#Ausland | Mordida!

27.02.2016
Studium, Internationales
Hannes

In Valencia treffen nicht nur Studierende aus ganz Europa aufeinander, sondern auch von Übersee – ein positiver Clash of Cultures. Immer wieder trifft man auf ungekannte Vorstellungen und Perspektiven. Und das gemeinsame Feiern kann die ein oder andere Überraschung beinhalten.

Es gibt verrückte Traditionen, merkwürdige kulturelle Eigenheiten auf diesem Planeten. Tausende Jahre menschlicher Zivilisation haben sich in unterschiedlichsten Entwicklungen niedergeschlagen.

Sie haben zu grundsätzlich verschiedenen Rollenbildern und Verhaltensweisen geführt. Einige Muster haben sich unabhängig voneinander in zahlreichen, wenn nicht gar in allen Kulturen dieser Welt ausgebildet.

Nicht weniger interessant als die Unterschiede, sind die Gemeinsamkeiten. Ich weiß nicht, wann und wie es sich entwickelt hat, ich weiß auch nicht sicher, ob es tatsächlich ein globales Phänomen ist, ich weiß aber, dass in den meisten europäischen Ländern, sowie in Teilen Süd- und Mittelamerikas dem Geburtstagskind ein Kuchen serviert wird. Und ich weiß, dass zumindest in Mexiko meist zwei Kuchen auf dem Tisch landen. Denn einer wird großzügig über dem Gesicht des Gefeierten verteilt.

Das ganze Spielchen nennt sich mordida, wörtlich für Biss oder im mexikanischen Slang auch für Bestechung, und sorgt bei einem Großteil der Anwesenden für helle Begeisterung. Aber der Reihe nach.

Feiz cumpleaños!

Vor kurzem habe ich hier einem mexikanischem Geburtstag beiwohnen können. Dabei waren auch eine weitere Deutsche und eine Österreicherin. Und, wie es hier zulande insbesondere für weibliche Geburtstagsgäste nicht unüblich ist, backten beide einen Kuchen und brachten diesen mit. Wir trafen uns in einer kleinen Kneipe, saßen gemütlich zusammen, aßen und tranken ein wenig, ehe schließlich der Kuchen serviert werden sollte.

Kaum war er jedoch auf dem Tisch, wurde es deutlich lauter: Die anwesenden Mexikaner skandierten lauthals „mordida, mordida, mordida“ bis das Geburtstagskind schließlich aufstand und sich vor den  Kuchen stellte. Flugs positionierte sich einer der Mexikaner hinter der Gastgeberin, während diese eine kurze Ansprache hielt.

Sie bedankte sich fürs Kommen und erklärte sich, gespielt widerwillig, mit dem mordida-Ritual bereit. Dann verschränkte sie die Arme hinter dem Rücken, beugte sich vor, als wolle sie ohne Zuhilfenahme von Händen oder Besteck den ersten Bissen des Kuchens zu sich nehmen – und mit einem gezielten Stoß auf den Hinterkopf wurde ihr gesamtes Gesicht in der Schlagsahne vergraben.

Warum? Keine Ahnung. Insbesondere den beiden Bäckerinnen stand genau diese Frage überdeutlich ins Gesicht geschrieben. Wo der Brauch herkam oder wie er entstand, konnte uns auch nicht erklärt werden. Allerdings werden, zumindest in einigen Regionen Mexikos, scheinbar die Kuchen nicht selbst gebacken, sondern gekauft, häufig auch in doppelter Ausführung: Einer für mordida, einer zum tatsächlichen Verzehr.

Zumindest eine wichtige Lektion gab es zu lernen: Traue keinem Mexikaner auf deinem eigenen Geburtstag.

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