Lokale Filmemacher begeistern Publikum

07.11.2018
Freizeit
cbu

Mit max. 20 Minuten Spiellänge verbindet das Kurzfilmgenre große Themen mit kleinen Schicksalen. Beim diesjährigen FILMZ Lokalfilmwettbewerb im Capitol wählten die Zuschauer aus acht Filmen ihren Favoriten aus.

"Ist es schön Euch alle wiederzusehen!", so oder ähnlich begrüßen sich viele Filmbegeisterte, die sich vergangenen Samstag im Capitol Kino in Mainz zum lokalen Kurzfilmwettbewerb des diesjährigen FILMZ-Festivals treffen. Trotz des Wettbewerbs herrscht eine entspannte Stimmung. Die meisten Anwesenden kennen sich von Dreh- und Produktionsarbeiten und hoffen auf gute und abwechslungsreiche Filmunterhaltung. Und wer Filmkunst bisher nur bewundert hat, findet hier neuen Ansporn, eigene Ideen zu verwirklichen. "Filme machen ist wie Geniearbeit. Aber wenn man die Leute hier trifft, bekommt man viel Motivation, es auch selbst mal auszuprobieren", erklärt Zuschauerin Pia. Ihr Bekannter Max Schäffer hat den Film Mein Fenster eingereicht und freut sich darauf, ihn so vielen Menschen wie möglich vorzuführen. Er ist sehr gespannt an welchen Stellen die Leute lachen werden.

Familientreffen des Rhein-Main-Gebiets

Die Moderation des Wettbewerbs führen Verena und Paul vom Verein FILMZ e.V. "Natürlich sind wir ein bisschen aufgeregt, weil es das erste Mal ist, aber es ist ein lockerer Rahmen", sagt Paul vor Beginn der Veranstaltung. Abendliche Vorstellungen hätten zwar mehr Zulauf, aber der Kinosaal sei doch solide besetzt. "Es ist sehr lustig mit den Filmemachern, man kennt sich untereinander. Eigentlich ist es ein Familientreffen", findet Verena. Denn die besondere Voraussetzung, um am Wettbewerb Lokale Kurzfilme teilzunehmen, ist, dass alle Filmschaffenden aus dem Rhein-Main-Gebiet kommen. "Es ist immer wieder spannend, andere Filmemacher, Crewmitglieder und alte Freunde zu treffen", unterstreicht Filmemacher Dennis. 

Tatsächlich hat der Kurzfilmwettbewerb viele junge, aber auch ältere filmbegeisterte Zuschauer angelockt, wie beispielsweise Minga. Sie verfolgt das Festival schon seit mehreren Jahren. Was sie besonders begeistert, ist das große ehrenamtliche Engagement. 

Im Kino ist die Aufmerksamkeitsspanne größer

Im Publikum finden sich auch Zuschauer, die sich bisher nicht mit Kurzfilmen auseinandergesetzt haben. Neuling Ralf sieht es als "eine gute Chance zu sehen, was junge Filmemacher auf die Beine stellen." Für Dennis ist vor allem die Kinostimmung ein wichtiger Faktor: "Man hat im Kino einfach eine größere Aufmerksamkeitsspanne als auf Vimeo oder YouTube". 

Außerdem gibt es nach jeder Filmvorführung eine kurze Fragerunde zwischen den Mitwirkenden und dem Publikum. So können Hintergrundgedanken direkt erfragt und Einblicke in die Dreharbeiten gewährt werden. Auch positive Reaktionen sowie konstruktive Kritik sind gewünscht, bevor die Zuschauer am Ende über den Gewinnerfilm abstimmen. 

Acht Kurzfilme stellen sich dem gespannten Publikum

Als erstes lief der Kurzfilm Frohsinn von Janika Heinrich. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie leicht sich Selbstzweifel in einem Menschen einnisten können und ob es einen Ausweg gibt. Der Film greift die Aussage "Meine Stimmung färbt ab" auf. Wichtig war es der Regisseurin, Bilder für Emotionen zu finden, um Selbstzweifel visuell passend umzusetzen. 

