"Ach, das mach' ich morgen!"

13.03.2022
Studium
dv

Die altbekannte Prokrastination: Lernen auf den letzten Drücker und Hausarbeiten in wenigen Tagen schreiben. Die Beweggründe zum Aufschub und was man dagegen tun kann.

75 Prozent der Studierenden geben in Befragungen an, regelmäßig aufzuschieben oder zumindest dazu zu neigen. Ist das schon zu einer „Krankheit der Studierenden“ geworden? Verneinen lässt sich das jedenfalls nicht gänzlich, denn auch die Ergebnisse einer JGU-Befragung zeigen: Prokrastination kann den Alltag beeinträchtigen und tiefgreifende Begleiterscheinungen hervorrufen. 

Warum kommt es zur Prokrastination?

Ein Studium bietet, anders als bei einer beruflichen Tätigkeit, die Gelegenheit, sich von festen Strukturen zu lösen. Es werden mehr Selbstorganisation und -disziplin gefragt. Doch genau das ist der Knackpunkt: Junge Menschen im Studium empfinden ihre Zeit häufig als unbegrenzt und ihre Zukunft scheint für sie noch mit sämtlichen Chancen offenzustehen. Dadurch kann ihre Gewissenhaftigkeit beeinträchtigt und für sie unwichtiger werden, so eine Pressemitteilung der Universität.

Am häufigsten werden Handlungen aufgeschoben, die gefühlsmäßig mit der eigenen Kompetenz nicht zu schaffen sind oder die einer Person aufgezwungen werden. Der Begriff „Pflicht“ wird häufig mit negativen Gefühlen oder unangenehmen Tätigkeiten in Verbindung gebracht, die man lieber umgeht als sich ihnen zu stellen. Die Aufgaben werden als besonders komplex wahrgenommen, weshalb es schwerfällt, diese eigenverantwortlich zu erledigen. Außerdem neigen Menschen dazu, Handlungen, die als sinnlos oder langweilig erscheinen, nicht sofort zu erledigen. Dazu fehlt schließlich die Selbstmotivation, was das Setzen von Prioritäten wiederum erschwert und dazu führt, die Zeit zu überschätzen, die benötigt wird, um diese Aufgaben zu erledigen. 

Mit dem Aufschub einer Handlung, die negativ konnotiert ist, verfolgen Personen die Strategie der kurzfristigen Stimmungsaufhellung.

Prokrastination als ernsthaftes Problem

So amüsant es manchmal scheinen mag, sich mit anderen Studierenden über das Aufschieben auszutauschen und gleichzeitig verzweifelt zu versuchen, sich selbst zu bestätigen – das Prokrastinieren kann negative Begleiterscheinungen mit sich bringen. Ergebnisse der Studie an der JGU zeigen, dass Menschen, die Tätigkeiten häufig aufschieben, vermehrt von Arbeitslosigkeit betroffen sind und damit über ein geringeres Einkommen verfügen. 

Des Weiteren entwickeln sich bei vielen Menschen langanhaltende Folgen wie Stress, Depressionen, Angst, Einsamkeit und Erschöpfung.

Lässt das erleichterte Gefühl während der stimmungserhellenden Phase nach, kommen häufig das schlechte Gewissen, Bedauern oder Schuldgefühle auf einen zu. Dies stellt Menschen vor eine emotionale und motivationale Herausforderung, die für den Anlauf zur Handlungsausführung meist nicht förderlich ist.

Was kann man gegen Prokrastination tun?

Neben Anlaufstellen wie der psychotherapeutischen Beratungsstelle (PBS) gibt es auch Trainingsprogramme, die meist auf Studierende zugeschnitten sind. Am effektivsten sollen die kognitive Verhaltenstherapie sowie Trainings für das Selbstmanagement sein. Trainings beinhalten zum Beispiel das realistische Planen, das Einhalten von Arbeitszeiten und das Belohnen für erledigte Aufgaben. 

Außerdem gibt es Trainings, die an der Veränderung von dysfunktionalen Gedanken ansetzen. Das heißt, dass beispielsweise an selbstwertschädigenden Gedanken und den individuellen Ressourcen gearbeitet wird. 

Möchte man erst einmal selbst versuchen, an dem Problem zu arbeiten, hier einige Tipps: 

Tipp 1: Eine ganz einfache To-Do-Liste schreiben, nicht zu ausschweifend. Schreibt euch genau das auf, was noch erledigt werden muss - die Reihenfolge ist erstmal egal. Ihr habt direkt einen besseren Überblick und die Dinge, die lange im Kopf verweilt haben, sind raus. 

Tipp 2: Nach der Aufstellung der To-Do-Liste könnt ihr euch dann um die Priorisierung der To-Do’s kümmern. So verschafft ihr euch einen besseren Überblick.

Tipp 3: Es ist sinnvoll, sich Pausen zu setzen, nur sollten die nicht mehr Zeit in Anspruch nehmen als das, was ihr zu erledigen habt. Eine kurze Verschnaufpause an der frischen Luft zum Beispiel kann Wunder bewirken!

Tipp 4: In die Bibliothek oder einen anderen neutralen Ort gehen. Zuhause wird man häufiger abgelenkt und neigt dazu, anderen Dingen den Vorrang zu geben.

Tipp 5: Handy weg in den Lern- und Schreibphasen! Mal kurz auf Instagram, mal kurz auf WhatsApp und schon ist wieder eine Stunde vergangen. Je nach Inhalt wird die Konzentrationsfähigkeit ebenfalls geringer. Ihr tut euch einen Gefallen, wenn ihr das Handy – wenn auch nur für kurze Etappen, zum Beispiel immer wieder für eine Stunde – weglegt. 

Prokrastination ist ein Thema, von dem wahrscheinlich jeder schon gehört oder es selbst erlebt hat. Es ist normal, Dinge zu priorisieren und dadurch Anderes aufzuschieben – schließlich sind wir alle nur Menschen. Doch gibt es da wesentliche Unterschiede. Werden plötzlich unnötige Kleinigkeiten wichtiger als das, was wirklich dringend erledigt werden muss, sollten schon die ersten Alarmglocken klingeln. Denn verfällt man hier in ein Muster, können die Folgen unangenehmer sein als das, was aufgeschoben wurde. 

 

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