"Elaha": Ein authentischer Blick auf kulturelle und persönliche Zerrissenheit

30.10.2023
Freizeit
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Der Film Elaha entführt die Zuschauer in die komplexe Welt einer jungen Frau, gefangen zwischen kulturellen Erwartungen und persönlichen Sehnsüchten.

"Elaha", inszeniert von Milena Aboyan, ist ein eindrucksvolles Drama, das die verworrene Welt einer jungen Deutsch-Kurdin beleuchtet, die in einem kulturellen und persönlichen Dilemma gefangen ist. Der Film wird am 05.11.2023 im Rahmen des Filmfestivals Filmz im Cinestar in Mainz vorgeführt. Bayan Layla verkörpert dabei die Hauptfigur Elaha und nimmt dabei die Zuschauer auf eine emotionale Reise der Selbstfindung mit.

Elahas Gratwanderung 

"Manchmal wünschte ich, ich hätte eine deutsche Vagina." Dieser Satz ist ein Sinnbild für das Spannungsverhältnis zwischen der deutsch-kurdischen Identität und der Sexualität im Leben von Elaha, welches auch darüber entscheidet, ob sie innerhalb ihrer Familie weiterhin akzeptiert wird oder nicht.

So steht das Spannungsverhältnis einer jungen, emanzipierten Frau zu ihrer Kultur im Fokus, die ihr zwar sehr wichtig ist, aber keinerlei sexuelle Offenheit oder Freiheit zulässt.

Die Unsicherheit wird insbesondere dann deutlich, als Elaha, getrieben von der Angst, von ihrer Familie verstoßen zu werden, versucht, ihre Jungfräulichkeit vor der bevorstehenden Hochzeit chirurgisch wiederherstellen zu lassen. Dabei erlebt sie unterschiedliche Rückschläge und beginnt, immer stärker zu zweifeln, was der richtige Weg für sie sein könnte. Es entsteht ein Konflikt, da sie scheinbar gezwungen wird, sich zwischen ihrer Familie und einem freien, emanzipierten Leben zu entscheiden. Es ist eine Gratwanderung, in der sie versucht, beide Welten unter einen Hut zu bringen.

"Bist du die Frau, die du sein willst?"

In dieser Frage mündet die Geschichte. Als Publikum beobachtet man, wie Elaha sich zunehmend selbst reflektiert und beginnt, sich selbst zu hinterfragen. Die Nebencharaktere, darunter Elahas Familie, Freundinnen sowie ihr Verlobter und ihr Freund, spiegeln die verschiedenen Facetten ihres Lebens wider und führen zu einer interessanten Charakterentwicklung.

Authentizität und emotionale Tiefe

Die Regisseurin Milena Aboyan zeigt ein bemerkenswertes Gespür für technische Umsetzungen, welche die emotionale Tiefe der Geschichte hervorheben. Durch die Wahl langer Kamerafahrten und sparsamer Schnitte schafft sie eine aufrichtige Nähe zwischen den Zuschauern und den Charakteren.

Dies wird besonders in Szenen des Konflikts zwischen Elaha und dem patriarchalen Umfeld deutlich, in denen die Kameraführung eine spannungsgeladene Atmosphäre erzeugt. Der sorgfältige Einsatz von Nahaufnahmen ermöglicht es dem Publikum, die Emotionen der Charaktere hautnah zu erleben.

Die Nähe und Fokussierung auf die Emotionen der Charaktere wird beispielsweise in einer Szene auf einem Balkon zwischen Elaha und ihrem Vater deutlich. Während dieser ruhigen Szene, ohne musikalische Begleitung, liegt die Perspektive klar auf dem Gesicht von Elaha, während der Vater fast ausschließlich mit dem Rücken zur Kamera spricht. Dadurch gibt es wenig Ablenkung von den gesprochenen Worten des Vaters und der Mimik von Elaha, was einen Fokus schafft, der dem Zuschauer das Gefühl gibt, Teil dieser Szenerie zu werden.

Elaha: Zwischen Kommunikation und Schweigen

Einige Dialoge werden beinahe vollständig nonverbal geführt, was auch aufgrund der durchweg guten bis sehr guten schauspielerischen Leistung ermöglicht wird. Hervorzuheben sind dabei die Dialoge zwischen Elaha und ihren Eltern, welche meistens ohne viele Worte auskommen, aber gleichzeitig nicht an Bedeutung verlieren.

Das Produktionsdesign ist ebenfalls beeindruckend authentisch, da mit realistischen Kulissen und Kostümen die Lebensrealitäten der Charaktere glaubwürdig abgebildet werden. Die thematische Tiefe des Films wird durch die respektvolle und elegante Darstellung von Sexualität und Nacktheit ergänzt, die dem Publikum einen nachdenklichen Einblick in die persönlichen und kulturellen Dilemmata der Hauptfigur bietet. Durch die kreative Kombination von Musik, Schnitt und Kameraarbeit entsteht ein atmosphärisches Gesamtbild, das die Zuschauer in die Welt von Elaha eintauchen lässt.

Von Feminismus bis kultureller Identität

Im Kern von "Elaha" liegt der Zwiespalt zwischen kulturellen Erwartungen und persönlicher Freiheit. Die Themenvielfalt des Films, angefangen von Feminismus bis hin zu kultureller Identität, wird durch die kontrastreichen Beziehungen und Erlebnisse der Hauptfigur erforscht.

Die verschiedenen Beziehungen in Elahas Leben, insbesondere die mit ihrer Familie und ihrem Freund, werfen ein Licht auf die komplexen Emotionen und die Suche nach Zugehörigkeit in einer geteilten Welt.

Lohnenswert?

"Elaha" ist ein sorgfältig konstruiertes Werk, das die Zuschauer ermutigt, über die vielschichtigen Themen kultureller Identität, persönlicher Freiheit und gesellschaftlichen Erwartungen nachzudenken. Mit einer starken schauspielerischen Leistung, einer authentischen Erzählweise und einer technischen Brillanz bietet "Elaha" ein schönes und bewegendes Kinoerlebnis.

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