Ist die Verschiebung der StuPa-Wahl noch demokratisch?

22.12.2020
Studium
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Wegen der Corona-Pandemie wurden die StuPa-Wahlen ins Wintersemester 2020/21 verschoben. Damit überzieht der AStA sein Mandat um mehr als ein halbes Jahr. Das kritisiert die Opposition teils scharf.

Eigentlich war die Wahl des 71. Studierendenparlaments (StuPa) der JGU Mainz für April oder Mai 2020 geplant. Da eine Urnen-Wahl auf dem Campus jedoch mit den herrschenden Kontaktbeschränkungen nicht durchführbar war, musste die Wahl ins Wintersemester verschoben werden (campus-mainz.net berichtete).

Auch im Wintersemester 2020/21 wird jedoch auf eine Urnenwahl verzichtet und stattdessen auf eine reine Briefwahl bis zum 13. Januar gesetzt (campus-mainz.net berichtete).

Der AStA wird von den 35 Abgeordneten des Studierendenparlaments gewählt und soll die Interessen der Studierenden vertreten. Wegen der verschobenen StuPa-Wahl ist er übergangsweise im Amt geblieben. Die Koalition bilden damit weiterhin die Hochschulgruppe Campusgrün und die Juso-Hochschulgruppe. Die Opposition besteht aus den Gruppen Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), Liberale Hochschulgruppe Mainz (LHG), der Linken Liste und der Liste.

Auf Anfrage von Campus Mainz haben vier politische Hochschulgruppen der JGU, der Vorstand des AStA und der Wahlausschuss des StuPa Stellung zu der Mandatsüberziehung des AStA bezogen. 

Liberale Hochschulgruppe Mainz plädiert für Online-Wahl

Die Liberale Hochschulgruppe Mainz steht der Verschiebung der Wahl sehr kritisch gegenüber, da dies nicht den Voraussetzungen für eine demokratische Wahl entspreche. Sie fordert "für zukünftige Wahlen an der Universität eine Möglichkeit zur Online-Stimmabgabe für alle Studentinnen und Studenten". Bei einer Online-Wahl prognostiziert die Hochschulgruppe außerdem eine Verbesserung der Wahlbeteiligung, da den Studierenden der Wahlvorgang erleichtert werde.

Bis die Online-Wahl möglich gemacht wird, wünscht sich die Liberale Hochschulgruppe ein System, bei dem allen Studierenden automatisch Unterlagen für die Briefwahl zugeschickt werden. Auch so soll es zu einer Verbesserung der Wahlbeteiligung kommen. Zurzeit müssen diese Unterlagen noch explizit beim Wahlausschuss des Studierendenparlaments beantragt werden.

Linke Liste kritisiert Demokratiedefizit

Auch die Linke Liste kritisiert die Verschiebung der StuPa-Wahl, da sie die verlängerte Amtsperiode des AStA als undemokratisch wahrnimmt. Die Hochschulgruppe findet, dass diese "auch unter der Bedingung der Pandemie nicht willkürlich verlängert werden" solle.

Durch die Mandatsverlängerung des AStA befürchtet die Linke Liste, dass die Anliegen der Studierenden nicht mehr angemessen berücksichtigt werden können. "Eine mögliche Veränderung der Mehrheitsverhältnisse" könne daher nicht berücksichtigt werden.

Die Möglichkeit der Briefwahl begrüßt die Gruppe, bei einer Online-Wahl könne die Sicherheit vor Manipulation oder Datenmissbrauch jedoch nicht gewährleistet werden.

Die LISTE fordert Abschaffung des StuPa

Die satirische Hochschulgruppe "Die LISTE" begrüßt die Verschiebung der StuPa-Wahl, "da sonst sowieso niemand wählen geht und man sich den Aufwand auch wirklich mal sparen könnte". Darüber hinaus plädiert die Hochschulgruppe für StuPa-Wahlen alle 10 Jahre sowie für die Abschaffung des Studierendenparlaments im Allgemeinen, was schon bei der StuPa-Wahl 2019 ein zentrales Anliegen der Hochschulgruppe war.

