#Ausland: Am Anfang ist alles anders

22.11.2022
Internationales, Studium
Maren

Im vergangenen Sommersemester 2022 habe ich mir einen lang ersehnten Traum erfüllt: Ich habe ein Semester lang an der Universidade Nova de Lisboa in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon studiert. In diesem Blog teile ich meine Eindrücke und Erfahrungen mit euch.

Schon lange vor Antritt meines Studiums stand für mich fest: Ich möchte ein Auslandssemester in mein Studium integrieren. Wann, wie und wo musste ich noch herausfinden. Nach einigen Beratungsgesprächen mit meinem Studienbüro und viel coronabedingtem Hin und Her war es dann endlich klar – ich werde im Sommersemester 2022 in meiner Traumstadt Lissabon studieren. 

Mit dem Bus nach Lissabon

Fast ein Jahr Vorbereitungszeit blieb mir noch, um mich um zahlreiche Erasmus-Dokumente, Auslandskrankenversicherung, Wohnungssuche, etc. zu kümmern. Auch einen Online-Sprachkurs bei der Portugiesisch-Professorin des Campus Germersheim habe ich belegt, um mir schonmal ein paar Brocken Portugiesisch anzueignen. Dass ich davon später zu Beginn meines Auslandssemesters kaum etwas anwenden können würde, habe ich damals noch nicht geahnt. 

So habe ich mich im Februar 2022 dann hochmotiviert mit vollem Koffer und riesiger Vorfreude auf den Weg nach Lissabon gemacht – mit dem Bus. Obwohl mein Rücken es mir sicher nicht gerade gedankt hatte, habe ich mich für die lange Busfahrt entschieden, um den neuen umweltfreundlichen Zuschuss „Green Travel“ des Erasmus-Stipendiums zu nutzen. 36 Stunden später war ich dann endlich in Lissabon angekommen – müde, aber glücklich. 

Ankunft im portugiesischen Zuhause

Mit einem Transfer-Auto ging es dann erstmal vom Busbahnhof vorbei an grünen Bäumen und bereits Mitte Februar blühenden Blumen auf die andere Seite der Stadt zu meiner Unterkunft im Stadtviertel Ajuda. Tatsächlich hatte ich über die deutsche App „WG-gesucht“ mit viel Glück bereits im Voraus eine Bleibe für das ganze halbe Jahr gefunden. Die portugiesische Familienmutter Margarida und ihre beiden Söhne Gustavo und Alexandre, die beide in meinem Alter sind, vermieten Räume in ihrem Haus an Auslandsstudent:innen und Air-Bnb-Gäste aus aller Welt. 

Bei meiner Ankunft wurde ich sehr herzlich von Margarida empfangen und hab schon im Flur ihre Katze Teco und ihren Hund Zeus kennenlernen dürfen. Da ich Tiere sehr gerne mag, auf schnellen Anschluss mit gleichaltrigen Mitbewohner:innen gehofft hatte und außerdem in meinem Auslandssemester nicht nur Party machen wollte, sondern auch etwas von der portugiesischen Kultur und Lebensweise mitbekommen wollte, war das also die perfekte Unterkunft für mich. 

Nachdem ich meinen Koffer ausgepackt hatte, lernte ich auch direkt etwas über die portugiesische Lebensweise: In Portugal gibt es nicht die eine dicke Bettdecke, sondern drei verschiedene dünnere Decken und Kolter, die nach einer Nacht im Bett schon komplett verrutscht sind. Gekocht wird mit einem Gasherd und das Leitungswasser schmeckt nach Chlor. Alles Dinge, die am Anfang erst einmal gewöhnungsbedürftig waren. Mit der Zeit habe ich mich aber so daran gewöhnt, dass ich in meinem portugiesischen Alltag gar nicht mehr groß darüber nachgedacht hab. 

Auf Erkundungstour in der Nachbarschaft

An meinem ersten Nachmittag in Margaridas Unterkunft wurde ich dann auch herzlich von meinem neuen italienischen Mitbewohner Pietro begrüßt. Von ihm habe ich noch am selben Abend eine kleine Führung im nahe gelegenen und sehr touristischen Stadtviertel Belém bekommen: Wir sind vom eindrucksvollen Kloster „Jeronimo“ über das Denkmal „Descubrimentos“ bis hin zum berühmten „Torre de Belém“ spaziert. Das Café, in dem die typisch portugiesischen Pudding-Törtchen „Pasteis de Belém“, oder auch „Pasteis de nata“ genannt, ihren Ursprung fanden, hatte aber leider schon geschlossen. Das habe ich mir dann für einen anderen Tag aufgehoben. 

