Interview | Dr. Nils Köbel über die Uni und den Soziopod

07.03.2015
Studium, Freizeit...
db / cn

Erziehungswissenschaftdozent Dr. Nils Köbel erzählt der Campus Mainz Redaktion vom Gewinn des Grimme-Preises, von seinem Hobby, dem Soziopod, und der Verbindung von Hobby und Beruf.

Was ist der Soziopodcast?

Der Soziopod ist ein Podcast über soziologische und philosophische Themen, der versucht explizit einen Dialog zwischen zwei Freunden aufzuzeichnen. Die beiden haben studiert und sind in der Wissenschaft tätig. Sie reden allerdings so über die Themen, wie Freunde darüber reden würden. Der Podcast versucht dies dann zu konservieren, um das Gespräch möglichst vielen zur Verfügung zu stellen, sodass möglichst viele Leute mitreden und auch mitdenken können.

Sie sagten, dass der Podcast möglichst viele Leute erreichen soll. Was ist denn Ihre Zielgruppe und welche Voraussetzungen braucht man, um Ihre Sendung hören und verstehen zu können?

Im Grunde gibt es keine Voraussetzungen. Wir wollten es so machen, dass möglichst viele Menschen mitdenken und mitreden können. Wir versuchen Fremdwörter zu vermeiden und Dinge so zu besprechen, wie man in einem Café über so etwas reden würde. Das ist das Ziel und deshalb haben wir auch keine spezielle Zielgruppe.  Die Soziologie soll wieder auf die Straße kommen. Nicht nur Wissenschaftler oder Studierende sollen unseren Podcast verstehen, sondern alle.

Worin bestand die Notwendigkeit einen soziologischen Podcast zu produzieren? Warum braucht die Welt den Soziopod?

Die Frage hat sich gar nicht gestellt. Es war eher andersrum. Die Idee kam von meinem „Podcast-Co-Moderator“ Patrick Breitenbach: Er meinte, wir treffen uns hier eh regelmäßig (gemeint ist die Wohnung von Dr. Nils Köbel) und reden über diesen Quatsch. Es macht uns Spaß und wir sollten das einfach mal aufnehmen und schauen wie es ankommt. Das Ganze braucht eigentlich kein Mensch, aber vielleicht gibt es ja trotzdem Leute da draußen, denen das gefällt. Die Resonanz war dann von Anfang an sehr groß. Da waren sofort ganze viele Leute die sagten: ,,Ihr schließt damit eine Lücke“.

Schon ab der allerersten Folge?

Ja, schon ab den ersten Folgen. Die Zuhörerzahlen gingen damals relativ schnell nach oben, obwohl es noch keinen richtigen Plan gab und keiner von  uns so recht wusste, wohin es nach den ersten Folgen gehen sollte. Das Ganze hat sich dann recht schnell entwickelt und wurde auch zeitnah institutionalisiert, um ein soziologisches Wort zu nutzen. Der Podcast kam regelmäßiger, die Aufnahmetechnik dahinter wurde besser und wir auch immer professioneller.

Was war zuerst da, der Podcast oder der Job an der Uni?

Der Job an der Uni kam zuerst. Ich bin erst seit zwei Jahren in Mainz, aber davor war ich in Köln und davor in Gießen. Ich war schon immer wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent. Während meiner Zeit in Köln hatten Patrick und ich die Idee für den Soziopod. Hier entstanden auch die ersten Folgen. Als ich dann nach Mainz gekommen bin, wurde es dann aber deutlich mehr. 

Sie haben ja schon mehrere Hochschulen und Städte gesehen. Was zeichnet denn gerade Mainz aus?

Das Positive an Mainz ist natürlich der Campus. Ich war vorher in Köln und da war die Uni so zersplittert, dass man seine Kollegen zum Teil nicht gesehen hat, weil diese am anderen Ende der Stadt saßen. Es ist einfach schön wenn man zusammen ist und sich ständig sieht. Das kann man nicht hoch genug schätzen, auch als Student. Mainz ist eine schöne Stadt. Hier trifft man sich im Bus wenn man zum Bahnhof fährt, was es für mich einfach familiärer macht. Trotz seiner Größe, behält Mainz seine Überschaubarkeit.

Sie werden also noch einige Zeit hier bleiben?

Ja, wenn ich darf schon. Das ist bei uns immer so eine Sache mit den Verträgen. Sehr gerne würde ich in Mainz bleiben.

Da könnte eine große Qualitätsauszeichnung für den Podcast vielleicht das Institut überzeugen!? Während Ihrer Zeit in Mainz wurde der Soziopod für den Grimme Online Award nominiert. Wie kam es dazu?

Es war eigentlich ähnlich wie die Entstehungsgeschichte des Podcasts: Eine witzige Idee zu sagen komm, wir lassen uns bewerben.

„Wir lassen uns bewerben“?

Ja, man lässt sich bewerben. Die User müssen beim Grimme Online Award einen potentiellen Preisträger vorschlagen, da man sich nicht selbst nominieren kann. Wir haben aber gesagt: wenn ihr Lust habt, dann ,,bewerbt“ uns doch und wir sehen dann was passiert. Auch wieder eine ganz spontane Sache. Die erste Sensation war schon die Nominierung. Wir haben gedacht, „Wie kann das sein?“, denn der Podcast war für uns nur ein Spaßprojekt und nun fahren wir zur Preisverleihung nach Köln. Auf der Fahrt zur Verleihung haben wir dann so Witze gemacht wie: ,,Stell dir mal vor, wir gewinnen das jetzt. Das wäre echt irre.“ Und dann haben wir wirklich gewonnen! Ein Glücksfall. Bei der Preisverleihung wäre ich beinahe umgekippt. Dieses Gefühl war überwältigend und es dauerte ein paar Wochen bis ich es realisiert habe. Das war schon eine verrückte Sache.

