Die Idee, ein Auslandssemester zu machen, kam mir in einer dieser Mainzer Nächte, die am Ende wie so oft wieder im schon schön geendet ist. Aber auch am nächsten Morgen war die Idee noch in meinem Kopf und wurde konkreter.
Der Plan war, in einer Metropole so weit wie möglich von zu Hause weg zu leben und an einer Uni mit hervorragendem Ruf zu studieren. Idealerweise in einem anderen Kulturkreis - die volle Auslandsdröhnung eben. Wann? Sofort.
Für die Erasmusbewerbung war die Zeit zu knapp. Für die Suche nach einem passendem Stipendium auch. Verschieben kam nicht in Frage, dafür war der Gedanke schon zu tief in meine Nervenbahnen vorgedrungen. Inception: Auslandssemester.
Ich beschloss, den Plan ohne Hilfe aus der akademischen Welt durchzusetzen und holte mir stattdessen Unterstützung vom IEC (International Education Centre), einer kostenlosen Studienplatzvermittlung im Internet.
Das IEC kooperiert mit Universitäten in 19 Ländern auf der ganzen Welt und hilft Studierenden, die passende Universität zu finden und schließlich mit dieser in Kontakt zu treten, um sich zu bewerben.
Nach tagelanger Recherche und endlosem Abwägen entschied ich mich schließlich für eine Uni im Nordosten Englands: Sunderland, eine Studentenstadt von der Größe Mainz‘. Keine Metropole, kein fremder Kulturkreis, aber eine hervorragende Uni für Medienstudenten. Entscheidungsschwerer Pluspunkt: erschwingliche Studiengebühren.
Denn ohne Erasmus oder Stipendium steigt die finanzielle Last. Meine Hoffnung lastete auf dem deutschen Bildungssystem, genauer: auf meinem Antrag fürs Auslands-BAföG. Ich wurde nicht enttäuscht, zumindest nicht vom BAföG-Amt. Über die Inkompetenz meiner IEC-Beraterin werde ich einen eigenen Artikel schreiben.
Endlich kam die Zusage aus Sunderland. Gerade einmal anderthalb Monate lagen zwischen meinem Wunsch, das Wintersemester 2015/16 im Ausland zu verbringen und dem Angebot eines Studienplatzes in England. Bye, bye, schon schön.
Weitere anderthalb Monate später zog ich mein Gepäck vom Kofferband am International Airport Newcastle und nach einer weiteren Stunde stand ich vor meinem neuen Zuhause: einem Wohnheim für knapp 800 Studenten.
Clanny House klingt angsteinflößender als es ist, denn strenggenommen besteht es aus mehreren Häusern. Jedes Haus hat mindestens zwei Wohnungen, in der sich jeweils zwei bis sieben Studenten Küche, WCs und Badezimmer teilen.
Direkt am nächsten Morgen ging die Ersti-Woche (hier Fresher’s Week) los. Innerhalb dieser Woche lernte ich neben den sechs internationalen Studentinnen, mit denen ich zusammenlebe, alle anderen 50 Study Abroad’lerInnen kennen. Tagsüber wurden wir mit allen Informationen versorgt, die wir brauchen, um unser Uni- und Alltagsleben zu bestreiten, nachts zogen wir durch die zahlreichen Pubs in der Innenstadt. Die ganze Stadt feiert die Fresher’s Week.
Eine Woche später ging die Uni los. Professoren werden hier mit Vornamen angesprochen und kennen den ihrer StudentInnen zu meiner großen Verwunderung auch. Fast alle deutschen StudentInnen kamen gleich am ersten Tag zu spät. Die Akademische Viertelstunde ist in Großbritannien weniger populär. Doch zum Unialltag zu einem späteren Zeitpunkt mehr.
Seit über einem Monat bin ich jetzt in England. Die fixe Idee nach der xten Weinschorle im schon schön ist Realität geworden. Studieren im Ausland ist selbst ohne Einserschnitt, Ferrari-Eltern oder Akademikertitel möglich. Man muss sein Studium auch nicht sechs Semester im Voraus durchgeplant haben, drei bis vier Monate können reichen. Und selbst wenn es nicht Malaysia, USA oder China wird – es lohnt sich definitiv. Es gibt tatsächlich keine Ausreden mehr. Macht’s doch einfach.
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