Die Zahl der Studierenden hat in Deutschland seit dem Jahr 2005 um 45 Prozent zugenommen. Doch die Zahl der öffentlich geförderten Wohnheime hat nur um 8,5 Prozent zugenommen, wie aus einer Anfrage der Grünen an die Bundesregierung hervorgeht. Damit steht fest: Die Chance auf einen Platz in einem Wohnheim ist so schlecht wie seit 29 Jahren nicht mehr.
Gleichzeitig steigen auch die Mieten in den Wohnheimen. Wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht, sind diese zwischen 2010 und 2017 um 18% gestiegen.
Die Union und SPD hatten in ihrem Koaltionsvertrag festgelegt: "Auch die Schaffung studentischen Wohnraums, u.a. auch Wohnheimplätze, wollen wir fördern." Dabei verweist die Bundesregierung auf Mittel, die sie den Ländern für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stelle. Denn diese können eben auch für die Wohnheime genutzt werden.
Zu Beginn des letzten Sommersemesters verzeichnete die Universität Mainz etwa 31.000 Studierende. Darauf kommen 4279 Wohnheimplätze, wenn man Bingen in den Bereich rund um Mainz mit einrechnet. Somit habe die Stadt eine vergleichsweise gute Quote von 13 Prozent für Studierende, die einen Platz in einem Wohnheim bekommen können, teilt Thomas Kohn-Ade, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit und Marketing des Mainzer Studierendenwerks mit.
Noch vor einem Jahr konnten zum Sommersemester 2018 alle Wünsche auf einen Wohnheimplatz erfüllt werden. Aber zum Wintersemester 2018/19 war die Zahl der Plätze nicht ausreichend. Für den Hochschulstandort Mainz konnte 2018 eine Auslastung von 99,9% Prozent festgestellt werden. Somit gibt es eine hohe Nachfrage. Die Warteliste für Studierende zum Semesterstart des Wintersemesters 2018/19 betrug dabei 500 Interesent:innen.
Grund dafür könnte sein, dass sich zum Wintersemester regelmäßig mehr Studierende einschreiben, als zu Beginn des Sommersemesters. Kohn-Ade betont allerdings weiter, dass die Studierendenzahl sich in Mainz nicht so dramatisch entwickelt hat wie im restlichen Bundesland.
Konkrete Pläne zum weiteren Ausbau der Kapazitäten gebe es zurzeit zwar nicht, aber das Studierendenwerk sei weiterhin mit Stadt und Land in Gesprächen für die Unterstützung bei Neubauten in Campusnähe. Des Weiteren räumt Kohn-Ade ein, dass er grundsätzlich einen hohen Bedarf für bezahlbaren Wohnraum in Mainz sehe.
Nach Wissen des Wohnheimparlaments unterscheidet sich die Quote der Wohnheimplätze zu den Studierenden um einige Prozent im Vergleich zu der, die dem SWR mitgeteilt wurde. Sie nennen eine Quote von 11,8 Prozent. Eine höhere Angabe scheine unwahrscheinlich, da die Wohnanlage in Mainz Weisenau in der letzten Zeit nicht vollständig bewohnbar war.
Auch in Mainz müssen bestehende Wohnungen immer wieder saniert und erneuert werden. Das führt dazu, dass die Attraktivität der Stadt und der Wohnungen innerhalb der Stadt weiter sinkt. "Neben den laufenden Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an den verschiedenen Wohnheimen muss z.B. die 1992 erbaute Wohnanlage Hechtsheim saniert werden. Das bedeutet für die Wohnheime eigentlich v.a. eins: Die Mieter werden weiter Mieterhöhungen ertragen müssen", teilte das Wohnheimpräsidium auf Anfrage mit.
Wer sich durch die Preise in den unterschiedlichen Wohnheimen klickt, stellt fest, dass Wohnheimszimmer zu unterschiedlichen Preisen vermietet werden. Das liegt, so Kohn-Ade, zum einen an dem Sanierungsstand des jeweiligen Wohnheims. Des Weiteren gebe es auch Unterschiede zwischen Einzel- und Doppelappartements. Denn Letztere haben zwar nicht viel mehr Quadratmeter, aber bestehen aus zwei Räumen. Somit werden die Preise auch für zwei Personen gerechnet.
Im Wohnheim Inter 2 werden die Doppelappartements v.a. als barrierefreies Wohnangebot genutzt, bei denen es eine entsprechende Ausstattung gibt. "Die Mietpreise aller Appartements wurden zum 01.03.2019 auf Grundlage des Beschlusses des Verwaltungsrates vom 11. Dezember 2018 um 15 Euro pro Monat angepasst", so Kohn-Ade. In dem Wohnheim in Weisenau gab es eine Erhöhung von fünf Euro pro Monat auf Grund einer umfassenden Großsanierung sämtlicher Zimmer.
Aus Sicht das Wohnheimparlaments ist das Studierendenwerk zur Zeit nicht in der Lage, weitere Bauprojekte zu stemmen. Darüber hinaus solle man v.a. weitere Mieterhöhungen stoppen.
Das Studierendenwerk in Mainz würde gerne zusätzliche Plätze anbieten, so Kohn-Ade. Es stellt sich allerdings die Frage nach der Finanzierung. Die aktuellen möglichen Fördermaßnahmen reichten nicht aus, um die Kosten für weitere Wohnheimsplätze zu decken. Für die Fördermaßnahmen müsse man Eigenkapital und ein Grundstück mitbringen, erklärt Kohn-Ade gegenüber dem SWR. Daher sei man gezwungen, sich auf dem Kapitalmarkt mit Geld zu versorgen, was schließlich für die höheren Mieten in Mainz selbst verantwortlich sei.
Überraschend, aber wahr: Am Rhein kostet ein Wohnheimzimmer zwischen 297 und 425 Euro. Laut Münchner Studierendwerk liegt der Durchschnittpreis für ein Zimmer im Wohnheim bei 291,90 Euro. Wartelisten gibt es aber dort genauso wie in Mainz.
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