Beyond Clichés – Ein interkultureller (digitaler) Austausch

18.02.2022
Studium, Internationales
cah

Mit dem interkulturellen Training "Beyond Clichés" ermöglicht das Servicemanagement des Fachbereichs 02 Studierenden aus Mainz und dem Ausland, in einen Austausch zu treten. Ein Erfahrungsbericht.

Auch in diesem Wintersemester bot das SoWi?So!, Servicemanagement für Studium und Lehre des Fachbereichs 02 für Sozialwissenschaften und Sport, das interkulturelle Training "Beyond Clichés" für Studierende an. Dieses wurde bereits 2017 im Rahmen des JGU-Projektes "Lehren – Organisieren – Beraten" (LOB) von Dr. Barbara Müller ins Leben gerufen. 

Als Redakteurin von Campus Mainz e.V. hatte ich die Möglichkeit, Teil dieses Projekts zu sein und einige der Veranstaltungen und Trainingseinheiten in diesem Semester journalistisch zu begleiten. Dort habe ich einen Eindruck erhalten, der mir dabei geholfen hat, folgende Fragen zu beantworten: Was genau beinhaltet das Training "Beyond Clichés" und welche Ziele verfolgt es dabei? Wie funktioniert die Zusammenarbeit internationaler Studierenden in Zeiten der digitalen Lehre und inwiefern spielt die Kultur dabei überhaupt eine Rolle? Und nicht zuletzt: Was hat mich der interkulturelle Austausch schlussendlich gelehrt?  

Wie läuft das Training ab und welche Ziele verfolgt Beyond Clichés?

Das interkulturelle Training möchte in erster Linie Studierende aller Nationen in Kontakt und Austausch bringen. Dazu werden zum einen theoretische Trainingseinheiten abgehalten, welche von einer Trainerin der Hochschule Koblenz geleitet wurden. Hierbei wurden unterschiedliche Themenschwerpunkte gelegt:

So ging es in einer Trainingseinheit zum Beispiel um die Frage, was Kultur überhaupt bedeutet. Was ist eine nationale Kultur und inwiefern legt eine Kultur vielleicht sogar fest, welchen Job ich bspw. ausübe? Im Allgemeinen ging es somit um die Reflexion seines kulturellen Hintergrundes und das Erlernen einer Kommunikation im interkulturellen Umfeld. Welche Missverständnisse könnten dabei auftreten und wie kann ich diese bestmöglich vermeiden? 

Zum anderen waren Gruppenevents und Veranstaltungen in Präsenz geplant, welche die Studierenden auch außerhalb des Trainings in einen Austausch bringen sollten. Hierbei war das Wort "Teamwork" großgeschrieben, indem unterschiedliche Aufgaben innerhalb der Gruppe gelöst werden sollten. Gleich nach der ersten theoretischen Trainingseinheit folgte somit eine gemeinsamen Stadtrallye, durch die man auch die Stadt Mainz und seine Gruppe besser kennenlernen konnte. Anschließend ließ man den Abend in einem Restaurant ausklingen – laut Quellenbericht, ein sehr fröhlicher und geselliger Abend. 

Doch leider blieb schon der nächste Ausflug in den Escape-Room das letzte offizielle Gruppenevent.  Der Stunden- und Trainingsplan musste der pandemischen Lage im Winter angepasst und auf die Online-Lehre umgestellt werden. Dies hatte zur Folge, dass ich das erste Mal in meinem Leben an einem Online-Pub-Quiz teilnahm.

Grundsätzlich wird Studierenden durch die Teilnahme an dem Training das Erlangen von 3 ECTS ermöglicht. Um diese und ein Zertifikat zu erhalten, war jedoch die Teilnahme an allen drei Trainingseinheiten und mindestens drei Gruppenevents verpflichtend. Des Weiteren waren die Studierenden dazu angehalten, ein "Learning Journal" zu führen, in welches sie Erfahrungen und Erkenntnisse, die sie in dem Training machten, festhalten mussten. Die Unterrichtssprache war Englisch.

Wie funktionieren Zusammenarbeit und Gruppenevents online?

Mein persönlicher Eindruck war, dass die Zusammenarbeit sowohl organisatorisch als auch für den Dialog, ähnlich wie in der digitalen universitären Lehre, online erschwert war. Ich habe es als schwierig empfunden, mit Personen, denen ich zuvor noch nie begegnet war und die ich jetzt auch nicht sah, in ein Gespräch zu kommen.

Dennoch habe ich die Organisator:innen als bemüht erlebt, die Teilnehmenden weiterhin zu motivieren und dabei anzuregen, in einen Austausch zu kommen – dem Motto folgend: "Wir müssen das Beste draus machen!"