Die Durchführung der Wahl im Wintersemester als reine Briefwahl sieht die Gruppe zwar positiv, da sie sich "weiterhin von übelriechenden Aufenthaltsräumen und überfüllten Mensen fernhalten können", jedoch hält sie die Wahl per Brieftaube für weitaus ökologischer.

Campusgrün verteidigt den Beschluss

Campusgrün steht als Teil des AStA hinter dem Beschluss, die Wahlen zu verschieben, da eine Urnen-Wahl unter den geltenden Umständen unmöglich sei und es für eine Ausweitung der Briefwahl, wie dies u.a. die LHG fordert, einer Änderung der Wahlordnung bedarf. Dadurch, dass die StuPa-Wahlen im Wintersemester ausnahmsweise gemeinsam mit den Senats- und Fachbereichswahlen stattfinden, erhofft sich Campusgrün eine höhere Wahlbeteiligung. Negative Folgen durch die Verlängerung der Legislaturperiode erwartet die Gruppe nicht.

Die Hochschulgruppe spricht sich nicht prinzipiell gegen Online-Wahlen aus. Jedoch hat die Gruppe, ähnlich wie die Linke Liste, dabei Datenschutzbedenken; so genügen die momentan meistgenutzten Dienste für Online-Wahlen laut Campusgrün nicht den Anforderungen, um die erforderliche Sicherheit zu gewährleisten. Die Hochschulgruppe bezieht sich dabei auf die Minimalanforderungen für Online-Wahlen der Konferenz der Informatikfachschaften (KIF). Die KIF fordert u. a., dass der Wahlvorgang zwar prinzipiell geheim, die Arbeitsweise der Software dennoch öffentlich überprüfbar sein muss.

AStA sieht keine Alternative zur Verschiebung der Wahl

Philipp Seidel, der Vorsitzende des AStA, verteidigt den Beschluss, nach dem die Verschiebung der Wahl festgelegt wurde. Er weist darauf hin, dass eine Urnenwahl aufgrund der Regeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus nicht möglich gewesen sei.

Mit einer Wahl im Wintersemester werde außerdem das Hochschulgesetz eingehalten, "wonach die Wahl zum StuPa gleichzeitig mit den Wahlen zu den Fachbereichsräten erfolgen soll". Bisher fanden StuPa-Wahlen immer im Sommersemester und Senats- und Fachbereichsratswahlen immer im Wintersemester statt.

Eine Online-Wahl hält Seidel nicht für möglich und begründet dies mit der Einschätzung des Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur (MWWK) in Rheinland-Pfalz. Demnach verstoße eine Online-Wahl gegen das Landeshochschulgesetz, da die Geheimheit der Wahl nicht gewährleistet werden könne.

StuPa-Wahlausschuss legt Fokus auf Schutz der Studierenden

Der Wahlausschuss des Studierendenparlaments priorisiert den Schutz der Studierenden vor Ansteckung gegenüber der Durchführung einer fristgerechten Wahl. Daher sei es "schlichtweg unmöglich", eine Offline-Wahl durchzuführen.

Er weist außerdem darauf hin, dass eine Online-Wahl laut dem MWWK gegen das Landeshochschulgesetz verstoße. Auf Anfrage haben sich der Ring Christlich-Demokratischer Studenten Mainz und die Juso-Hochschulgruppe nicht zur Verschiebung der StuPa-Wahl geäußert.

StuPa-Wahlen finden im Wintersemester als Briefwahl statt

Im November hat das Wahlbüro der JGU Mainz mitgeteilt, dass das Studierendenparlament sowie der Senat und der Fachbereichsrat auch im Wintersemester 2020/21 nur per Brief gewählt werden (campus-mainz.net berichtete).

Die Briefwahlunterlagen müssen bis zum 5. Januar 2021 um 17 Uhr von den Studierenden per Post oder per E-Mail beantragt werden. Eine Stimmabgabe ist noch bis zum 13. Januar möglich. Wahlberechtigt sind alle immatrikulierten Studierenden der JGU. 

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