Hochschuldialog mit Malu Dreyer: "Wie geht Gerechtigkeit heute?"

10.07.2017
Studium, Campus-News
fsc

Am Mittwoch, 5. Juli, war Malu Dreyer im Rahmen des Hochschuldialogs zu Gast an der Uni Mainz. Thema der Veranstaltung war die Frage "Wie geht Gerechtigkeit heute?". Vor allem Medizinstudierende hatten Klärungsbedarf.

Hoher Besuch an der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz: Beim Hochschuldialog der Jusos am 5. Juli stellte sich Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und ehemalige Mainzer Studentin, nach einer Rede und einer Podiumsdiskussion den Fragen der Studierenden zum Thema Gerechtigkeit.

Ehe für alle: "Das kommt nicht jeden Tag in der Politik vor"

Das Timing von Dreyers Auftritt war nicht nur aufgrund der bevorstehenden Bundestagswahl klug, sondern auch wegen des Gesetzesentwurfs der SPD zur Ehe für alle, für den der Bundestag in der Vorwoche gestimmt hatte. "Das kommt nicht jeden Tag in der Politik vor," kommentiert Dreyer die Entscheidung des Bundestages. Im Sinne der Gerechtigkeit bräuchten wir "diese Normalisierung in der Gesellschaft und die Gleichstellung der Menschen, völlig unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung," so Dreyer.

Im Mittelpunkt ihrer einführenden Rede stand das Thema gleiche Bildungschancen. Da Bildung bereits in der KiTa beginne, setze sich die SPD für eine "gebührenfreie Bildungskette" ein. Rheinland-Pfalz sei da schon recht gut aufgestellt, schließlich seien hier nicht nur Studium und Schulbildung kostenfrei, sondern das Bundesland erhebe auch als einziges keine Gebühren für KiTa-Betreuung.

Debatte über Kürzungen im Bildungshaushalt sei "schräg"

In der Podiumsdiskussion mit Senatsmitglied Kathleen Tetsch (Juso-Hochschulgruppe) ging es zunächst um studentischen Wohnraum. Da die Wohnungen knapp und die Mieten hoch seien, müsse man einerseits die Bafög-Wohnpauschale anpassen und andererseits verstärkt in den sozialen und studentischen Wohnungsbau investieren, so Dreyer. 

Auf die Nachfrage, ob das Land die Studierendenwerke subventionieren könne, um günstigere Mieten in den Wohnheimen zu ermöglichen, verwies Dreyer auf die Finanzsituation des Landes. Rheinland-Pfalz sei "nicht Bayern oder Baden-Württemberg", die Einnahmen des Landes seien  vergleichsweise niedrig. Dreyer merkte zudem an, dass auch private Investoren Studierendenwohnheime bauen könnten.

Die in den vergangenen Monaten geführte Debatte über die Kürzungen im Bildungshaushalt bezeichnete Dreyer als "schräg". Es sei zwar richtig, dass zwei Millionen Euro im Verwaltungsbereich der Hochschulen eingespart wurden, jedoch seien die Mittel nun unbefristet.

Bisher konnten sich die Hochschulen nie sicher sein, ob bestimmte finanzielle Mittel auch in Zukunft wieder vom Land gestellt werden. Die feste Verankerung im Haushalt sei "eigentlich ein sehr, sehr großer Erfolg", weil die Universitäten nun mit dem sicheren Geld mehr unbefristete Stellen anbieten können. Mit dem garantierten Budget können die Hochschulen im Sinne der Autonomie außerdem verstärkt eigenverantwortlich haushalten und Schwerpunkte setzen, so Dreyer.

Auflauf der Medizinstudis: Prekäre Lage an der Uniklinik

In der anschließenden Diskussionsrunde mit den Studierenden dann die Überraschung: Der erste Redner bat darum, dass sich alle Medizinstudierenden der Vorklinik melden. Fast der gesamte Saal hob darauf die Hand. Der Fragensteller erklärte, warum so viele Medizinstudis gekommen sind: "Die finanzielle Situation der Uniklinik ist inzwischen so prekär, dass selbst die ganz normalen Lehrveranstaltungen nicht mehr für alle Studenten durchgeführt werden können". In der Vorklinik könnten deshalb in den nächsten Semestern die Studis nicht mehr zu ihren Pflicht-Lehrveranstaltungen zugelassen werden. Das Studium werde sich daher für alle um ein Semester verlängern, fügte der Sprecher hinzu.

Die Ministerpräsidentin erklärte zunächst nur, dass Gespräche stattfinden werden, ließ dabei aber offen, wie die Studierenden weiter vorgehen sollen. Deshalb legte die Sitznachbarin später nach: Die Medizinstudis fühlten sich wie ein Spielball, weil die Uni sage, sie habe nicht genügend Geld vom Land bekommen und die Regierung behaupte, sie habe ausreichend Geld gestellt. In jedem Fall seien die Studis die Leidtragenden, da ihr Studium auf dem Spiel stehe. Malu Dreyer verwies daraufhin auf "die rechte Hand des Wissenschaftsministers" im Publikum, die das Problem an ihn weiterleiten werde, sodass man schnellstmöglich zu einer Lösung komme.

"Ja" zu Rundfunkgebühren, "Nein" zu elternunabhängigem Bafög

Im weiteren Verlauf fokussierte sich die Diskussion auf allgemeinere Themen, zu denen Dreyer auch deutlich Position bezog. Rheinland-Pfalz schiebe nicht nach Afghanistan ab, Rundfunkgebühren gewährleisteten den im Zeitalter der "Fake News" wichtigen Qualitätsjournalismus und Bargeld wolle die SPD nicht abschaffen, weil sich die Deutschen mit "ihrem Bargeld" viel zu sehr identifizierten.

Und elternunabhängiges Bafög? Das wolle zwar die Juso-Hochschulgruppe, die SPD konnte sich dazu jedoch noch nicht durchringen, weil die Kosten einfach viel zu hoch seien, so die Ministerpräsidentin. Außerdem solle der Staat auch nur dort eintreten, "wo kein Geld vorhanden ist".

Insgesamt war die Veranstaltung zwar informativ und Dreyers Auftritt souverän, jedoch kam aufgrund der vielen verschiedenen Themenkomplexe eine tiefergehende Diskussion über studienbezogene Themen zu kurz. Geprägt wurde der Hochschuldialog vor allem durch den Auftritt der Medizinstudierenden, den Publizistik-Dozent Lutz Hofer in einer Wortmeldung als "stark und engagiert" lobt.

Nach der Veranstaltung scharten sich die Medizinstudierenden um die Assistentin des Wissenschaftsministers. Dass eine Lösung schnell gefunden werden muss, haben sie an diesem Abend deutlich gemacht.

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