Sicherlich spielte dabei auch eine große Rolle, dass die digitale Lehre sowohl Studierenden als auch Betreuer:innen nicht mehr fremd war. Vielmehr war hin und wieder eine Enttäuschung aufgrund der gegebenen Umstände zu spüren, da die Hoffnung auf eine Präsenzveranstaltung zunächst sehr groß war. 

Alternativ wurden schließlich drei Gruppenprojekte angeboten, welche in kleineren Teams durchgeführt wurden. Eine Gruppe hatte sich somit zum Ziel gesetzt, einen Song zu schreiben und einzuspielen. Die zweite Gruppe übernahm die Aufgabe des "Networkings", indem mögliche Gruppenevents geplant werden sollten, welche, wenn die pandemische Lage es wieder zuließ, als Gruppe bestritten werden könnten. 

Dies sollte ebenfalls dazu dienen, ein internationales Netzwerk aufzubauen und Kontakt zu halten. Die letzte der drei Gruppen, welcher auch ich angehörte, kreierte kleine Videos, welche die jeweiligen Neujahrstraditionen der unterschiedlichen Kulturen aufgreifen sollten. Eine Präsentation aller Gruppenergebnisse wurde für das Semesterende anberaumt. 

Während der Gruppenarbeit hatte ich jedoch das Gefühl, ähnlich wie auch im regulären Online-Studium, dass jede:r eigenständig und allein an seinem Projekt arbeitete. Häufig waren dabei Terminabsprachen unklar oder es kamen nur wenig Reaktionen auf Nachrichten und Anfragen. So zeigte sich auch im interkulturellen Austausch ein allgemein bekanntes Phänomen der Online-Kommunikation, unabhängig von Kulturen und Sprachbarriere. Daher wünsche ich allen zukünftigen Gruppen hoffentlich wieder an einem Training unter "normalen" Umständen mit direktem Austausch teilnehmen zu können, denn interessanten Gesprächsstoff gab es allemal!

Was hat mich der interkulturelle Austausch gelehrt? 

Zunächst möchte ich noch einmal betonen, dass ich das Projekt als Redakteurin nur in Ausschnitten begleiten konnte und meine Sicht daher keineswegs mit der einer regulären Teilnehmerin zu vergleichen ist. Doch auch nur kleine Eindrücke, die ich in dieser Zeit sammeln durfte und hier schildere, haben mich überrascht oder auch zum Nachdenken gebracht:

So ist mir ein Gespräch während der bereits erwähnten Gruppenarbeit in besonderer Erinnerung geblieben. Inhalt dieser Unterhaltung waren Neujahrstraditionen, über die wir uns austauschten: Wie feiert ihr Neujahr? Was sind typische Traditionen bei euch zu Hause? 

In meiner Gruppe waren Studierende aus Italien, Spanien, der Türkei und Asien. Als ich über die deutschen Traditionen an Silvester erzählte, wie zum Beispiel das Wunderkerzen anzünden, war ich über die Reaktionen der Gruppenmitglieder vorerst überrascht. So erfuhr ich, dass das Anzünden von Wunderkerzen zu Silvester noch lange keine internationale Tradition ist. 

Manche Gruppenmitglieder hatten bereits davon gehört, waren sich aber schlussendlich nicht ganz sicher, Wunderkerzen auch selbst schon einmal verwendet zu haben. Schmunzeln musste ich dann, als ich erfuhr, dass in Asien Wunderkerzen eigentlich eher älteren Menschen vorbehalten seien. Was mir anfänglich als völlig banal erschien, hatte nun auf einmal eine ganz andere Bedeutung erhalten. 

Doch vermutlich ist genau das, was ich in mein ganz persönliches "Learning Journal" schreiben werde: Das Hinterfragen von Dingen, die man zunächst als selbstverständlich erlebt und sich nie darüber Gedanken gemacht hat – Beyond Clichés eben. Für mich war bereits dieser Austausch bereichernd und ich durfte darüber hinaus viele neue Menschen und Kulturen kennenlernen, wofür ich mich bei den Organisator:innen und dem gesamten Team von "Beyond Clichés" bedanke.

Als ich schließlich am Neujahrsabend um kurz nach zwölf auf dem Balkon stand und eine brennende Wunderkerze in der Hand hielt, musste ich lächeln. Und ich gebe zu: Ein klein bisschen älter habe ich mich auf einmal auch gefühlt.

Campus Mainz e.V. unterstützen!

Campus Mainz e.V. ist ein gemeinnütziger Verein und die meiste Arbeit ist ehrenamtlich. Hilf uns dabei auch in Zukunft tolle Dienste für alle kostenlos anzubieten. Unterstütze uns jetzt!