Sie haben den Preis in der Kategorie „Wissen und Bildung“ gewonnen. Stimmt es, dass der Soziopod der erste Podcast war, der diesen Preis gewonnen hat?

Ja, der Soziopod war der erste Podcast.

Wie ging es danach weiter? Hat man einen gewissen Druck gespürt, dem Preis gerecht zu werden und/oder kamen auf einmal Rückmeldungen von Hörern wie ,,Vor dem Preis wart ihr viel besser“?

Ja, zum Teil wurde es zu einem echten Problem. Wir haben uns selbst sehr viel Druck gemacht, denn wir haben gedacht, dass wir jetzt etwas richtig Gutes machen müssen. Leider hat das dazu geführt, dass wir im letzten Jahr deutlich weniger Podcasts aufgenommen haben, aufgrund längerer Vorbereitungszeiten. Das hat uns auch ein wenig den Spaß genommen. Früher haben wir den Podcast einfach so gemacht und heute überlegen wir stark welche Themen wir machen.

Welche Reaktionen gibt es auf den Soziopod von Kollegen? Wird man da als Wissenschaftler belächelt oder eher beneidet? Oder bekommt das vielleicht gar keiner mit?

Ich glaube hier an der Uni haben es alle mit bekommen und die haben sich alle gefreut. Es ist immer schön wenn man sieht, dass man nicht nur an der Uni wirken kann, sondern auch jenseits der Uni etwas machen kann. Das ist immer gern gesehen. Neid habe ich jetzt überhaupt keinen gespürt. Die Kollegen haben sich gefreut, dass jemand mal wieder mit soziologischen Themen positiv in der Öffentlichkeit steht. Der Alltag kommt dann auch schnell wieder und man hat seine normalen Seminare. Man ist nicht plötzlich ein Star in der Wahrnehmung, das ist überhaupt nicht passiert.

Dozent sein ist ja ihr Beruf, der Soziopod ist ihr Hobby. Wie überschneidet sich das? Behandelt man da dieselben Themen oder vielleicht im Podcast, die die man gerne machen würde und an der Uni, die die man machen muss?

Bei den frühen Folgen haben wir sehr viele Themen genommen, die ich auch in der Uni mache. Da hatte ich einfach schon das Wissen und die Vorbereitung war entsprechend einfacher. Der Soziopod von heute leidet auch ein bisschen darunter das die Themen, die ich sowieso schon kann aufgrund meiner Dozententätigkeit, uns langsam ausgehen. (lacht) Wir haben halt alles schon durch… Wir haben über Gewalt gesprochen, das war eines meiner Fachgebiete z.B. und genauso über Jugend, Familie, Sozialisation und Erziehung. Die Themen sind jetzt alle durch gewesen. Dadurch brauchen wir jetzt auch viel länger um neue Folgen zu produzieren, da wir Themen wählen müssen, die wir noch nicht drauf haben. Das war schon eine sehr praktische Verbindung und die ist jetzt so ein bisschen am Abschwächen.

Hat sich die Preisverleihung auf die Zuhörerzahlen ausgewirkt und von welcher Größenordnung reden wir eigentlich?

Die populärsten Folgen wurden ca. 25 - 30.000 Mal abgerufen. Die anderen im Archiv sind ungefähr bei 10 - 15.000 Abrufen konstant leicht ansteigend. Die Abrufzahlen waren zum Teil schon vor dem Preis so hoch. Er hat da wenig verändert, zumal wir pressetechnisch im Vergleich zu den Gewinnern wie Postillion oder #Aufschrei medial eher untergegangen sind und kaum ausführlich erwähnt wurden. Der Soziopod ist aber ein klassisches Weiterempfehlungsprojekt. Eine Art Insider-Tipp, auch nach dem Preis. Er wächst und gedeiht langsam aber beständig.

Wie viele der Podcast-Zuhörer sind Ihre eigenen Studierenden?

Die Podcasthörer sind ja erst mal anonym. Aber aufgrund der Nachfragen habe ich die begründete Vermutung, dass es recht viele hören. In meinen Seminaren werde ich oft angesprochen und die Leute sagen manchmal: ,,Im Soziopod haben Sie das aber so und so gesagt“.
Es ist echt witzig, wenn man merkt: Die Leute hören das ja wirklich!

Soziopod-Ausblick: Wie geht es 2015 mit dem Podcast weiter?

Es soll mehr Folgen geben als vergangenes Jahr. Wir verlieren ja auch Fans dadurch und das wollen wir nicht. Wenn keine neuen Folgen mehr kommen, schalten die Leute einfach nicht mehr ein. Außerdem haben wir ein richtig großes Projekt im Jahr 2015 oder 2016 am Laufen, zu dem ich jetzt leider noch nichts sagen kann.

Bekommt der Soziopod Verstärkung?

Das ist zwar nicht das große Projekt, aber das wollen wir auch mehr machen. Es gab mal eine Folge mit einem Gast und die fanden wir richtig gut.

Also nochmal was Neues?

Ja. Es ist etwas in Arbeit und wir planen da gerade. Wir müssen schauen, ob das klappt. Falls es funktioniert wird das aber richtig cool.

Dann bleiben wir gespannt, wünschen weiterhin viel Erfolg und bedanken uns für das Interview. Das Interview führten Carsten Noll und Daniel Böcher
Wer neugierig geworden ist, findet hier alle Soziopodfolgen zum Streamen und Herunterladen.

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