Die Universität Mainz muss dem SWR-Journalisten Thomas Leif Einsicht in ihre Verträge mit der Boehringer Ingelheim Stiftung gewähren. Das entschied das Verwaltungsgericht Mainz am Mittwoch, den 11. Mai 2016.
Leif darf die Kooperationsverträge einsehen und darüber berichten, erklärte die Vorsitzende Richterin gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Kopien darf er allerdings nicht anfertigen.
Der SWR-Chefreporter hatte geklagt, nachdem die Uni ihm eine Einsichtnahme in die Verträge verwehrt hatte. Leif kritisierte dies als Blockade seiner Recherche. Bei seiner Klage bezog er sich auf das damals geltende Informationsfreiheitsgesetz, das mittlerweile durch das Landestransparenzgesetz abgelöst würde.
Das Gericht berief sich bei seinem Urteil jedoch auf das Landesmediengesetz und nicht auf das Transparenzgesetz, das seit Beginn des Jahres 2016 unter anderem die Transparenz in der Drittmittelforschung regelt. Nach dem Landestransparenzgesetz muss die Uni den Vertrag nicht offenlegen.
Dass Leif ein Recht auf Akteneinsicht habe, begründete das Gericht laut SWR-Informationen damit, dass die Stiftung und die Uni Mainz im Juli 2015 bereits drei Pressevertretern einen Einblick in die Unterlagen gewährt hatte (Campus Mainz berichtete). Es sei nicht nachvollziehbar, warum einige Journalisten die Verträge einsehen durften und anderen dies verwehrt wird.
Claudia Walther, Geschäftsführerin der Boehringer Ingelheim Stiftung, erklärt dazu, die Stiftung habe damals diejenigen Medienvertreter eingeladen, von denen bekannt war, dass sie sich mit dem Thema befassen. Teilgenommen hätten Vertreter von Spiegel Online, der Allgemeinen Zeitung und der taz.
Der SWR sei ebenfalls eingeladen gewesen, habe jedoch kein Interesse an einer Teilnahme bekundet. Eine Anfrage der Campus Mainz Redaktion zu den Gründen dieser Ablehnung hatte der SWR zum Zeitpunkt, zu dem dieser Artikel veröffentlicht wurde, noch nicht beantwortet.
Leif zeigte sich mit dem Ausgang des Verfahrens zufrieden: „Ein guter Tag für die Presse- und Informationsfreiheit“. Sein Rechtsanwalt Carl Christian Müller erklärte gegenüber dem SWR:
"Wir begrüßen, dass das Gericht insofern unsere Argumentation gefolgt ist, denn alles andere wäre ein nicht hinzunehmender Verstoß gegen die Pressefreiheit und gegen den journalistischen Gleichbehandlungsgrundsatz gewesen.“
Die Universität Mainz sieht sich durch das Gerichtsurteil bestätigt. In einer Pressemitteilung erklärt sie:
„Nach dem Informationsfreiheitsgesetz und dem nachfolgenden Transparenzgesetz Rheinland-Pfalz, an dessen Verfassungsmäßigkeit keinerlei Zweifel bestehen, gibt es keinen Rechtsanspruch auf Einsicht in die Verträge.“
Auch die Boehringer Ingelheim Stiftung interpretiert die Entscheidung des Gerichts auf diese Weise. „Das Urteil schafft Klarheit für die Wissenschaft in Rheinland-Pfalz“, sagt Claudia Walther von der Boehringer Ingelheim Stiftung.
Die Entscheidung des Gerichtes schaffe Gewissheit und Rechtssicherheit für die zukünftige Zusammenarbeit von Universitäten, Forschungsförderern und Kooperationspartnern. Dies sei ein großes Anliegen der Boehringer Ingelheim-Stiftung gewesen.
Im Mai vergangenen Jahres hatte die Diskussion um die Offenlegung der Verträge zwischen der Boehringer Ingelheim Stiftung und der Universität Mainz begonnen, nachdem die Uni einer Studentin die Einsicht verwehrt hatte. Am 2. Juni 2015 hatte die Stiftung zusammen mit der Uni dann erstmals drei Journalisten Einsicht in ihre Kooperationsverträge gewährt.
Die Boehringer Ingelheim-Stiftung hatte ihre Kooperation mit der JGU 2009 gestartet. Insgesamt will sie die Forschung an der Uni Mainz mit 150 Millionen Euro fördern. Davon wird beispielsweise mit 100 Millionen Euro der wissenschaftliche Betrieb des Instituts für Molekulare Biologie (IMB) finanziert.
Kritiker bemängeln, die Verträge ermöglichten es der Stiftung, Einfluss auf Forschungsinhalte und Forschungsziele zu nehmen. Laut Angaben Leifs könne die Boehringer Ingelheim Stiftung beispielsweise die Berufungsvereinbarungen mit Professoren beeinflussen.
Die Stiftung weist diese Kritik zurück. In einer Stellungnahme erklärt sie, sie nehme keinerlei Einfluss auf die Forschungsinhalte am IMB. Ebenso sei die Berufung von Professoren unabhängig von der Stiftung.
Petra Giegerich, Leiterin der Presseabteilung der Uni Mainz, sagt, die Boehringer Ingelheim Stiftung sei an den Verfahren zur Berufung der Gründungsprofessoren des IMB nicht beteiligt gewesen und habe keinen Einfluss auf die Personalauswahl genommen.
In den sogenannten Berufungsvereinbarungen, auf die sich die Kritik Thomas Leifs unter anderem bezieht, gehe es um die Ausstattung der Professuren und nicht um die Auswahl der Personen. Die Ausstattung werde im Wesentlichen von der Boehringer Ingelheim Stiftung finanziert und bedürfe der Zustimmung der Stiftung, erklärt Giegerich.
Claudia Walther sagt, die Stiftung müsse sicherstellen, dass das erklärte Ziel – Spitzenforschung fördern – erreicht wird. Dementsprechend werde geprüft, ob die Gelder entsprechend des Stiftungszwecks eingesetzt werden.
Auf die Frage, wie man in Zukunft mit Anfragen von Journalisten umgehen werde, erklärt Walther, man wolle jetzt erst einmal die Urteilsbegründung des Gerichtes abwarten. Diese werde für den 25. Mai erwartet. Erst dann könne man entscheiden, wie man solche Fälle zukünftig regeln werde.
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