Graffiti auf dem Campus – Kunst oder Zerstörungswut?

06.10.2017
Freizeit, Instagram Artikel
np & sab

Egal wo auf dem Campus – beinahe überall kann man verschiedenste Graffitis sehen. Ihre Beseitigung kostet die Universität jedes Jahr viel Geld und Aufwand. Aber sind alle Schriftzüge und Bilder auf Gebäudewänden Vandalismus?

Wenn man den Mainzer Campus betritt, lassen die ersten Graffitis nicht lange auf sich warten. Überall auf dem Unigelände findet man die bunten Schriftzüge oder Malereien. Sprayer nehmen in Kauf, dass sie mit ihren Graffitis fremdes Eigentum beschädigen. Das Sprayen ist auf dem gesamten Campus verboten, Graffitis werden von der Unileitung zu Vandalismus gezählt, erklärt Univ.-Prof. Dr. Georg Krausch, Präsident der Uni Mainz.

Ist jedes Graffiti dem Vandalismus unterzuordnen?

Befragt man den Duden, was unter "Vandalismus" genau zu verstehen ist, so erhält man die Definition "blinde Zerstörungswut". Hierzu zählt die Leitung der Uni Mainz neben Graffitis auch Schmierereien und Zerstörungen in den Innen- und Außenbereichen, wie beispielsweise das Verteilen von Müll auf dem Campus. Gegen die Täter werde normalerweise Strafanzeige erstattet, so der Präsident.

Doch ist jedes Graffiti automatisch ein Ergebnis von "Zerstörungswut"? Wohl kaum, wenn man die Geschichte dieser sehr speziellen Ausdrucksweise einmal genauer betrachtet:

Der Name der Spraykunst stammt aus dem Lateinischen (Pluralform von Graffito, was so viel bedeutet wie "Kratzbild") und wurde schon für Wandmalereien in der Antike verwendet. Damals wie heute nutzten die Menschen diese Technik aus den verschiedensten Gründen, doch hauptsächlich, um auf kreative Weise ihren Standpunkt klarzumachen oder Gefühle zu verarbeiten.

Betrachtet man viele der Schmierereien auf dem Mainzer Uni-Campus – etwa einfache Buchstabenkombinationen, beleidigende Schriftzüge oder Liebeserklärungen an den heimlichen Schwarm – ist es allerdings fraglich, wie viel diese mit der beschriebenen kreativen Spraykunst zu tun haben.

Was kostet die Beseitigung der Graffitis?

Für das Entfernen dieser Schmierereien sowie für Reparaturen, die durch Vandalismus notwendig werden, müsse die Universität Mainz jährlich rund 80.000 Euro bezahlen, erklärt Krausch. Für diese Kosten gäbe es keine Erstattung, sodass im Endeffekt alle Universitätsangehörigen darunter leiden. Aus Kostengründen werde in den meisten Fällen versucht, die Beseitigung der Schäden im Rahmen bereits geplanter Baumaßnahmen durchzuführen. Kurzfristige Maßnahmen würden meist nur in akuten Fällen ergriffen, wenn beispielsweise Graffitis rechtsradikalen Inhalt aufweisen.

Mit Aktionen wie dem Camputz am 9. Juni dieses Jahres (Campus Mainz berichtete) versucht die Universität die Schäden gemeinsam mit Studierenden und Beschäftigten selbst zu beseitigen und das Erscheinungsbild des Campus zu verbessern.

Was sagen Hochschulgruppen zu Graffiti?  

Sowohl CampusGrün als auch der Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) verurteilen das Beschmieren von nicht freigegebenen Flächen. Allerdings könne Graffiti auch eine künstlerische Verschönerung von Uni-Gebäuden sein, die bald abgerissen werden sollen, erklärt CampusGrün. Diesem künstlerischen Aspekt habe man beispielsweise im Rahmen des Sommerfests 2015 Rechnung getragen: Hier habe es einen Graffiti-Contest auf von der Uni freigegebenen Flächen gegeben.

Die Linke Liste positioniert sich weniger deutlich gegen Graffitis. Die Hochschulgruppe erklärt, es könne sich hierbei um eine Form des Protestes handeln, sofern die Graffitis der politischen Meinungsäußerung dienten und die Platzierung "gelungen" sei. Verbunden sei das Ganze mit der Frage nach der Nutzung und der Vorherrschaft über den öffentlichen Raum. Für die Linke Liste sind Graffitis eine Form der Rückeroberung und Ausgestaltung des urbanen Raumes durch seine Bewohnerinnen und Bewohner. 

Die Juso-Hochschulgruppe sowie die Liberale Hochschulgruppe haben sich auf unsere Nachfrage hin nicht geäußert.

Legal Sprühen in Mainz

Für alle, die den tieferen Sinn des Graffitis verstanden haben oder denen es schlichtweg in den Fingern juckt, gibt es seit 2012 zwei Flächen in Mainz, die für Graffitis freigegeben sind. An der Unterführung "Am großen Sand" in Gonsenheim sowie der Unterführung "Geschwister-Scholl-Straße" in der Mainzer Oberstadt kann man sich kreativ austoben und ganz legal seine Sprühphilosophie verbreiten.

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