen: „Rassismus einen Namen geben“. Durch diese Aktion aufgebracht, stellte der CDU-Stadtrat und Geschäftsmann Anzeige bei der Polizei gegen die Aufkleber-Klebenden. Hinterfotzig und feige seien diejenigen, die sich ohne ihr Gesicht zu zeigen, eine Kampagne gegen ihn auf die Fahnen geschrieben hatten. Das Logo werde bleiben.

Gutmensch gegen Neger

„Wer diese Aktion gebracht hat, das weiß ich nicht“, erklärt der – sich selbst als Gutmensch beschreibende – Mainzer Student David Häußer. Aber die aufkommende Diskussion wusste er mit anderen Kommilitonen zu nutzen. In einem Interview mit der Allgemeinen Zeitung Mainz (AZ) hatte Thomas Neger im Jahr 2013 gesagt:

„Sollte ein schwarzer Mensch zu mir kommen, der sich wegen des Logos beleidigt fühlt, würde ich meine Haltung sofort überdenken.“

Deswegen sei es an der Zeit gewesen, den im Alltag von Rassismus betroffenen Menschen in der Diskussion über das Logo eine Stimme zu geben, sagt Häußer. Unter dem Hashtag #wegmitdemlogo und auf der Facebookseite „Das Logo muss weg – Für eine Welt ohne Rassismus“ zeigten eine Reihe von schwarzen Menschen in Mainz ihren Unmut über das in ihren Augen rassistische Logo.

Emotionale Kommentarflut

Nach der Berichterstattung über die Aktion in den lokalen und überregionalen Medien bei DASDINGSWR und Tagesspiegel überschlugen sich die Kommentare der Leserinnen und Leser mit Variationen eines Worts: „Schwachsinn“. Die angezettelte Diskussion sei völlig überflüssig und „Wer das diskutiert, ist garantiert kein #Meenzer!“.

Im Social-Media-Dschungel

Schnell entwickelte sich die Frage über die Deutungshoheit, ob das Logo nun rassistisch sei, zu einer Schlacht mit tiefen Gräben. Jede Seite hat nun ihre Facebook-Gruppen, ihr Webseiten und Twitteraccounts und sammelt Unterstützende um sich.

Der derzeitige Stand im Social-Media-Dschungel:

Das Logo muss weg -  Für eine Welt ohne Rassismus

= 2691 „Gefällt mir“-Angaben

Ein Herz für Neger - Bürger_innen solidarisch mit Thomas Neger ♥

= 1801 „Gefällt mir“-Angaben

Darüber hinaus steht es unentschieden in Sachen „gegenseitige Strafanzeigen“. Denn nicht nur Thomas Neger stellte Strafanzeige gegen Unbekannt wegen der „Rassismus einen Namen geben“-Aufkleber, sondern auch David Häußer zeigte den JU-Vorsitzenden von Mainz, Felix Leidecker, an, weil dieser seine Privatadresse im Internet Preis gab. Die Menschen in Mainz müssten ja schließlich wissen, wer hinter der „Hetzkampagne“ gegen einen lokalen Traditionsbetrieb stecke, erklärte Leidecker.

Intensive Auseinandersetzung mit Rassismus

Auf akademischen Niveau setzt sich dagegen der Fachschaftsrat Ethnologie & Afrikanistik mit der Diskussion über das Logo auseinander und veröffentlichte eine Stellungnahme. Im Studium beschäftigten sich die Studierenden intensiv mit der Entstehung von Rassismen. Schwarzen Menschen sei in der allgemeinen Debatte darüber bis dato viel zu wenig Raum gegeben worden, deswegen solidarisiere sich der Fachschaftsrat mit der Aktion #wegmitdemlogo, in der ihnen eine Stimme gegeben wird, und fordere:

„Solange der weißen Mehrheitsgesellschaft die Deutungshoheit über Themen eingeräumt wird, welche Schwarze Menschen direkt betreffen und solange einzelne Personen für ihre legitimierte Kritik an einem rassistischen Logo persönlich angegriffen werden, ist für uns die Rassismus Debatte in Deutschland nicht beendet.“

Und? Muss das Logo weg? Jetzt seid ihr gefragt.

Campus Mainz e.V. unterstützen!

Campus Mainz e.V. ist ein gemeinnütziger Verein und die meiste Arbeit ist ehrenamtlich. Hilf uns dabei auch in Zukunft tolle Dienste für alle kostenlos anzubieten. Unterstütze uns jetzt!