#Ausland | Bittersüßer Abschied von Prag

15.03.2020
Studium, Internationales
Sabrina

Im Februar habe ich in Prag meine Koffer gepackt und bin zurück in meine Heimat gereist. Seitdem hatte ich viel Zeit, mein Auslandssemester Revue passieren zu lassen und mich an die schönsten Momente zurückzuerinnern.

Mit mulmigem Gefühl im Bauch und schwerem Herzen habe ich Anfang Februar die goldene Stadt, Prag, nach knapp fünf Monaten verlassen. Vor dem Antritt meines Auslandssemesters habe ich bereits eine ähnliche Gefühlsmischung verspürt. Dieses Mal war ich jedoch weniger von Aufregung gequält, immerhin wusste ich bereits, was mich bei meiner Ankunft erwartet. Stattdessen schwang noch ein anderes Gefühl mit, was irgendwie schwer zu beschreiben ist – Wehmut? Melancholie? Meine Abreise aus Prag fühlte sich so durchdringend abschließend an, dass das eigentliche Gefühl schwer zu beschreiben ist. Ich habe mich wirklich sehr schnell an das Lebensgefühl gewöhnt, im Ausland zu leben und jeden Tag etwas Aufregendes und Neues zu erleben.

Trotz dieses wehmütigen Abschieds von Prag habe ich auch eine Art Vorfreude empfunden, endlich wieder zurück nach Deutschland zu kommen. Während meines Auslandssemesters habe ich meine Familie und Freunde nur in den Weihnachtsferien besuchen können und die Aussicht, sie alle wieder zu sehen, machte die Abreise aus Prag etwas weniger schmerzlich.

Wie war das eigentlich mit den Prüfungen?

Bevor es wirklich zurück in meine Heimat gehen konnte mussten noch einige Prüfungen geschrieben werden. Im Gegensatz zu meinen Prüfungsleistungen in Deutschland bestanden diese zum großen Teil aus schriftlichen Klausuren. Eine willkommene Abwechslung zu meinen hausarbeitserfüllten Publizistikprüfungen. Das Lernen für die Klausuren wurde meist durch die Dozenten erheblich erleichtert. So grenzten viele die Themen deutlich ein, sodass ich einige Power-Point-Folien glücklicherweise nicht wiederholen musste. Generell waren meine Dozierenden sehr freundlich und hilfsbereit, als es um die Vorbereitung auf die Klausuren ging und haben immer versucht, trotz sprachlicher Verständnisschwierigkeiten, Fragen so gut wie möglich zu beantworten und uns Unterstützung zu bieten.

Auch die Klausuren an sich waren kein Hexenwerk – hatte man gelernt, war es gar nicht so schwer, eine gute Note zu bekommen. Wichtig zu wissen dabei: In Tschechien werden Noten von A bis F vergeben, wobei A die beste und F die schlechteste Note ist. Was mich einmal bei der Benotung jedoch sehr irritiert hat, war, dass der Dozent diese sofort nach Abgabe der geschriebenen Klausur durchführte. Immer wenn ein Studierender seine Arbeit abgab, machte er sich direkt mit dem Rotstift daran zu schaffen und im Handumdrehen hatte der Prüfling Gewissheit über dessen Note. Als dies langsam allen im Raum klar wurde, bildete sich in Windeseile eine lange Schlange und wir alle warteten eine geraume Zeit, was es jedoch definitiv wert war.

Diese Prozedur wiederholte sich bei den anderen Klausuren nicht. Was aber alle Prüfungen miteinander gemein hatten, war, dass die Noten äußerst schnell in das Uni-System hochgeladen wurden. Schnell war also klar, dass ich zum Glück alle Seminare erfolgreich abgeschlossen hatte. Einer Anrechnung an der JGU meiner tschechischen Kurse konnte also nichts mehr im Wege stehen – oder doch? Bis jetzt hat mir das Publizistik-Studienbüro noch nicht zurückgemeldet, ob die Anrechnung meiner Kurse problemlos verlaufen wird. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass alles bald klappen wird.

Wunderschönes Prag

Nicht nur in den Seminaren habe ich einiges gelernt, sondern auch außerhalb der Universität. Prag ist eine sehr geschichtsträchtige Stadt, die voller Geheimnisse steckt und viel zu erzählen hat. Oft vergisst man (oder zumindest geht es mir so), die Stadt, in der man lebt, unter die Lupe zu nehmen und zu erkunden. Irgendwie ist alles selbstverständlich. Also habe ich mir fest vorgenommen, Prag so viel wie möglich zu erkunden und kennenzulernen. Zugegebenermaßen hat sich bei mir nach anfänglichem Tatendrang und ersten Erkundungstouren aber rasch der Alltag eingestellt – auf zur Uni, Treffen zum Mittagsessen, los in die Bib. Zwischen all den neuen Routinen habe ich gemeinsam mit meinen neuen Freunden trotzdem versucht, die Stadt wann immer möglich noch ein wenig besser kennenzulernen. Zum Schluss meines Auslandssemesters fand ich aber, dass ich noch deutlich mehr von der Stadt sehen hätte können, wenn ich mich mehr angestrengt hätte. Trotzdem habe ich noch ein paar verborgene Ecken der Stadt entdeckt. Beispielsweise bietet der Vitkov-Hügel, der abseits des Prager Menschentrubels liegt, nicht nur einen atemberaubenden Ausblick auf die Stadt, sondern auch die Gelegenheit für einen netten Spaziergang. An einem meiner letzten Tage habe ich außerdem Museen besucht, die außerhalb des Zentrums liegen und mir während des Uni-Alltags zu weit entfernt vorkamen. Vor allem das DOX-Museum hat mir extrem gut gefallen und es unterscheidet sich von den Museen der Innenstadt, die meist geschichtliche Artefakte ausstellen, in der Hinsicht, dass hier zeitgenössische Kunst im Mittelpunkt steht. Mein Ratschlag an alle zukünftigen Erasmus-Studierenden: Nehmt euch so viel Zeit wie möglich, um euren neuen Wohnort zu erkunden und wertzuschätzen. Wer weiß, was es alles zu sehen gibt?

