Große Haie, hippe Sprüche - ein Tag mit dem Projekt "Immer wenn es regnet"

05.04.2017
Studium, Freizeit
lsc

Immer wenn es regnet, erscheinen mysteriöse Schriftzüge in der Innenstadt. Sind es Botschaften einer außerirdischen Zivilisation? Die Ankündigung der Apokalypse? Nein. Studierende der Hochschule Mainz wollen bei schlechtem Wetter gute Laune verbreiten. Wir haben die Verbreitung der frohen Botschaften begleitet.

Bei schlechtem Wetter helfen gute Sprüche

Unter diesem Motto steht das Projekt "Immer wenn es regnet", das Professorin Nadja Mayer ursprünglich mit ihren Erstsemestern im Fach Kommunikationdesign ins Leben gerufen hat. Es geht darum, mit einer speziellen wasserabweisenden Farbe Botschaften auf die Straße zu bringen, die dann bei Regen als trockene Stellen sichtbar werden.

Nachdem im Wintersemester die insgesamt 31 Kurztexte verfasst und die Schablonen erstellt wurden, hieß es erst einmal warten: Um die fast 100 Euro pro 200 ml teure wasserabweisende Farbe auf dem Asphalt aufzubringen, muss der Untergrund knochentrocken sein.

Zum Termin ziehen mehrere Gruppen mit Farbe und Schablone durch Mainz. Mitten in der Altstadt treffe ich Philipp, meinen Kontakt bei dem Projekt, der gerade dabei ist, eine Schicht Farbe über die Schablone zu sprühen, was nunja, mäßig spannend ist. Der interessantere Teil ist wohl der mit dem Wasser.

#Fail

Da der frischgesprühte Spruch allerdings erstmal eine gute Stunde trocknen muss, empfiehlt Phillipp, bei Professorin Mayer am Theater nachzusehen. Dort erwartet mich, neben Dozentin, Studis und dem Streetart-Equipment, dann ein kleiner Kulturschock: dreiköpfige Kamerateams von SWR und SAT1. Und ich als kleiner Campus-Mainz-Reporter mit meinem popeligen Fotohandy mittendrin. Selbst mit imaginärem Abraham Linoln-Gedächtniszylinder komme ich mir spontan ziemlich klein vor. Forelle im Haifischbecken quasi.

Glücklicherweise bleibt wenig Zeit, darüber groß nachzudenken, da Frau Mayer fast sofort mit der Erprobung des Kunstwerkes beginnt. Große Aufregung, die Spannung steigt, einer der Studierenden kippt den Wassereimer über der besprayten Stelle aus, das Wasser fließt über die Spezialfarbe – und hinterlässt einige Zeilen fast unleserlich ineinander übergehender Zeichen. Eine kleine Enttäuschung für alle Beteiligten.

"Vielleicht wird es besser, wenn die Farbe komplett trocken ist", meint die Profesorin achselzuckend. "Der Untergrund ist auch nicht der beste", ist irgendwo zu vernehmen, genauso wie das Eingeständnis "Vielleicht haben wir zu viel Farbe genommen."

Neuer Versuch

Das könnte es jetzt gewesen sein. Alle Informationen über das Projekt zusammen, leicht enttäuschendes Bildmaterial, tolles Projekt beim Scheitern beobachtet. Aber irgendwie packt mich dann doch der Ehrgeiz, die Forelle will den Haien zeigen, dass auch sie Zähne hat. Das Kamerateam von SAT1 will noch eine zweite Gruppe am Bahnhof besuchen, vielleicht hat die weniger Farbe oder den besseren Untergrund benutzt, vielleicht kann man es da besser lesen. In jedem Fall schließe ich mich den Kolleginnen vom Fernsehen an.

Kurz müssen wir warten, die Kommilitonen sind noch auf Shoppingtour – gewissermaßen. Für den Test muss noch Wasser im örtlichen Supermarkt organisiert werden. Schließlich sind die Wasserträger da, alles konzentriert sich wieder auf einige Pflastersteine, auf denen mit unsichtbarer Tinte etwas geschrieben steht. "Kamera läuft", "Kann losgehen", "Von mir aus auch!"

Als hätten die Projektteilnehmer nur darauf gewartet, dass die Presse für die Aufnahmen bereit ist, fließt wieder einmal Wasser über zuvor unbeschrifteten Straßenbelag. Und diesmal funktioniert es tatsächlich: "Wetter-App versagt?" erscheint vor unseren Augen. Bei Platzregen wahrscheinlich noch amüsanter als ohnehin schon.

Auch weitere Sprüche, pardon, "Texte", bestehen die Wasserprobe, alle mit echtem Potential, bei Regen tatsächlich ein sonniges Gemüt zu zaubern. Die Leute vom Fernsehen sind zufrieden, sie haben ihren Beitrag, die Studis vom Projekt sind zufrieden, dass es klappt und ich bin auch zufrieden: Ein positiver Ausgang schreibt sich schöner.

Wer sich auf die Suche nach den kurzliterarischen Stimmungsaufhellern machen will, sollte sich bei der nächsten Schlechtwetterfront einfach Mal mit Gummistiefeln und Regenschirm bewaffnen und die Innenstadt erkunden. Aber Beeilung ist angesagt: Die Farbe hält nur etwa sechs Wochen.

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