Bachelor – bei dem Namen denken viele zuerst an einen attraktiven Single-Mann, der im Fernsehen gefühlsduselig Rosen verteilt. Gibt man das Wort jedoch bei Google ein, erscheint eine ungleich trockenere Definition: Substantiv [der] 'bɛtʃəlɐ, unterster akademischer Grad.
Denn dank der umstrittenen Bologna-Reform dürfen sich alljährlich auch unzählige Studierende Bachelor (oder "Bachelorette", mögen besonders telegene Kommilitoninnen einwerfen) nennen. Dabei treten sie natürlich nicht in Konkurrenz mit dem schönen Muskelprotz, sondern können tatsächlich ihren ersten Uni-Abschluss vorweisen.
So auch wir beide, die (Zufall?!) zeitgleich zur 5. Folge der achten Bachelor-Staffel unsere Bachelorarbeit abgeben werden. Obgleich die Definition "unterster akademischer Grad" wenig glorreich daherzukommen scheint, so steckt doch hinter jeder Bachelorarbeit eine Menge Disziplin. Da wir beide ganz zwillingsgetreu eine gemeinsame Arbeit verfasst haben (Ja, das geht! Man muss nur die Prüfungsordnung genau lesen!), wird unsere Arbeit besonders dick: In den 60 Seiten stecken vier Monate Arbeit.
Dafür allerdings scheint die Entlohnung für angehende Absolventinnen und Absolventen angemessen: Es ist der Aufstieg in die Gruppe der Akademikerinnen und Akademiker, und damit die erste Krönung unserer wissenschaftlichen Laufbahn – sei sie noch so bescheiden. Denn nach fast vierjähriger Sichtung mannigfaltiger Befragungen, Inhaltsanalysen und Experimente dürfen wir nun endlich unsere erste eigene Forschungsarbeit in den Händen halten. Auch viele unserer Kommilitoninnen und Kommilitonen sind dem Wunsch nach der eigenen empirischen Arbeit erlegen und haben teilweise interessante Forschungsdesigns entwickelt.
Trockene Theorien in spannende Praxis zu verwandeln, Studierende zum Forschen zu motivieren und damit in ambitionierte Nachwuchswissenschaftler zu verwandeln, sollte den deutschen Universitäten eigentlich ein wichtiges Anliegen sein. Doch was für uns Studis einen besonders hohen subjektiven Wert hat, relativiert das universitäre System mit bemerkenswert nüchternen Zahlen. Lediglich zwölf ECTS ist dem Prüfungsamt unsere Thesis wert. Dazu kommen weitere fünf für die mündliche Prüfung.
Wir fragen uns: Ist der Bachelorgrad überhaupt noch etwas wert? Oder ist er lediglich die Eintrittskarte für das Masterstudium, das anscheinend erst absolviert werden muss, um in der Arbeitswelt ernstgenommen zu werden? Sind wir also tatsächlich nur Kandidatinnen einer ernüchternden "Bologna-Show" und hoffen darauf, dass uns der Bachelor die lang ersehnte Rose übergibt, um in die nächste Runde aufzusteigen?
Wir finden: Nein! Wir Bachelorabsolventinnen und -absolventen besitzen sehr wohl die Reife, eines ordentlichen akademischen Grades würdig zu sein. Schließlich schreibt sich die Arbeit nicht von selbst und ist damit die ultimative Bewährungsprobe für jeden, der Fähigkeiten wie Disziplin, Zeitmanagement und Fleiß bisher eher nicht so ernst genommen hat. Schreibt man eine Bachelorarbeit, ist man schließlich auf sich alleine gestellt und bekommt weder Stundenpläne noch PowerPoint-Folien oder fertige Literaturlisten auf dem Silbertablett serviert. Spätestens jetzt zeigt sich, wer wirklich das Zeug zum Akademiker hat.
Das wissen auch Personalchefs deutscher Großunternehmen, die unter Fachkräftemangel leiden und oftmals verzweifelt Bachelor-Absolventen suchen. Viele potentielle Bewerberinnen und Bewerber stecken jedoch mitten im Master-Studium, oftmals nur aus Angst, als Bachelor dem Arbeitsmarkt nicht gewachsen zu sein. So scheint es vielmehr, dass der Bachelor zur reinen Formalität degradiert wurde, denn oft hören wir: "Nach dem Master fragt dich eh keiner mehr danach." Deshalb würden wir uns wünschen, dass der Bachelor eine Aufwertung erfährt, der sich nicht nur in ECTS-Punkten ausdrückt. Lasst uns also die Vorurteile über den Bachelor als Schmalspurstudium aus dem Weg räumen und stolz sein auf unsere akademische Leistung. Auch wenn wir dafür keine Rose bekommen.
Dieser Artikel wurde in ähnlicher Form im Publizissimus, der studentischen Fachschaftszeitung der Publizisten, im Wintersemester 2017/18 veröffentlicht. Die Bearbeitung für die Redaktion von campus-mainz.net übernahmen Daniel Böcher und Elisabeth Brachmann. Dem Publizissimus kann man auf Facebook und Instagram folgen.
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