Joachim Gauck zu Gast an der JGU

05.07.2018
Campus-News, Studium
td

Im Rahmen der Vorlesungsreihe "Das politische Denken" trat der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck als Gesprächspartner von Herfried Münkler auf. Angesprochen wurden unter anderem das Leben Gaucks sowie die politischen Herausforderungen der Gegenwart.

Am Dienstag, dem 03. Juli 2018, zum Ende der Vorlesungsreihe, konnte mit Dr. Joachim Gauck ein besonders profilierter Gast an der Universität begrüßt werden. Der Bundespräsident a.D. nahm als Gesprächspartner von Politikwissenschaftler Prof. Dr. Herfried Münkler, Inhaber der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur 2018, an der Abschlussveranstaltung des ersten Halbjahres teil.

Die gemeinnützige Stiftung wurde aus Anlass des sechshundertsten Geburtstages von Johannes Gutenberg im Jahr 2000 von dem Freunde der Universität Mainz e.V. eingerichtet. Der Titel der diesjährigen Vorlesungsreihe lautete "Das politische Denken. Politische Ideengeschichte und die großen Herausforderungen unserer Gegenwart in zehn Erkundungsschritten".

Vor einem komplett gefüllten Vorlesungssaal sprachen Gauck und Münkler zu dem Thema "Ein Leben in der/für die Politik", wozu der erfahrene Staatsmann Gauck natürlich viel beitragen konnte. Der ehemalige Bundespräsident war von 2012 bis 2017 im Amt, bevor ihn schließlich Frank-Walter Steinmeier ablöste. Dieser war erst im vergangenen März im Rahmen seines Antrittsbesuchs in Rheinland-Pfalz an der JGU zu Gast.

Begrüßt wurde Gauck von Universitätspräsident Univ.-Prof. Dr. Georg Krausch, der in seiner Ansprache die europäische Geschichte der JGU betonte und sich zugleich erfreut zeigte, dass die Uni nun alle Bundespräsidenten der vergangenen zehn Jahre zu Gast hatte. Nach dem Empfang trug sich Gauck in das Goldene Buch der Universität ein.

Der reisende Demokratielehrer

Zunächst trat dann Gauck selbst ans Rednerpult und berichtete frei nach dem Titel der Veranstaltung aus seinem "Leben in der/für die Politik". So war er nach eigener Aussage aufgrund der äußeren Umstände in der DDR und der Gefangenschaft seines Vaters in einem sibirischen Arbeitslager schon als Kind politisch. Trotzdem habe er selbst seine politische Karriere am wenigsten erwartet.

Gauck beschrieb eindringlich die emotionale Zeit vor und nach der Wende, welche er als "magischen Moment der Befreiung" bezeichnete, aber ging auch auf die Schwierigkeiten in der Folge ein. Während Westdeutschland das Wirtschaftswunder und "das Demokratiewunder" erlebte, seien die Bürger in Ostdeutschland ungeübt gewesen, sich politisch zu beteiligen.

Dies war für Gauck Anlass genug, ab dem Jahr 2000, nachdem er das Amt des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen verlassen hatte, als "reisender Demokratielehrer" deutschlandweit Vorträge zu halten. Mehrfach betonte er in seiner Ansprache die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Demokratie und die Gefahr, diese als selbstverständlich zu betrachten, wofür er immer wieder spontan Applaus erntete.

Optimismus aus der Geschichte

Im darauffolgenden Gespräch zwischen Gauck und Münkler gingen beide noch einmal eindringlich auf die Ost-West-Unterschiede im Aufwachsen und Leben mit Politik ein. Während im Osten die Übung in Freiheit und Demokratie gefehlt habe, so merkte Münkler an, dass er im Westen auch keinen "Akt der Befreiung" wie den Mauerfall erlebt habe.

Jedoch stehe die Demokratie laut Gauck auch heute noch vor Herausforderungen. Eine dieser sah er in der Distanzierung der Bürgerinnen und Bürger von der Politik, welche er auf die hohe Geschwindigkeit und den Schwierigkeitsgrad von aktuellen politischen Diskursen zurückführte. Dies bezog er im Verlauf des Dialogs immer wieder auf Entwicklungen in Deutschland, der EU und der ganzen Welt.

Damit die Demokratie aus dieser Herausforderung gestärkt hervorgehe, benötige es eine Entschleunigung der Politik, ohne dabei die Ziele aus den Augen zu verlieren. Vor allem brauche es aber Lehrerinnen und Lehrer und Expertinnen und Experten, die den Bürgerinnen und Bürgern komplexe politische Entwicklungen vermitteln können. An dieser Stelle appellierte Gauck an die anwesenden Akademikerinnen und Akademiker, sich in die politische Bildung einzubringen, und er appellierte an die politische Mitte, sich wieder in den Diskurs einzubringen. Er könne jedoch grundsätzlich nicht pessimistisch gegenüber der Zukunft sein und ziehe seinen Optimismus aus der erfolgreichen Nachkriegsgeschichte Deutschlands.

Zum Abschluss der fast zweistündigen Veranstaltung bedankte sich Universitätspräsident Krausch noch einmal bei allen Beteiligten und Gästen und zog ein positives Fazit zu der Veranstaltung. Er dankte Prof. Dr. Münkler und überreichte ihm die Urkunde der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur.

Campus Mainz e.V. unterstützen!

Campus Mainz e.V. ist ein gemeinnütziger Verein und die meiste Arbeit ist ehrenamtlich. Hilf uns dabei auch in Zukunft tolle Dienste für alle kostenlos anzubieten. Unterstütze uns jetzt!