Keine Angst vor neuen Leuten

Was ich besonders an meinem Auslandssemester geliebt habe, war es, so viele internationale Menschen kennenzulernen, mich mit ihnen zu unterhalten und im besten Fall sogar Freundschaften zu schließen. Schüchtern muss hier wirklich keiner sein, denn alle sind erpicht darauf, die neuen Kommilitonen kennenzulernen und verschiedene Kulturen miteinander zu vergleichen. Dieses Thema ist übrigens wirklich immer und überall funktionstüchtig gewesen. Weißt du mal nicht, wie du ein Gespräch anfangen sollst? Sprich über kulturelle Unterschiede! Das Gespräch ist irgendwie eingefroren? Das Thema Kultur rettet dich erneut! Ganz nebenbei lernt man im Auslandssemester so die unterschiedlichsten Kulturen und witzigsten Fun-Facts kennen. Wusstet ihr zum Beispiel, dass in Mexiko wirklich jede Gelegenheit genutzt wird, um gemeinsam zu feiern? Selbst eine Taufe verwandeln die Mexikaner gerne mal in eine großen Party.

Trotzdem ist es natürlich eine bittersüße Angelegenheit, im Ausland Freundschaften zu schließen. Denn unausweichlich trennen sich die Wege am Ende des Semesters und alle verteilen sich kreuz und quer über die Weltkarte. Die Zeit, die man zusammen verbracht hat, und die Erinnerungen, die wir zusammen gesammelt haben, werden wir jedoch immer haben. Und wer weiß, vielleicht sieht man sich ja nochmal wieder. Den Kontakt zu einigen meiner Freunde habe ich auch nach dem Semester aufrecht erhalten und wir planen schon eine Art "Klassentreffen" in ein paar Jahren.

"Na shledanou" Prag

Nach knapp fünf Monaten "Na shledanou" (Auf Wiedersehen) zu Prag und meinen lieb gewonnen Freunden zu sagen, ist mir sehr schwergefallen. Die verwinkelten Altstadtstraßen, die mir so vertraut geworden waren und meine Freunde, mit denen ich so viele schöne Erinnerungen gesammelt habe, erstmal nicht wiedersehen zu können, war ein trauriger Gedanke. Um den Abschiedsschmerz ein wenig abzumildern haben wir, wann immer einer aus unserer Freundesgruppe wieder den Weg in die Heimat antrat, eine kleine Abschiedsfeier veranstaltet. Zusammen sind wir ein letztes Mal gemeinsam essen gegangen, haben das günstige Bier genossen, die mittlerweile bekannten Straßen der Stadt besucht und unbekannte Ecken erkundet. Kurz gesagt, haben wir unsere gemeinsame Zeit zusammen mit einem gebührenden Abschied gekrönt.

Wenn ich etwas anders machen könnte, dann …

…würde ich versuchen, meine Zeit bewusster zu nutzen, denn die ging wirklich unglaublich schnell vorbei. Auch wenn ich vermutlich die 5000. Person bin, die diese außergewöhnliche Tatsache anspricht, möchte ich es nochmal betonen. Fünf Monate erscheinen einem zu Beginn des Semesters zwar unglaublich lang und voller Möglichkeiten, die Kalenderblätter fallen jedoch im Nu ab, ohne dass man es wirklich merkt. Und schwupps ist man wieder in der heimischen Umgebung. Was ich also anders machen würde, wäre es mein Gastland noch gründlicher und genauer zu erkunden und kennenzulernen. Natürlich ist es nicht immer so einfach Uni-Alltag mit Entdeckungsabenteuern zu verbinden, aber ein gesunder Ausgleich ist sicherlich wünschenswert. Auch die Sprache würde ich bei einem zweiten Erasmusanlauf versuchen, besser zu lernen. In Prag kam ich zwar ohne Problem mit Englisch klar, trotzdem wäre es rückblickend praktisch und lehrreich gewesen, Tschechisch etwas besser sprechen zu können.

Grundsätzlich bin ich aber sehr glücklich damit, wie ich meine Zeit in Prag genutzt habe. Ich habe im Ausland gelebt und neue Freundschaften geschlossen. Ich konnte eine neue Universität kennenlernen und eine wunderschöne, alte Stadt mein Zuhause nennen. Ich bin durch Europa gereist und konnte in verschiedenste Kulturen eintauchen. Nichts davon würde ich anders machen und ich bin froh, diese Erfahrungen gemacht haben zu dürfen und davon zu lernen. Mein Auslandssemester ist eine Zeit, die ich wirklich nicht missen möchte und ich bin sehr dankbar dafür, dass mir das Erasmus-Semester möglich war und dass ich mich dafür entschieden habe.

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