"Brücke ins Nichts" – Pleiten, Pech und Planungsfehler

29.07.2018
Campus-News, Freizeit
hr

Mehr als drei Millionen Euro nahm die Stadt Mainz in die Hand, um über die Koblenzer Straße eine Bus-Brücke zu bauen. Der Plan: den JGU-Campus und die Hochschule für den Busverkehr miteinander zu verbinden. Der Schönheitsfehler: auch drei Jahre nach dem Bau ist noch kein Bus über die Brücke gefahren. Doch das soll sich jetzt ändern.

Als im Frühling 2015 Bagger vor den Fenstern des K3 Wohnheims aufkreuzten, schien das Bauprojekt auf die Zielgerade einzubiegen. Bustraßen sollten die bereits fertiggestellte Brücke flankieren und eine direkte Busanbindung zwischen Unigelände und Hochschulcampus schaffen. Dazu mussten nur noch die umliegenden Felder einer asphaltierten Straße weichen. Keine große Sache. Eigentlich.

Ungeahnter Bauernaufstand

Doch da sollte sich die Stadt komplett verkalkuliert haben. Als sich gerade schweres Gerät auf den Feldern bereit machte und die ersten Löcher ausgehoben waren, kamen auch die Besitzer der Felder aus ihren Löchern gekrochen. Sie fanden die unangekündigten Buddelmaßnahmen auf ihrem Grundstück weniger amüsant. Der Grund für die Konfusion: Anders als von der Stadtverwaltung angenommen, gehörten die Felder rundum die Brücke und das K3 Wohnheim nicht der Stadt Mainz, sondern Landwirten aus Bretzenheim und Gonsenheim. Mit denen hatte im Vorfeld niemand über die Transformation vom Kartoffelacker zur Bustrasse gesprochen, weshalb die Löcher wieder hastig zugeschaufelt wurden. Was zurückblieb, waren peinliche Schlagzeilen und ein gebrandmarktes Bauprojekt mit Planungsfehler.

Der (Dauer-) "Irrsinn der Woche"

Die NDR-Satiresendung "extra3" kürte die Brücke zum "Irrsinn der Woche" – mittlerweile  wurde das Video über die Busbrücke, die noch nie einen Bus gesehen hat, mehr als 500.000 Mal angeklickt. Als wäre das noch nicht genug des Hohns und Spotts, sorgte das Malheur auch noch für einen Eintrag in das Schwarze Buch des Bundes der Steuerzahler wegen Steuerverschwendung. Und auch im Rathaus hat man erkannt, dass man sich der Kritik stellen muss. "Wir wissen, dass vor drei Jahren ein Fehler passiert ist. Über den haben wir breit diskutiert und der Fehler bleibt ein Fehler", gibt Oberbürgermeister Michal Ebling zu.

Unglücklich: Runder Tisch zur besten Erntezeit

Was folgte, war der Versuch, den Fehler schnellstmöglich auszubügeln. Wobei "schnellstmöglich" an dieser Stelle ein sehr dehnbarer Begriff ist. Vor ziemlich genau drei Jahren versuchte die Stadt Mainz die Landwirte zum Verkauf ihrer Felder zu bewegen. Ohne durchschlagenden Erfolg. Der Dialog verlor sich rasch in Rechtsstreitigkeiten. Ein Runder Tisch wurde zur besten Erntezeit einberufen, was nicht bei allen Beteiligten gut ankam. So versandeten die Verhandlungen wie die Brücke – im Nichts. Sechs Jahre Planungszeit und 3,4 Millionen für eine Busbrücke, die nur von Fußgängern und Radfahrern genutzt werden kann.

Bürokratie, Bauerntricks und Baggerpause

Das Zauberwort, das Bewegung in die verfahrene Lage brachte, heißt "Umlegungsverfahren".  So ein Verfahren heißt im Klartext Folgendes: Die Bretzenheimer und Gonsenheimer Bauern, deren Grundstücke betroffen sind, werden mit alternativen landwirtschaftliche Flächen in der Nähe entschädigt. Damit die betroffenen Landwirte nicht mit einem Bauerntrick über das Ohr gehauen werden, gilt: Der Wert dieser Flächen darf durch die Umlegung nicht geringer werden. Die Begeisterung der 15 betroffenen Flächenbesitzer hielt sich anfangs in Grenzen. Im Herbst 2016 verweigerten noch 13 Eigentümer den Deal. Doch zuletzt kam wieder Bewegung in die Auseinandersetzung um Ausgleichsflächen und Grundstückneuordnung. Der Umlegungsausschuss hat Ende März Beschlüsse gefasst, die die Bagger wieder anrücken lassen könnten. Mittlerweile haben mehr als 20 Eigentümer ihre Grundstücke veräußert. Zum großen Teil allerdings nicht an die Stadt Mainz - das würde die ewigen Querelen um die Ackerflächen zu abrupt abkürzen.

Aus Ackerland wird Bauland

Fast ein Drittel der 16.000 Quadratmeter großen Fläche entlang der Saarstraße gehört nun der privaten Firma G. L. Kayser Immobilien. Da das Mainzer Unternehmen eigene Bebauungspläne im Sinn hat und aus Ackerland Bauland macht, werden weitere Straßen sowieso unumgänglich. Gegen eine Busanbindung erhebt die G. L. Kayser Immobilien als neuer Eigentümer keine Einwände.

Um eine sehr verzwickte Geschichte abzukürzen: Die Trasse kann kommen!
Doch um gleich auf die Euphoriebremse zu drücken: Bis der erste Bus über die Brücke rollt, wird es mindestens noch ein Semester dauern. Bis dahin gilt weiterhin, was schon die DDR-Rockband Karat besang: "Über (diese) Brücke musst du geh'n". Oder radeln, das geht natürlich auch. 

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