Danach entführte Andreas Ramm mit seinem Werk Jäger und Sammler die Zuschauerinnen und Zuschauer in eine nahe dystopische Realität. Zwei Scharfschützen durchstreifen rastlos eine verlassene, zerstörte Großstadt. Dabei beschäftigt ihn, wie er sagt, "die ewige Wiederkehr des banalen Schrecklichen." Besonders beeindruckend ist dabei die Kulisse seines Films, die in Wirklichkeit als Ausbildungsstätte für Rettungshunde dient. 

Der dritte Kurzfilm Im Wald von Frédéric Hambalek stellt die Frage, woher wir wissen, was richtig und was falsch ist und zeigt, wie gute Intentionen schnell ins Negative umschlagen können. Sein Wunsch war es, einen Film zu machen, bei dem sich die Zuschauer fragen: "Warum habe ich dieses Gefühl, dass nicht immer alles stimmt, was man sieht?"

Als viertes führten Andreas Reinhart und Benedikt Schmidt ihren Kurzfilm Schultze vor. Schultze ist ein Eigenbrötler, der sich mit verschlingenden Phantasien und Wahnvorstellungen konfrontiert sieht. Die Grundthemen der beiden Regisseure sind sowohl menschliche, als auch politische Einsamkeit. 

Theobald Topferson von Lars Smekal war mit nur knapp drei Minuten Laufzeit der kürzeste der bei diesem Wettbewerb gezeigten Kurzfilme. Darin beschäftigt sich Smekal mit dem Thema Glück: Was ist Glück für uns und die Gesellschaft? Wann breche ich vielleicht aus und "renn weg von all diesen wahrgewordenen Träumen?" 

Peter Meisters Menschenjagd spielt plakativ mit Vorurteilen und zeigt eine Bürgerwehr, die einen vermeintlichen Flüchtling entführt. Seine Geschichte ist lose an eine wahre Begebenheit angelehnt, bei der ein Tourist aus Versehen in einem Flüchtlingsheim landete und dort knapp zwei Wochen lang festgehalten wurde. 

Das einzige Musikvideo des Nachmittags Deadline (The Magician) von Andi Wenzel ist sowohl Titel des Kurzfilms, als auch des Songs, dessen Text der Regisseur selbst geschrieben hat. Der Song entstand vor dem Film, doch Wenzel hatte schon von Beginn an Bilder im Kopf, die die Geschichte erzählen sollten. 

Als letztes lief Mein Fenster von Max Schäffer, bereits sein fünfter Film. Er zeigt eine Schaufensterpuppe, die im Zuge der Digitalisierung ihren Arbeitsplatz verliert und sich auf die Suche nach einer neuen Beschäftigung macht. Seine Idee der digitalen Schaufensterpuppen gewährt auch einen möglichen Ausblick in unsere Zukunft. 

Schaufensterpuppenschicksal gewinnt die Herzen

"Es war wirklich schwer eine Entscheidung zu treffen, die waren alle super interessant", schwärmt Zuschauerin Beate. Besonders die Tatsache, dass die gezeigten Filme von so jungen Filmemachern sind, aber eine beachtliche Qualität zeigen, hat viele Gäste tief beeindruckt. "Sie stehen noch ganz am Anfang und es kommt schon so etwas Gutes raus, wir wurden gut und anspruchsvoll unterhalten."

Schlussendlich konnte Max Schäffer mit seinem Werk Mein Fenster den diesjährigen lokalen Kurzfilmwettbewerb für sich entscheiden. Vor allem die Fähigkeit, eine unbewegliche Schaufensterpuppe so zu inszenieren, als ob sie sich selbst emotional ständig bewegt, überzeugt das Publikum. "Ich habe gemerkt, ihr hattet Spaß. Danke für eure Stimmen und die Reaktionen", lacht Max in den Kinosaal. Auf die Frage, ob er lieber mit Menschen oder Schaufensterpuppen arbeitet, antwortet er grinsend: "Das hat beides seine Reize, aber bei Schaufensterpuppen muss man kein Catering bestellen." 

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