Lissabon – Eine Stadt mit Charme 

An meinem ersten Wochenende habe ich mich dann auf Erkundungstour im Stadt-Zentrum von Lissabon begeben. Der Bus hat mich direkt am berühmten „Praça do comércio“ rausgelassen. Das ist ein großer Platz am Fluss Tejo. Er ist fast vollständig von einem eindrucksvollen gelben Palast eingerahmt und in der Mitte steht die Statue von König José I. Allerdings ehrt die Statue ihn viel weniger, als dass sie ihn verhöhnt: Im Jahr 1755, als die Stadt binnen eines Tages erst von einem Erdbeben, dann von einem Großbrand und dann von einem Tsunami heimgesucht und zu 80% zerstört wurde, ist König José I. nämlich geflohen. Den Wiederaufbau der Stadt hat er seinem ersten Minister Marques de Pombal überlassen. Dieser ließ dann die Statue anfertigen, die den König abbildet, wie er aus Lissabon davonreitet. Da sich hinter ihm das große Tor zur Stadt „Arco da Rua Augusta“ befindet, kehrt er der Stadt wortwörtlich den Rücken zu. 

Durch das Tor gelangt man auf die berühmten Einkaufsstraßen Lissabons. Dort befinden sich viele kleine Souvenir-Shops und teure Touri-Restaurants, die jährlich Millionen von Tourist:innen anziehen. Für mich waren diese Straßen aber weniger interessant – ich wollte lieber das „echte“ Lissabon kennenlernen. 

So hat es mich dann in die traditionelleren Stadtteile „Alfama“ und „Graça“ verschlagen. Dort tummeln sich zwar auch viele Tourist:innen, allerdings sind die traditionellen Häuser hier noch erhalten und die Portugies:innen, die man hier trifft, zeigen den Tourist:innen ein realistisches Bild vom Leben in Lissabon. In Alfama ist es zum Beispiel nicht unüblich, dass aufgrund der kleinen Küchen in den Häuschen Platzmangel herrscht und deswegen einfach mal auf der Straße gekocht wird. 

Lissabon machen für mich weniger die offiziellen Sehenswürdigkeiten wie der „Praça do comércio“, die Kathedrale „Fé“ oder die Burg „São Jorge“ aus, sondern viel mehr das Flair der Stadt. Mit den bunten mit den „Azulejo“-Fließen gezierten Häusern, den verwinkelten von voll-gehängten Wäscheleinen überdachten Gässchen und den freundlichen und offenen Portugies:innen strahlt Lissabon für mich einen ganz besonderen Charme aus. Und nicht zu vergessen: Die vielen Treppen. Die Stadt wurde auf sieben Hügeln gebaut – demnach läuft man immer entweder bergab oder bergauf. Letzteres kommt rein nach Gefühl deutlich häufiger vor. 

Es ist nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber besser 

Nach meinem Ausflug bin ich deshalb dann mit müden Beinen in einer der gelben „Eléctricos“ zurück zu meinem neuen Zuhause in Ajuda gefahren. Ajuda selbst liegt zwar etwas außerhalb vom Stadtzentrum, ist aber eine sehr schöne Wohngegend mit typisch portugiesischen Häusern und dem großen Park Monsanto direkt nebenan. Wie ich mir von Gustavo noch in meiner ersten Woche in Portugal habe sagen lassen, sei das jedoch viel weniger ein Park als vielmehr ein Wald, der 20% der gesamten Stadtfläche ausmacht. Und wie das zu Beginn von neuen Lebensabschnitten so ist, hatte ich direkt den guten Vorsatz, dort regelmäßig joggen zu gehen. Am Ende war ich genau null Mal im Monsanto joggen. 

Generell kann ich jetzt nach meinem Auslandssemester sagen: Selbst mit einem Jahr Vorbereitungszeit und viel Imaginationskraft habe ich mir meine Zeit in Lissabon zu Beginn ganz anders vorgestellt, als sie letzten Endes gewesen ist. Die Sprache war anfangs kaum zu verstehen, die Freizeit neben dem Auslandsstudium ist begrenzt und das berühmte Erasmus-Partyviertel „Bairro Alto“ ist gar nicht so legendär wie alle immer gesagt haben. Trotzdem war es letzten Endes mein bisher liebstes Semester in meinem von Corona geprägten Studium. 

Warum und was ich in dem halben Jahr in Lissabon alles erlebt habe, erfahrt ihr in meinen nächsten Auslandsblog-Beiträgen. 

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