Ich (23) bin seit diesem Mai Hauptmieterin in meiner neuen WG und für mich ist all das Neuland. Ein erster Blick auf meinen Vertrag offenbarte mir nur jede Menge Fachchinesisch und der zweite Blick wurde trotz Internetrecherche nicht viel besser. Also muss ein Fachmann her. Aus diesem Grund komme ich, bewaffnet mit Mietvertrag und Übergabeprotokoll, zu Herrn Kost in die Beratungsstunde.
Rechtsanwalt Manfred Kost unterstützt seit 1989 einen lokalen Mieterverein mit seiner Rechtsberatung, hat seit 1991 eine eigene Kanzlei und ist seit März 2015 einmal im Monat im Mainzer AStA anzutreffen. Dort soll er bei der Mietrechtsberatung Studierende unterstützen, von Fragen zu Verträgen bis hin zu Rechtsstreiten kommt alles vor. „Ich habe in all den Jahren Mietrechtsberatung schon einiges gesehen.“, sagt er.
Ich habe Glück, außer mir ist niemand da. „Besonders voll wird es, wenn die Betriebskostenabrechnungen da sind.“, erwähnt Herr Kost. Betriebskostenabrechnungen. Noch so ein Punkt, von dem ich keine Ahnung habe. Also geht Herr Kost über 90 Minuten lang meinen Vertrag mit mir durch, Paragraph für Paragraph und beantwortet mir jede Frage verständlich und in Ruhe. Am Ende kenne ich meinen Vertrag, verstehe alle Bedingungen und bin über eventuelle Stolperfallen aufgeklärt. Ein großer Fortschritt im Vergleich zum Anfang. Aber wäre es nicht besser gewesen, vorher Bescheid zu wissen? „Sie werden kaum die Möglichkeit haben, zuvor mit dem Vermieter alle Klauseln zu verhandeln. Deshalb lohnt ein gründlicher Blick nach Vertragsabschluss umso mehr.“, beruhigt er mich.
Zunächst sollte man sich im Klaren darüber sein, ob es sich bei dem Mietvertrag um einen neu ausgehandelten Vertrag handelt- in dem alle Klauseln gemeinsam besprochen wurden- oder um einen Formularvertrag. Ein Formularvertrag sieht aus wie ein Formular, das man beispielsweise bei Banken erhält und besteht aus vorformulierten Klauseln, die für zahlreiche Fälle gelten. Das Besondere daran: Bei Formularverträgen gilt nicht nur das Mietrecht aus dem BGB, sondern auch die gesetzlichen Vorschriften zu allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Ein Formularvertrag ist quasi die AGB einer Wohnung und es gilt hier: Ist der Mietende bei Klauseln unangemessen benachteiligt, werden sie ersatzlos gestrichen und es gilt das BGB. Also, Augen auf beim Formularvertrag, es könnten Klauseln enthalten sein, die nicht gelten.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Eltern: Für manche Verträge müssen die Eltern bürgen, in meinem Fall ist mein Vater ebenfalls als Mieter eingetragen. Wir sind eine sogenannte „Mietermehrheit“. Praktisch bedeutet das, dass der Vermietende an uns beide Forderungen stellen kann, falls es beispielsweise zu einem Mietausfall käme. Außerdem müssen mein Vater und ich gemeinsam kündigen, wenn ich ausziehen möchte (er wohnt natürlich nicht in der WG), der Vermietende müsste umgekehrt ebenfalls uns beiden kündigen und die Untermietverträge für meine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner sollten wir ebenfalls beide unterschreiben. Beim Bürgen ist das anders: Sie stehen ebenfalls für Mietausfälle gerade, haben aber ansonsten nichts mit der Wohnung zu tun.
Bewohnerinnen und Bewohner von Dachwohnungen sollten ihre Wohnung besonders gründlich ausmessen. Denn alles, was sich unter einer Schräge befindet, die niedriger als zwei Meter aber höher als ein Meter ist, zählt nur zu 50 Prozent. Unter einem Meter zählt die Fläche gar nicht. Wenn also im Vertrag Quadratmeterzahlen angegeben sind, kann es sich sehr lohnen, diese nachzurechnen, denn eine Mietminderung wäre auch noch rückwirkend gültig und zwar ab Einzug des jeweiligen Hauptmieters.
Eine Schwierigkeit ist allerdings, dass der Vermietende nicht angeben muss, wie viele Quadratmeter die Wohnung hat, wenn sie ansonsten „ausreichend“ (laut BGB) bezeichnet ist. In meinem Fall bedeutet es, dass im Vertrag alle Zimmer aufgeführt sind. Gleichzeitig kenne ich aber den genauen Quadratmeterpreis nicht und kann diesen somit nicht anfechten, da mir die Wohnungsgröße als Prüfgröße fehlt. Man kann die Wohnungsgröße evtl. über die Betriebskostenabrechnung herausfinden, womit wir zum nächsten Punkt kommen.
Was sind Betriebskosten? Es sind die Kosten, die dem Vermietenden durch sein Eigentum (Wohnung/Haus) laufend entstehen, also beispielsweise Steuern, Versicherungen, Abwasser, Schornsteinfeger etc. Diese Kosten muss der Mietende nur zahlen, wenn das ausdrücklich vertraglich festgelegt ist. Häufig passiert das in Form einer monatlichen Vorauszahlung und je nach Verbrauch muss man am Ende nachzahlen oder erhält ein Guthaben vom Vermietenden gutgeschrieben. Er ist verpflichtet, diese Abrechnung vorzulegen und als Mietender sollte man ganz genau hinsehen, ob die Abrechnung korrekt ist, denn hier lässt sich eventuell Geld sparen. Die Frist für die Vorlage beträgt ein Jahr nach Ablauf der Abrechnungsperiode. Da in WGs häufig die Mitbewohner wechseln, muss auf eine zeitanteilige Umrechnung geachtet werden, damit jeder nur das zahlt, was er verbraucht hat. Außerdem verfallen Nachzahlungen, falls die Betriebskostenabrechnung nicht fristgerecht vom Vermieter vorgelegt wird, aber ein Guthaben verbleibt.
Natürlich kann dieser Bericht keine fachliche Beratung ersetzen und jeder Vertrag bedarf einer individuellen Prüfung. Doch als kleine Zusammenfassung kommt hier meine Top 10 der wichtigsten Punkte, die man als Mietender beachten sollte:
Wer jetzt noch Fragen hat oder wer tatsächlich in einem Streit mit seinem Vermieter steckt, dem ist die Mietrechtsberatung von Herrn Kost wärmstens zu empfehlen.
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