Das Warten auf den Kaufrausch

13.11.2018
Campus-News
jsc

Das Wirtschaftsklima auf dem Campus ist wechselhaft: Nach langer Diskussion über einen Supermarkt scheinen nun die ersten Hürden genommen zu sein. Derweil kämpft manch alteingesessener Laden um die Existenz.

Das Nachbeben des Presslufthammers 

"Es ist mittlerweile so schlimm, dass wir schon früher schließen, statt um fünf um drei", heißt es im leergefegten Schreibwarenladen M. Dollman-Morys in den Kolonnaden am Forum. Gerade in der vorlesungsfreien Zeit im Sommer habe die Hitze zusätzlich die Kundschaft vertrieben, die nicht bereits den günstigeren Discounteralternativen verfallen sei. Dabei können gerade die Läden in den Kolonnaden Mehreinnahmen gebrauchen, denn sie spüren immer noch die Nachwirkungen der Bauarbeiten am Forum, die 2017 für ganze sechs Monate das Geschäft nahezu ausbleiben ließen (campus-mainz.net berichtete).

In der Campus-Buchhandlung lässt sich eine ähnliche Bilanz ziehen: Auch hier hat die Baustelle ein Loch in der Kasse hinterlassen, obwohl die Miete während dieser Zeit flächendeckend an die ausbleibende Kundschaft angepasst wurde. Jedoch machen sich in der Buchhandlung außerdem die unsichtbare Konkurrenz und die Digitalisierung bemerkbar: Zwar sei beispielsweise noch auf die Juristinnen und Juristen Verlass, die immer noch auf das klassische Buch und die große Blattsammlung setzen würden. Allerdings gehe vor allem in den Naturwissenschaften der Trend zum eBook, so Geschäftsführer Ottenbreit. Viele würden ihre Bücher außerdem günstiger online kaufen, um Zeit zu sparen, obwohl eine zeitnahe Lieferung auch über die Buchhandlung möglich sei, erklärt eine studentische Aushilfe. Insgesamt belaste dies zwar das Ladengeschäft, allerdings beliefere die Campus-Buchhandlung nach wie vor auch die Universitätsbibliotheken, sodass es am Ende nach Ottenbreit "eigentlich noch keinen Grund gibt, sich zu beklagen".

Auch Elke Ladenberger sieht den Online-Handel als maßgeblichen Faktor für die wirtschaftliche Situation der Läden an den Kolonnaden: Dass ihr Geschäft mit Tabakwaren vergleichsweise gut läuft, erklärt sie sich damit, dass diese in der Regel nicht online bestellt werden würden. Auch in Werner's Backstube sieht die Bilanz nun nicht mehr so schlecht aus wie zur Zeit der Baumaßnahmen. "Wir machen jetzt zwar auch weniger Umsatz, aber es ist nicht so schlimm wie bei den anderen Läden. Essen geht immer, das ist überall beliebt", erklärt eine Verkäuferin, während sie eine Kundin bedient.

Ein ähnliches Bild bieten die Base Sportlerbar, der Baron, das QKaff und die Mensen: Das legt den Schluss nahe, dass Gastronomie auf dem Campus vergleichsweise gut zu laufen scheint.

Streitthema Supermarkt

Aus diesem stetigen Bedarf nach Essen und Trinken auf dem Campus entwickelte sich bereits vor mehreren Jahren die Forderung nach mehr gastronomischer Vielfalt und der damit verbundenen Entscheidungsfreiheit für Studierende. So ist beispielsweise die Liberale Hochschulgruppe (LHG) der Ansicht, dass neben dem Studierendenwerk andere Gastronomie-Anbieter "nicht zugelassen oder verdrängt" werden. Daher setzt sie sich im StuPa-Wahlkampf immer wieder dafür ein, einen Supermarkt auf den Campus zu holen. Damit solle einer Monopolstellung des Studierendenwerks und weiteren Preissteigerungen in den Mensen entgegengewirkt werden. Laut dem Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) ist angeblich eine erste Hürde für das Supermarkt-Projekt bereits genommen worden: Das Bauvorhaben sei schon vom Senat beschlossen worden und soll "in den Neubau der neuen Zentralbibliothek integriert werden". Die LHG ist auf Nachfrage dem Standort gegenüber positiv eingestellt und auch die Hochschulleitung teilt mit, dass sie "alle Vorhaben, die dazu beitragen, den Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) attraktiv zu gestalten" begrüßt. Ein konkretes Vorhaben zur Planung oder Errichtung eines Supermarkts auf dem Campus der JGU könne sie jedoch nicht bestätigen.

Doch ob der Supermarkt nun verwirklicht wird oder nicht, das Thema spaltet die hochschulpolitische Landschaft auf dem Campus: Zwar sind sich sowohl RCDS als auch Jusos und LHG über den Vorteil einig, der sich gerade für die Bewohnerinnen und Bewohner der Wohnheime auf und um den Campus hierdurch ergeben würde. Allerdings sieht der RCDS gleichzeitig kritisch, dass die Konkurrenz sich für die Studierenden trotz offensichtlicher Vielfalt im Angebot letztendlich negativ auswirken könnte, da sich die sinkenden Einnahmen des Studierendenwerks in höheren Semesterbeiträgen niederschlagen könnte, um Verluste auszugleichen. Auch die LHG hat Protest für den Fall angekündigt, dass das Studierendenwerk die Kosten auf den Semesterbeitrag umlegen würde. Um Preiserhöhungen in den Mensen zu vermeiden, sollte ein Supermarkt laut RCDS "die Produkte anbieten, die aufgrund der geringen Nachfrage in den Mensen überteuert sind (z.B. Obst), und sich die Angebote quasi ergänzen". Ebenfalls abgestimmt auf das Angebot in der Mensa sei zudem wünschenswert, "möglichst nachhaltige und plastikfreie Produkte anzubieten".

Die Linke Liste und CampusGrün sprechen sich vergleichsweise ablehnend gegenüber einem Supermarkt auf dem Campus aus. CampusGrün teilt die Sorge bezüglich steigender Semesterbeiträge durch Verluste in den Mensen und findet zudem, dass die bestehende Gastronomie auf dem Campus ausreichend sei. Im Vergleich dazu ist die Linke Liste vor allem neuen kleinen Läden und nicht-kommerziellen Initiativen, wie solchen in studentischer Selbstverwaltung, gegenüber aufgeschlossen. Sie plädiert beispielsweise für eine Foodsharing-Station oder ein Café, um für ein breiteres Angebot zu sorgen und dabei den Fokus auf dem Campus weiterhin auf Forschung und Lehre zu setzen.

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