In welcher Form findet die Diskriminierung am meisten statt?
Steven: Ich nehme vor allem immer die Kommentare stark wahr, die in Diskursen über politische Neuerungen in Bezug auf sexuell anders Orientierte zum Ausdruck gebracht werden. Aktuell wird beispielsweise über die Öffnung von Schulbüchern zu queeren Lebensentwürfen bzw. zu Regenbogenfamilien diskutiert. Das trifft in einigen Gesellschaftsgruppen auf sehr starken Widerstand. Sie argumentieren mit bereits ausgelutschten Floskeln wie in der Bibel stehe ja drin, dass man das nicht machen dürfe. Diese Kette von Argumenten nimmt seinen Lauf bis es dann mit einem klischeehaften Spruch wie „das sind doch Popoficker“ beendet wird. Das ist in keiner Weise cool und reflektierend und genau deswegen setzen wir sehr viel auf Aufklärungsarbeit.
Micha: Mit Blick auf das Universitätsleben ist zu sagen, dass hier kaum Sprüche ins Gesicht gesagt werden. Es sind tatsächlich eher Anmerkungen, die unter der Hand zum Ausdruck kommen oder eben Sprüche, die sich im alltäglichen Sprachgebrauch von Jugendlichen und Studierenden eingebürgert haben wie „das ist ja voll schwul“. Dazu muss man aber auch sagen, dass es unbewusst verwendete Ausdrücke sind. Eine aktive Diskriminierung habe ich selber an der JGU nicht erfahren.
Wenn ihr mit dieser Art unterschwelliger Diskriminierung wie an der JGU konfrontiert werdet, motiviert es euch dann, dem stärker entgegenzuwirken und eurer Arbeit als Schwulen-Referat zu intensivieren?
Micha: Ja das tut es! Homosexualität ist bei aller Offenheit in Deutschland noch nicht in der Gesellschaft angekommen. Es gibt viel zu viel, was uns immer noch aktiv und unbegründet diskriminiert wie beispielsweise die Blutspende oder bei der Ehe. Da spielen veraltete und klischeehafte Bilder eine Rolle, die keine Bewandtnis in der heutigen Zeit haben sollten. Darauf beruht auch unsere ganze Semesterplanung samt Vortragsreihe. Denn wir werden oft mit der Aussage konfrontiert: „Ihr habt doch schon alles erreicht, was wollt ihr denn noch?!“. Solange Diskriminierung Bestand gesellschaftlicher Verhältnisse ist, werden wir und unsere Nachfolger weiterhin als Schwulen-Referat unsere Arbeiten fortführen.
Kommen zu euch auch Studenten, die Schwierigkeiten haben sich zu outen?
Micha: Eine unserer Hauptaufgaben ist die Coming-Out-Beratung. Studenten melden sich bei uns, dann trifft sich einer von uns mit denen und spricht einfach ganz locker und offen mit ihnen. Die Gespräche finden nur zu zweit und anonym statt. In den meisten Fällen kommen die Studenten auch persönlich auf einen von uns zu, sodass die anderen nicht einmal wissen, dass ein Gespräch stattfinden wird.
Wie schon erwähnt organisiert ihr auch Veranstaltungen, um Aufklärungsarbeit zu leisten. Zuletzt fand die Podiumsdiskussion „Rechte von LGBTTI*Q“ statt. Was für eine Resonanz findet solche Art von Veranstaltungen unter den Studis?
Christoph: Die Resonanz ist von Veranstaltung zu Veranstaltung unterschiedlich. Bei politisch gesellschaftlichen Veranstaltungen schwankt die Besucherzahl zwischen zehn bis 30 Leuten. Abschließend finden auch immer lebendige Diskussionen zu den jeweiligen Themen statt.
Wer besucht eure Veranstaltungen?
Christoph: Oft sind es Freunde und uns bereits bekannte Gesichter, die unsere Veranstaltungen besuchen. Bei Podiumsdiskussionen hat man da natürlich einen besseren Überblick, während es bei Partys eher unübersichtlich bleibt. Zu Semesterbeginn treffen wir auch auf einige neue Gesichter, die an Vorträgen teilnehmen. Allgemein kann man sagen, dass unsere Veranstaltungen von interessierten Studierenden, aber auch Außenstehenden besucht werden.
Was habt ihr für das Wintersemester 2015/2016 geplant?
Christoph: Vorab erstmal, um überhaupt eine Semesterplanung zu erstellen, führen wir Feedbackrunden durch und Fragen nach, wie sie das vergangene Semester fanden und was sie sich für das nächste Semester wünschen. Die Feedbacks und Wünsche versuchen wir dann in unserer nächsten Semesterplanung zu berücksichtigen. Deswegen ist im Wintersemester 2015/2016 wirklich für jeden was dabei.
Micha: Neben unseren Standardveranstaltungen wie dem Sektempfang oder dem Meet and Greet haben wir uns bei der Planung des WiSe 2015/2016 auch außerhalb der JGU vernetzt und Veranstaltungen mit der Sichtbar - Bar Jeder Sicht Mainz geplant. Und auch innerhalb der JGU haben wir Veranstaltungen mit dem Frauenreferat oder Elternreferat geplant. Ferner machen wir noch weitere Events zum Knüpfen von Kontakten und gemeinsamen Spaß haben. Darunter steht ein Besuch bei Mainz 05 an und auch Lasertag.
Steven: Das Motto für das WiSe 2015/2016 ist: „Was wollt ihr denn noch?!“. Dazu sind Veranstaltungen zu Themen wie Gendermainstreaming, Homosexualität in der Kirche, Ehe für alle, Blutspenden, AIDS und noch vieles mehr geplant. Wir versuchen mit unseren Veranstaltungen eine gesellschaftliche Komponente rein zu bekommen, um das, was in den letzten Jahren in Bezug auf Homosexualität in der Gesellschaft geschaffen wurde, weiter auszubauen. Denn von einer kompletten Gleichstellung können wir erst dann reden, wenn diese Gleichstellung in jedem Lebensbereich stattfindet ohne Diskriminierung, und das wiederum kann nur dann erreicht werden, wenn das in der Gesellschaft vorherrschende stereotypische Bild von Mann und Frau durchbrochen wird und ein Leben in Würde für jeden und jede nach den eigenen Lebensvorstellungen möglich ist.
Das detaillierte Semesterprogramm des AStA Schwulenreferats kann als PDF unter Links heruntergeladen werden.
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