Interview | Stefan Wagner: Regisseur von "Wheels of Change"

31.12.2014
Freizeit, Campus-Medien
db

Stefan Wagner studiert Audiovisuelles-Publizieren (AVP) im 4. Bachelorsemester und begleitet in „Wheels of Change“ die „Ghana Bamboo Bikes Initiative“ und ihr boomendes Geschäft mit Ghanaischen Bambus-Fahrrädern.

Stefan Wagner studiert Audiovisuelles-Publizieren (AVP) im 4. Bachelorsemester und begleitet in „Wheels of Change“ die „Ghana Bamboo Bikes Initiative“ und ihr boomendes Geschäft mit Ghanaischen Bambus-Fahrrädern, die z.T. bis nach Europa verkauft werden. Im Film kommen die Hintergründe der Gründung des Projektes, die Gefühle und Emotionen der Werkstattmitarbeiter zutage. Für diese Dokumentarfilmprojekt wurde Stefan Wagner im Dezember 2014 im Rahmen des Reflecta - Rethink your World Filmfestivals mit dem "Besten Dokumentarfilm" der Jury ausgezeichnet.

Wie kommt man als Student zu so einem so ambitionierten und auch teuren Projekt und warum in Ghana?

Ein grundsätzliches Interesse an entwicklungspolitischen Themen, speziell in afrikanischen Ländern, hatte ich bereits seit meinem Auslandsjahr in Südafrika 2011/12. Auf Ghana bin ich aufmerksam geworden, als das Nachwuchsjournalismusprojekt "Beyond Your World" am Journalistischen Seminar, wo ich studiere, ausgeschrieben wurde. Bei dem Projekt konnte man sich als Student bewerben und mit etwas Glück für zwei Wochen nach Ghana fliegen, um dort in einer selbstgewählten Form (Zeitungsartikel, Radio- oder Filmbeitrag) über entwicklungspolitische Themen zu berichten. Organisiert wurde das Ganze von der Deutschen Welle und finanziert von der EU.

Die Geschichte aus dem Film ist ja eher eine untypische Geschichte über Afrika. Man hört oft nur von den negativen Seiten. Wie bist du auf dieses Projekt gestoßen und warum hast du dir das ausgesucht?

Zunächst recherchierte ich einiges über globalisierungskritische Themen, z.B. gibt es in Accra eine riesige Müllhalde auf der Elektroschrott aus den westlichen Ländern landet und von Kindern zerlegt wird. Allerdings gefiel mir daran nicht, schon wieder das omnipräsente Bild des leidenden afrikanischen Landes zu reproduzieren, weshalb ich begann, mich nach positiven Entwicklungen umzusehen. Auf das Fahrradthema kam ich, als ich in der WG eines Freundes in einer Zeitschrift über nachhaltiges Wirtschaften blätterte. Dort gab es einen Artikel über die Werkstatt im Norden Accras. Mich faszinierte daran, dass hier scheinbar ein ökonomisch und ökologisch nachhaltiges Projekt ohne dauerhaftes Engagement irgendeiner westlichen Entwicklungsorganisation auf die Beine gestellt und das Know-how tatsächlich in das Land transferiert wurde. Da ich zudem selbst viel und gerne mit dem Rad fahre, gefiel mir die Idee sofort.

Wie groß war dein Team in Ghana oder hattest du überhaupt Hilfe?

Ich bin in einer Gruppe von zehn Teilnehmern angereist, jedoch haben wir uns nach zwei Einführungstagen in der Hauptstadt in unterschiedliche Teile des Landes verteilt, um dort unsere jeweiligen Themen zu recherchieren. Da fast alle aus meiner Gruppe entweder Artikel schrieben oder Radiostücke produzierten, war ich was das Filmen angeht etwas auf mich alleine gestellt.

Wie konntest du das alles alleine meistern, mit Ton, Licht und Bild?

Vor der Reise hatte ich mein Equipment so zusammengestellt, dass ich alles einigermaßen selbst bedienen kann, aber wer schon einmal einen Film gemacht hat, der weiß, wie viele mögliche Fehlerquellen es dabei gibt. Gerade in Interviewsituationen ist es sehr von Vorteil, wenn man mit seiner ganzen Aufmerksamkeit beim Gegenüber sein kann und nicht gleichzeitig an Schärfe, Belichtung oder den Tonpegel denken muss.

Wie lange hast du gedreht? Wie lange dauerte später die Nachbearbeitung zurück in Mainz?

In der Bambusradwerkstatt habe ich fast fünf Tage verbracht. Gefilmt habe ich dort aber nicht die ganze Zeit. Da das Harz, mit dem die Bambusstangen fixiert werden, immer ca. einen Tag trocknen musste, hatte ich zwischen den einzelnen Arbeitsschritten viel Zeit um Ibrahim (den Werkstattleiter) und seine Mitarbeiter, Freunde und Nachbarn kennenzulernen. Das war mir auch sehr wichtig, da ich ja nur verhältnismäßig kurz dort sein konnte. Nach meiner Rückkehr saß ich mit Pausen noch ungefähr drei Wochen an der Postproduktion. Die meiste Zeit ist dabei für das Sichten und Transkribieren der Interviews draufgegangen, da ich fast acht Stunden Rohmaterial gesammelt hatte.

War der Reflecta Jurypreis dein erster Preis?

Der Jurypreis beim Reflecta Filmfestival war eine große Überraschung für mich. Ich hatte gar nicht vorgehabt, den Film überhaupt bei einem Festival einzureichen und bin während der Postproduktion nur zufällig im Internet auf den Wettbewerb gestoßen. Da die Einreichungsfrist zu dem Zeitpunkt schon fast abgelaufen war, habe ich einfach auf gut Glück eine Arbeitsfassung hingeschickt. Es war nicht nur der erste Preis, sondern überhaupt das erste Mal, dass ein Film von mir auf einer großen Leinwand lief. Es wurden ja um die 200 Filme eingereicht und davon nur zehn gezeigt. Alleine das Gefühl, den Film in der Auswahl zu sehen war schon etwas Besonderes. Als die Jury dann meinen Namen vorlas war ich erstmal sprachlos.

Wie geht es jetzt weiter mit deinem filmischen Engagement?

Für das nächste Jahr sind wieder ein paar Filmprojekte in Planung, allerdings hauptsächlich hier in der Region. Die Möglichkeit, für einen Film nach Ghana zu fliegen, bekommt man natürlich nicht allzu oft.

Wirst du jetzt weiter studieren, oder nach dem Erfolg „abheben“ und in die Arbeitswelt verschwinden?

Studieren werde ich wahrscheinlich noch eine ganze Weile, da mir die Zeit an der Universität gut gefällt und ich mir dafür auch gerne etwas mehr Zeit nehmen möchte, als nur in der Regelstudienzeit meinen Punkten hinterherzuhetzen. Was ich danach mache weiß ich noch nicht genau. Eventuell bewerbe ich mich an einer Filmhochschule in Richtung Dokumentarfilm. Mein Traum ist es auf jeden Fall, irgendwann vom Filmemachen leben zu können.

 

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Das Interview führte Daniel Böcher

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