Auf geht’s, mein großes 9-€-Ticket-Abenteuer! Mit diesem Gedanken, großer Müdigkeit und einem großen Wanderrucksack stieg ich also an einem Samstag um 6:10 Uhr in die Regionalbahn am Mainzer Hauptbahnhof. Diese war um die Zeit noch sehr leer, was mich nach meiner Pendel-Erfahrung während der 9-€-Ticket-Zeit doch sehr überraschte – und erleichterte. Schließlich hatte ich vor, die nächsten 10,5 Stunden in 7 verschiedenen Regional- und S-Bahnen zu verbringen (vorausgesetzt, alle Bahnen kommen wie geplant). Ich wollte einmal quer durchs Land, fast bis an die tschechische Grenze: in den Nationalpark Sächsische Schweiz.
Ich wollte die atemberaubenden Felsformationen sehen, die ihr hier gemütlich von zu Hause aus bestaunen könnt. Ich wollte Abenteuer in der Natur und unter freiem Himmel schlafen! Das ist in dem Nationalpark nämlich erlaubt und sogar die einzige Möglichkeit im Park selbst zu übernachten. An dafür vorgesehen Plätzen, sogenannten "Boofen", die meist durch Felsvorsprünge oder kleine Höhlen Schutz vor Regen bieten, darf man sein Schlaflager (ohne Zelt) errichten. Strengstens verboten ist dabei natürlich das Feuermachen!
Bevor es aber in die Wildnis ging, durfte ich mich durch den Nahverkehrsdschungel schlagen und mit Bahnsitzplätzen als Schlafplatz Vorlieb nehmen. Was aber erstaunlich gut möglich war. Nach Umstiegen in Rüsselsheim und Frankfurt (Süd) ging es von dort weiter nach Kassel-Wilhelmshöhe, was mir knapp 2,5 Stunden Schlafenszeit bescherte. Dort stieg ich um in eine Regio nach Halle, wo ich ebenfalls bequeme Sitzplätze für die nächsten fast 3 Stunden ergatterte und wieder ein ausgiebiges Nickerchen machen konnte. Gut ausgeschlafen blieb dann beim Umstieg in Halle Zeit für ein Mittagessen, bevor es weiter ging nach Leipzig, was nur 20 Bahnminuten entfernt ist. Danach wurde es dann aber auch wieder Zeit für einen Mittagsschlaf, in der 1,5-stündigen Fahrt von Leipzig nach Dresden. Wer nicht ganz so gerne schläft wie ich, kann sich die Zeit bestimmt auch gut mit Lesen, Spielen oder aus dem Fenster schauen vertreiben – ich empfehle jedenfalls vorzusorgen! Es kann sich doch ziehen…
Nachdem die vorherigen Fahrten wie am Schnürchen verlaufen waren, passierte aber auch das, worauf ich als Pendlerin von Anfang an gewartet hatte: der Zug kam außerplanmäßig zum Stehen (warum habe ich ehrlich gesagt vergessen). Was ich aber nicht erwartet hatte, war, dass die Bahngäste tatsächlich quasi mitten im Nichts aus der Bahn aussteigen durften und an den Gleisen entlangspazieren konnten, bis die Fahrt fortgesetzt wurde. Das habe ich natürlich genutzt und musste feststellen, dass die zu dem Zeitpunkt schon etwa 9 Stunden Bahnfahrt mir schon in den Knochen steckten und ein bisschen Bewegung sehr gut tat. "Bitte alle wieder einsteigen, wir können weiterfahren", ertönte es fast schon zu schnell wieder aus dem Fensterchen der Fahrerkabine.
Aber weiter geht’s, Endspurt! Den Anschluss in Dresden hatte ich durch die unplanmäßige Pause verpasst, so blieb ein bisschen Zeit den Bahnhof zu erkunden und mit einem Cappuccino nochmal wacher zu werden, schließlich ging das richtige Abenteuer gleich erst los! Noch immer motiviert und mit freudiger Erwartung stieg ich dann also in das letzte Gefährt meines großen 9-€-Trips! Auf diesem Teil der Strecke hat es sich sehr gelohnt die Augen offen zu halten und die Schönheit der Natur bereits aus dem Zugfenster auf sich wirken zu lassen.
Nach weiteren 50 Minuten kam ich dann gegen 18 Uhr – also nach 12 h Fahrt – am Ziel an: in Bad Schandau. Von diesem beschaulichen Ferienort an der Elbe hat man einen guten Zugang zum Nationalpark und mit der historischen Kirnitzschtalbahn kann man Wasserfälle und weitere schöne Routen erreichen. Wie ihr sehen könnt, gibt es dort auch Luchse zu bestaunen! Da könnt ihr entweder hinwandern, oder direkt von Bad Schandau aus mit einem Personenaufzug im Jugendstil hinauffahren. Die Aussicht lohnt sich!
Meine Begleitung und ich konnten dort leider nicht lange verweilen, denn wir wollten noch im Hellen unsere "Boofe" für die Nacht erreichen und unser Lager errichten. Die nächste Boofe war nur wenige Kilometer entfernt. Jetzt begleitet unsere Reise doch gerne weiter über die Bildergalerie.
Wer jetzt selbst aktiv werden will: Wanderrouten und Boofen sind zum Beispiel in der Komoot-App recht zuverlässig zu finden und wir konnten unseren Trip darüber gut planen. Nur die eingezeichneten Wasserquellen waren oft versiegt; ich empfehle euch also immer genug Wasser einzupacken oder ab und zu eine Gaststätte in die Route miteinzuplanen. Ebenfalls beachten sollte man die Waldbrandsituation, was auch uns einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Bleibt auf jeden Fall informiert, zum Beispiel über die NINA-Warnapp. Man sollte beachten, dass man in der freien Natur unterwegs ist und dass das nicht ungefährlich ist. Aber ich würde es auf jeden Fall sehr empfehlen! Und bald kommt ja vielleicht eine Nachfolge des 9-€-Tickets…
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