Mit dem Semesterticket ins Naturschutzgebiet am Kühkopf

01.07.2017
Freizeit
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Das Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue liegt gerade einmal 25 Kilometer von Mainz entfernt. Studierende mit Rad können hier durchatmen und Kraft für kommende Stunden in Bibliothek und Hörsaal tanken.

Knappe 15 Minuten braucht der Regionalexpress von Mainz nach Nierstein. Hier beginnt unsere Reise in das schöne Naturschutzgebiet mit dem etwas sperrigen Namen. Früher hieß das Gebiet “Kunigskopf”, denn nur der König und Adelige durften hier jagen. Um dorthin zu gelangen, müssen wir zunächst mit der Fähre auf die andere Rheinseite übersetzen.

Seit dem Rheindurchstich 1829 ist der Kühkopf rechtsrheinisch. Die Begradigung des mächtigen Stroms brachte viele Vorteile: Durch die höhere Fließgeschwindigkeit vertiefte sich das Flussbett, sodass größere Schiffe die Wasserstraße sicher nutzen konnten. Die Hochwassergefahr wurde reduziert und die Auen konnten landwirtschaftlich genutzt werden. Negative Folgen blieben jedoch ebenfalls nicht aus: Neben der schwindenden Bedeutung mancher Ortschaften hatten besonders Tier- und Pflanzenarten unter der Expansion des Menschen zu leiden. Doch seit einigen Jahren wird die Renaturierung der einmaligen Auenlandschaft forciert.

Rheinromantik unverblasst

Wir verlassen den Bahnhof von Nierstein und fahren auf der Rheinpromenade ein Stückchen flussaufwärts, bis wir zum Fährsteg gelangen. Vorsichtig schieben wir unsere Räder an den parkenden Autos vorbei und zahlen 2,80 Euro beim Kassenwart. Der Fährmeister erzählt uns, dass die Fähre seit 300 Jahren in Betrieb ist und auch bei Hochwasser und steifer Brise Passagiere an das jeweils andere Ufer bringt.

Die Fahrt - leider viel zu kurz - endet in Kornsand, dem eigentlichen Start unserer Radtour. Hier erwartet uns eine Überraschung: Der Biergarten am Fährstübchen ist heute der Treffpunkt von Motorradfreunden aus nah und fern. Unter großen Kastanienbäumen parken auf Hochglanz polierte Harleys, Oldtimergespanne und Rennmaschinen. Auch wenn schattige Bänke, leckere Würstchen und eine traumhafte Aussicht zum Verweilen einladen, schwingen wir uns endlich auf die eigenen Drahtesel und folgen der Straße aus dem kleinen Örtchen hinaus.

EuroVelo15, Richtung: Süden!

Kurze Zeit später stoßen wir auf den ausgebauten Radweg, dem EuroVelo 15, und folgen ihm in Richtung Süden. Wir bewegen uns entlang des Damms, der das Ackerland vor Schäden durch Überschwemmung schützen soll. Der Weg ist asphaltiert und wir kommen schnell vorwärts. Wer auf ein wenig Komfort verzichten kann, sollte auf dem Damm fahren. Zwar ist der Weg hier nicht ausgebaut und man muss gelegentlich auf Spaziergänger Rücksicht nehmen, dafür wird man mit einem tollen Rundum-Blick belohnt.

Vom Kornsand bis nach Erfelden, wo wir über eine Brücke in das Naturschutzgebiet gelangen, sind es circa 15 Kilometer. Entlang des Weges finden sich einige Tafeln mit Informationen, die uns das Pump- und Deichsystem, historische Ereignisse und natürlich die Besonderheiten des Schutzgebiets erläutern. Hier und da zweigen Wege nach rechts bzw. Westen ab, sie führen durch die Knoblochsaue. Wer einem dieser Wege folgen möchte, sollte zur Orientierung einen Blick auf die Infotafel werfen. Am besten folgt man dann einer der gelben Nummern, welche spezielle Routen kennzeichnen. Das 24 Quadratkilometer umfassende Areal an einem Tag entdecken zu wollen, wäre jedoch sehr ambitioniert und würde der Vielfalt auch nicht gerecht werden.

Schwitzende Bäume

Wir verschieben den Besuch der Knoblochsaue und haben nach einer guten Stunde Erfelden erreicht. Dieser Ort war bis zur Begradigung des Rheins ein geschäftiger Ort. Überreste aus besseren Zeiten bleiben aufmerksamen Beobachtern nicht verborgen. Wir überqueren den Altrhein auf der steilen Brücke neben der Nepomuk-Statue und betreten das Naturschutzgebiet Kühkopf.

Der Duft der einzigartigen Flusslandschaft ist würzig und frisch. An einem kleinen Tümpel machen wir eine kurze Rast. Während wir in unsere Butterbrote beißen, tropft es um und über uns unablässig - schwitzende Bäume? Geruchsneutral, nicht klebrig, gar nicht mal unangenehm an einem heißen Tag. Eine kurze Recherche ergibt, dass Schaumzikaden den Wasserhaushalt dieser Bäume anzapfen und nicht ordnungsgemäß verschließen. Auch wenn das manche als abstoßend empfinden mögen, stellen Schaumzikaden einen Indikator für ein intaktes Ökosystem dar.

Bilden und Baden

Unser nächstes Ziel ist das Hofgut Guntershausen. Das ehemalige Jagdhaus wurde im 17. Jahrhundert errichtet und beherbergte zahlreiche Adlige, darunter Zar Nikolaus II. 1991 rettete eine Bürgerinitiative das historische Gebäude vor dem Abriss. Heute können interessierte Besucher die moderne Ausstellung, die sich um Flora und Fauna des Naturschutzgebiets dreht, kostenlos besuchen. Nach dem ausgiebigen Training für Geist und Körper haben wir uns anschließend ein wenig Entspannung verdient. Wir durchqueren den Kühkopf in seiner vollen Breite und passieren eine kleine Gruppe wandernder Ornithologen.

Nach einer halben Stunde haben wir den Neurhein erreicht. Wir breiten die Decke auf dem Fährsteg aus und legen uns in die Sonne. Die Wellen brechen auf dem Pflaster, und das Rauschen lässt ein Gefühl von Urlaub aufkommen. Wer sich hier die Füße abkühlen möchte, sollte vorsichtig sein, denn die Rutschgefahr ist sehr groß. Man sollte, auch aufgrund der starken Strömung, nicht weiter als knietief ins Wasser gehen. Wir genießen das Idyll, das nur gelegentlich vom Tuckern eines Frachters oder brausenden Schnellbooten durchbrochen wird. Die Sonne nähert sich zügig der Wasseroberfläche.

So langsam müssen wir aufbrechen, denn der Weg zurück verliert bei Dunkelheit deutlich an Attraktivität. Über die Brücke gelangen wir wieder nach Erfelden und von dort über die EuroVelo15 Richtung Kornsand. Wer noch Zeit, Licht und Kraft hat, kann die gesamte Strecke nach Mainz mit dem Rad zurücklegen. Dazu folgt man dem Radweg für ca. 15 km bis zur Weisenauer Brücke.

Erschöpfte Helden nehmen die Fähre nach Nierstein und fahren von dort mit dem Zug zurück. Wichtig: Der Fährbetrieb hat um 21:30 Uhr Feierabend. An den Wochenenden ist auch bei der Deutschen Bahn viel los, denn alle wollen gleichzeitig nach Hause. Unter der Woche dagegen sind Züge und Radstrecke so gut wie leergefegt. Fröhliches Radeln!

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