Humorvoll, nachdenklich und gesellschaftskritisch - Das Finale des RLP Slams in Mainz

22.05.2017
Freizeit
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Eine Achterbahn der Emotionen erlebte das Publikum beim Finale der sechsten rheinland-pfälzischen Poetry-Slam-Meisterschaft im Frankfurter Hof.

Vom 18. bis 19. Mai versammelten sich die 16 besten Slam Poetinnen und Poete des Landes, um die oder den rheinland-pfälzische Meisterin bzw. Meister zu küren. Als Preis wartete ein Startplatz bei der deutschsprachigen Poetry Slam-Meisterschaft in Hannover. 

Das große Finale am 19. Mai war bereits eine Woche zuvor ausverkauft. Die acht Finalistinnen und Finalisten mussten sich einen Abend vorher zunächst bei den Vorrunden im Kulturcafé gegen ihre Gegner durchsetzen. Dabei schafften es Artem Zolotarov, Eva Stepkes, Jonas Treibel, Julie Kerdellant, Felix Bartsch, Luisa Münch, Jule Weber und Lenny Felling, sich für das literarische Battle im Frankfurter Hof zu qualifizieren.

Wissenschaftsminister Wolf eröffnet den Abend 

Bevor die Show begann, wurde der Ehrengast des Abends, Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Rheinland-Pfalz, begrüßt. Wolf eröffnete den Abend mit einer kurzen Ansprache, in der er die Kulturvielfalt lobte und den Slammerinnen und Slammern viel Glück wünschte.

Im Anschluss erklärten die Moderatoren der Veranstaltung, Ken Yamamoto und Jens Jekewitz, die Regeln des Poetry Slams. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten jeweils sechs Minuten Zeit, ihre eigens verfassten Werke vorzutragen. Dabei dürften keine besonderen Requisiten, Kostüme, etc. verwendet werden, so Jekewitz, "außer die Leute laufen immer so rum". 

Vor Beginn der Show wurden bereits sieben Gäste als Jurymitglieder bestimmt, die durch eine Punktevergabe entscheiden sollten, wer am Ende in einem Stechen noch einmal gegeneinander antreten darf.

Die wichtigste Regel lautete jedoch: "Respect your Poets", denn die Slammerinnen und Slammer hätten viel Zeit und Mühe investiert, um sich auf ihren großen Auftritt vorzubereiten. Beim Poetry Slam ginge es nicht darum, besonders lustig oder besonders lyrisch zu sein. "Es geht darum, besonders gut zu sein", erklärte Ken Yamamoto. Die Show wurde musikalisch durch den Berliner Singer/Songwriter JoKaa eröffnet.

Der Slam beginnt – mit Geschichten von Bienchen, Blümchen und der unpolitischen Jugend

Im ersten Teil des Abends wurde das Publikum auf eine Achterbahn der Gefühle geschickt. Artem Zolotarov startete mit seinem emotionalen Text "Bilder auf Papier" das Battle. Danach nahm Eva Stepkes die Zuhörer mit, auf die Reise einer jungen Honigbiene, die aufgrund ihrer schlimmen Pollenallergie einen Schutzanzug erfindet, sich von dem Bienenstock abwendet und eine neue Demokratie gründet: den Hummelflug. Andere Bienen schlossen sich ihr an, warfen sich ebenfalls den Schutzanzug über und fliegen noch heute als Hummeln von Blüte zu Blüte. Jonas Treibel appellierte mit seinem Text daran, Altersarroganz abzulegen und voneinander zu lernen, statt mit Sprüchen wie "Komm du mal in mein Alter" die "unpolitische Jugend" zum Schweigen zu bringen. Als letzte Poetin vor der Pause trat Julie Kerdellant mit ihrem humorvollen Text "Du redest zu viel" an und brachte den ganzen Saal zum Lachen.

Viel zum Lachen, noch mehr zum Nachdenken

Nach der Pause ging es lustig weiter: Felix Bartsch erzählte von einem schwierigen Verhältnis zur Natur und seinem schlimmsten Tag im Westerwald: "Denn ich hatte keinen Stroh Rum, und da lag überall nur Stroh rum". Mit dem Vortrag von Luisa Münch veränderte sich die Stimmung im Saal schlagartig. Ihr Text erzählte von dramatischen Momentaufnahmen, der "schönen abgefuckten Welt" und regte das Publikum zum Nachdenken an: "Wie schaffen wir's was zu bewegen, wenn alles um uns herum erstarrt, wenn jeder Mensch bei seiner Denkweise verharrt?".

Als nächstes betrat Jule Weber die Bühne und sprach über das Leben: "Überleben. Kennst du das, einen ganzen Tag verbracht zu haben, aber nichts zu berichten?" Für sie war es ein Heimspiel, denn sie startete an diesem Abend für den Frankfurter Hof. Für ihren Vortrag bekam die Mainzerin 43,4 Punkte von der Jury, die höchste Wertung der Runde, und qualifizierte sich damit für die Endrunde.

Die erste Runde wurde humorvoll von Lenny Felling beendet, der von seinem einjährigen Halbbruder Tom erzählte: "Tom hat das Haus fest im Griff. Alles hört auf sein Kommando. Auch wenn das Kommando Bla Bla Bla lautet."

Das große Finale

Die drei Kandidatinnen und Kandidaten mit der höchsten Wertung der Publikumsjury starteten am Ende des Abends in das finale Battle. Jonas Treibel, Luisa Münch und Jule Weber durften erneut einen ihrer Texte vortragen, um die Gäste und vor allem die Jury damit zu überzeugen.

Jonas Treibel versuchte dem Publikum mit seinem Text klar zu machen, dass Bildung nicht vor Dummheit schützt und Belesenheit nicht der Weg zu Menschlichkeit ist: "Ich will Empathie auf allen Lehrplänen." Er erreichte damit den dritten Platz. Luisa Münch sprach über die Bedeutung von Worten und welche negativen oder positiven Auswirkungen sie haben können: "Es tut nicht weh, weniger abwertende Worte zu verwenden und vielleicht können du und ich damit etwas Schmerz in dieser Welt beenden." Mit ihrem gefühlvollen Text überzeugte sie das Publikum und schaffte es auf den zweiten Platz.

Die Gewinnerin des Abends, Jule Weber, begeisterte das Publikum mit ihrem literarischen Werk über Religion und dem Wunsch von einem neuen Ich: "Die neue Haut passt nicht recht, so wie die schneeweise Weste, sitzt schlecht und spannt an manchen Stellen - weise schlägt sie Falten. Ich behalte sie nicht." Jule Weber nimmt bereits seit acht Jahren am Poetry Slam teil und darf nun zur deutschen Meisterschaft nach Hannover fahren.

 

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