FILMZ 2015: Interview mit Andreas Ranisch und Peter Trabner

02.12.2015
Freizeit
sn

Wer die Vielfalt des deutschen Kinos in Frage stellt, hat oft einfach nicht richtig hingeschaut. Axel Ranisch ist mit seiner neuen Tragikomödie "Alki Alki" auf dem FILMZ-Festival Mainz vertreten. Unsere Redakteurin Simone traf, in Zusammenarbeit mit FILMZ und Campus TV, den unkonventionellen Regisseur sowie seinen Drehbuch-Autor und Stammschauspieler Peter Trabner zum Interview.

Axel Ranisch ist ein mitreißendes, manisch arbeitendes Multitalent: Er spielt in der ARD einen Kommissar, er inszeniert Opern. Und er dreht Filme, in denen oftmals rundliche Männer für ihr Glück kämpfen. Alki Alki, sein neuester Streich, ist eine Alkoholiker-Ballade. Tobias Zach (Heiko Pinkowski), ein minder erfolgreicher Architekt, der mit Frau und drei Kindern in Berlin lebt, trägt eine schwere Last mit sich herum: Sein ständiger Begleiter ist Flasche (Peter Trabner), sein je nach Sichtweise guter oder böser Geist, sein Gewissen, seine Sucht. Flasche ist immer dabei, egal ob im Büro, bei einer Besprechung, im Bett mit seiner Frau Anika (Christina Große) oder in den Bars und Clubs Berlins. Nach mehreren Abstürzen beschließt Zach, sein Leben zu ändern und mit allen Mitteln gegen seine Alkoholsucht anzukämpfen. Und immer dabei ist Peter Trabner alias Flasche.

Peter, Du hast schon öfter zusammen mit Axel Ranisch gedreht. Was gefällt dir denn an der Zusammenarbeit mit ihm?

Peter: Eigentlich die eigene künstlerische Freiheit. Also ich bin sehr frei in dem was ich machen kann. Ich fühle mich bei Axel sicher. Das sind meine Haupteckpunkte. Das ist ja schon mal ein ganz guter Rahmen, um sich künstlerisch entfalten zu können.

Was war beim Dreh von Alki Alki die größte Herausforderung für dich?

P.: Die größte Herausforderung ist für mich tatsächlich eine Form der Zurückhaltung gewesen. Und trotzdem was Expressives haben zu wollen, was ich eigentlich immer habe. Also eigentlich so sehr zurückhalten, um dann einzugreifen. So möchte ich's mal sagen. Du spielst in dem Film ja quasi eine abstrakte Idee: die personifizierte Trinksucht.

Musstest du dich darauf anders vorbereiten, als wenn du einen echten Menschen spielst?

P.: Im Großen und Ganzen nicht. Ich möchte ihn ja schon ganz gern vernichten – den Tobias. Und der Figur ist natürlich klar, dass mit der Vernichtung einhergeht, dass sie quasi sich selbst vernichtet. Also das ist ja quasi schon ein suizidaler Gedanke. Und da er mir ans Herz gewachsen ist, fällt das auch meinem Charakter etwas schwer. Er ist eben nicht so geradlinig aufgebaut und darauf aus, ihn zu vernichten. Also eigentlich ist er keine gute Sucht, weil er ja quasi zum Schluss noch therapiert wird. Sucht ist ja nicht therapierbar.

Interview: Axel Ranisch

Du hast in deinen Filmen ja oft nur zehn Seiten Drehbuch und der Rest wird improvisiert. Was gefällt dir an dieser Methode so gut?

Axel: An der Improvisation gefällt mir dir Unmittelbarkeit und die Nähe, die ich dadurch zu den Figuren bekomme. Dadurch, dass ich ihnen keinen Text schreibe, den sie auswendig lernen und dann im richtigen Moment zur richtigen Stelle aufsagen, sondern ihre eigenen Worte verwenden. Dadurch werden sie so echt. Das bedeutet natürlich, dass man ein paar Spielregeln beachten muss, wenn man so dreht. Das Wichtigste ist die Vorbereitung: Wir arbeiten sehr lange an den Figuren, damit wirklich jeder seine Figur in- und auswendig kennt. Alle Schauspieler, die im Film mitspielen, lernen sich im Vorfeld kennen. Das gibt es ja oft bei normalen Drehs – da kommt man ans Set und soll bester Freund sein von irgendjemanden, den man dort zum ersten Mal sieht. Das ist zum Beispiel Mist. Auf so einer Grundlage kann man nicht improvisieren. Dann drehen wir chronologisch – fangen bei der ersten Szene an und enden bei der letzten. Und dadurch erleben auch alle Schauspieler die Geschichte wie ihre eigene Geschichte in einem Fluss. Dazu gibt es eine Regel: Der erste Take ist heilig. Es gibt keine Proben. Ich habe viel zu sehr Angst, dass wir etwas proben und in den Proben passiert etwas Unerwartetes, Geniales und alle reagieren authentisch und echt und dann hab ich es nicht aufgenommen. Deswegen ist der erste Take immer heilig. Meistens kommt eben dieser Take dann auch in den Film.

Du behandelst in deinen Filmen oft ernste Themen, die aber nun mehr oder weniger komödiantisch verpackt sind. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?

A.: Naja, das bloße Drama, das interessiert mich nicht. Ich bin so ein optimistischer Mensch. Und ich lache gerne. Das habe ich von meiner Familie gelernt. Und so ist eben das Leben. Oft gibt es tragische Momente im Leben. Wenn man es dann aber schafft, denen mit einem Augenzwinkern zu begegnen, dann macht es das Leben eben leichter. Und so ist es in den Filmen auch: Ich gehe von der größtmöglichen Tragödie aus und versuche sie mit einem Augenzwinkern zu erzählen.

Wie ist denn die Idee zu Alki Alki entstanden?

A.: Die Idee hatte Peter Trabner. Der wollte unbedingt einen Film über Alkoholismus drehen. Und zunächst war ich nicht so begeistert, weil ich nicht gewusst habe, wo ich das Augenzwinkern unterbringen kann. Aber ein paar Wochen später – Peter kam immer wieder mit seinem Wunsch "Wir müssen einen Alkoholiker Film drehen!". Irgendwann sagte er: "Wenn dir da noch ein Kniff fehlt, ich hätte da einen: Was wäre denn, wenn die Sucht nicht abstrakt ist, sondern wenn wir die Sucht personifizieren und als Menschen darstellen – als besten Freund." Das fand ich großartig. Das konnte ich mir sofort vorstellen.

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