Mach dein Fahrrad zu deinem Projekt

22.06.2015
Freizeit
ml

Matthias studiert Medizin und hat mit Freunden die Bike Kitchen aufgebaut. Jeden Donnerstag schrauben Fahrradbegeisterte und Neulinge von 17-20 Uhr an Fahrrädern mit den vorhandenen Werkzeugen.

Donnerstag, 18:30 Uhr an der ehemaligen Peter-Jordan-Schule am Hartenberg. Überall stehen alte Fahrräder, es liegt Werkzeug herum und einige der Anwesenden scheinen nicht ganz sicher wie es genau weitergeht mit ihrem Projekt „Heute repariere ich mein Fahrrad“. Andere wiederum testen schon, ob ihre Räder wieder rund laufen, nur um festzustellen, dass die Bremsen leider noch nicht wieder funktionieren.

Bike-Kitchen-Fieber aus Zagreb mitgebracht

Mitten zwischen „Ich brauche noch einen 15er Schlüssel“ und „vielleicht liegt in der Kiste noch ein Bremshebel“ treffe ich Matthias. Er erzählt mir, dass er im Jahr 2011 in Zagreb studierte und ihn dort das Bike-Kitchen-Fieber packte. Zusammen mit Freunden ging es während seiner Zeit in der kroatischen Hauptstadt jeden Donnerstagabend ans Fahrräder schrauben. Dabei machte er viele neue Bekanntschaften. Zurück in Deutschland setzte er sein Medizinstudium fort. Doch schnell merkte er, dass ihm das wöchentliche Schrauben fehlte. Mit seinem Freund Daniel war dann die Idee geboren auch in Mainz eine Bike-Kitchen zu eröffnen. Vor zwei Jahren suchten sie dann die wichtigsten Werkzeuge zusammen und konnten im alten Autohaus an der Binger Straße die ersten Fahrräder reparieren. Eine Art eigenständige Arbeitsgruppe im Kunst- und Kommunikationsverein Peng, so erklärt mir Matthias das Projekt. Man wolle bewusst nicht zu viel Struktur. Es geht ja vor allen Dingen ums Schrauben und den gemeinsamen Spaß daran.

Ungenutzte Küche in Los Angeles

Das Konzept der Bike Kitchen stammt aus den USA. In Los Angeles wurde im Jahr 2002 die Küche einer ungenutzten Wohnung spontan in eine offene Fahrradwerkstatt umfunktioniert und die Idee begeisterte schnell eine Reihe von Leuten. Nach Europa schwappte die Welle dann einige Jahre später: Wien, Budapest, London und eben Zagreb sind die Vorbilder für viele der deutschen Projekte, die es mittlerweile in über 25 Städten im ganzen Land gibt.

„Sprich uns an, wir helfen“

Viel ist über das einfache Konzept nicht zu sagen. Genau darin liegt wohl auch ein Teil des Erfolgs. Schritt 1 - „Sprich uns an, wir helfen“ - meint nichts anderes, als dass sich untereinander und besonders von den schon erfahrenen Schraubenden geholfen wird. Schritt 2 - „Nimm dein Werkzeug. Leg’s aber wieder an seinen Platz zurück“ – damit bei den vielen schraubenden Händen nicht alles im Chaos versinkt, ist diese Regel nicht unwichtig. Schritt 3 – „Stell die Flaschen zurück in den Kasten“ – wer arbeitet hat auch Durst. Deswegen gibt es für alle Getränke mit Selbstbedienung und eben auch Selbstwegstellen. Schritt 4 – „Trag dich im Logbuch ein und lass uns eine Spende da.“ – als Überblick und eine Art Gästebuch dient das Logbuch der Bike Kitchen und direkt daneben steht die Spendenbox, damit das Projekt weiterleben kann.

Alles selbst machen?

Mit dem Pengland ist das mittlerweile 13-köpfige Bike Kitchen-Orga-Team vom Autohaus in die Peter-Jordan-Schule am Hartenberg mitgezogen und erfreut sich hier immer größerer Beliebtheit. An guten Tagen schrauben schon mal rund 30 Leute gleichzeitig an ihren Drahteseln. Wer gerade kein kaputtes Fahrrad hat, ist aber auch herzlich eingeladen dabei zu sein. Denn aus den vielen vorhandenen Einzelteilen lässt sich mit viel Enthusiasmus auch selbst ein neues Fahrrad zusammenbauen. Sonst bleibt einem nichts anderes übrig, als einfach die gute Stimmung oder z.B. selbstgemachte Pizza aus dem selbstgebauten Ofen zu genießen.

Und wer irgendetwas nicht „selbst“ schafft, findet hier auf jeden Fall mindestens zwei Hände, die ihr oder ihm dabei helfen.

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